Recht
Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern einer GmbH
Die GmbH ist für Unternehmer deshalb eine so attraktive Rechtsform, weil die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den Gläubigern im Außenverhältnis gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. In der Rechtsprechung ist eine steigende Tendenz erkennbar, neben der begrenzten Haftung der Gesellschaft auch eine unmittelbare Inanspruchnahme der Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH zuzulassen, die dann mit ihrem Privatvermögen haften. Im Folgenden soll daher ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein kurzer Überblick über die wichtigsten in Betracht kommenden Haftungstatbestände gegeben werden.
I. Die Haftung der Geschäftsführer gegenüber der GmbH
Mit den weitgehenden Befugnissen der Geschäftsführer korrespondiert eine strenge Innenhaftung gegenüber der GmbH. Der Geschäftsführer hat die Angelegenheiten der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen, § 43 Abs. 1 GmbHG. Der Geschäftsführer hat dabei die Pflicht, auf der Grundlage der Vorgaben der Gesellschafter sowie unter Beachtung rechtlicher Vorgaben (sog. Legalitätspflicht) den Gesellschaftszweck aktiv zu fördern, die Gesellschaft ordnungsgemäß zu leiten und in Ausübung seiner organschaftlichen Treuepflicht Schaden von der GmbH abzuwenden. Handelt er pflichtwidrig, ist er der GmbH gegenüber gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG zum Schadensersatz verpflichtet. Die Haftung entfällt, wenn der Geschäftsführer in Ausführung einer ihm von der Gesellschafterversammlung erteilten verbindlichen Weisung gehandelt hat.
Als haftungsbegründende Pflichtverletzung kommen u.a. in Betracht:
- Die unterlassene Information der Gesellschafterversammlung über den Verlust von 50 Prozent des Stammkapitals, § 49 Abs. 3 in Verbindung mit § 43 Abs. 2 GmbHG
- Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht, § 15a Abs.1 InsO in Verbindung mit § 43 Abs. 2 GmbHG,
- Haftung für falsche Angaben bei der Gründung der GmbH, § 9 a GmbHG,
- Haftung für die verbotene Rückzahlung von Stammeinlagen, § 43 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 30 f. GmbHG
- Haftung für die Mitwirkung beim Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft, § 43 Abs. 3 in Verbindung mit § 33 GmbHG
- Haftung für Zahlung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung der Gesellschaft, § 15b Abs. 4 S. 1 InsO
Die Geschäftsführer sind auch strafrechtlich für Pflichtverletzungen verantwortlich. Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Tatbestände:
- Unterlassung der Information an die Gesellschafter, dass die Hälfte des Stammkapitals aufgezehrt ist, § 84 Abs. 1 GmbHG
- Unterlassung des rechtzeitigen Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 15a Abs. 4 InsO
- Verletzung von Pflichten im Insolvenzfall, §§ 283 - 283 d, 14 StGB
- Allgemeine Straftatbestände wie § 263 (Betrug), § 266 StGB (Untreue), § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt)
- Verletzung der Aufsichtspflicht, wenn beispielsweise Mitarbeiter wettbewerbs- oder kartellwidrige Maßnahmen durchführen, §§ 30, 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG); Rechtsfolge Geldbuße.
II. Außenhaftung der Geschäftsführer
Neben der Haftung gegenüber der Gesellschaft für Pflichtverletzungen im Innenverhältnis können sich die Geschäftsführer auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten schadensersatzpflichtig machen. Relevant werden können in diesem Zusammenhang folgende Tatbestände:
- Rechtsscheinhaftung wegen Verstoßes gegen § 4 GmbHG, wenn der Geschäftsführer nicht deutlich macht, dass er für eine GmbH handelt. In diesen Fällen liegt regelmäßig ein unternehmensbezogenes Geschäft vor, sodass die GmbH aufgrund der bestehenden (nach außen unbeschränkten) Vollmacht aus diesem Geschäft berechtigt und verpflichtet wird. Daneben haftet der Geschäftsführer gesamtschuldnerisch neben der GmbH aus Rechtsscheingesichtspunkten persönlich, wenn der Geschäftspartner nicht wusste, dass sein Vertragspartner eine GmbH sein würde und insoweit schutzwürdig ist,
- Haftung als Vertreter ohne Vertretungsmacht gemäß § 179 BGB, wenn der Geschäftsführer sich nicht an die in das Handelsregister eingetragenen Vertretungsbeschränkungen (z.B. gemeinschaftliche Vertretung) hält,
- Haftung aus Verhandlungsverschulden, wenn der Geschäftsführer persönlich tätig wird und besonderes Vertrauen des Geschäftspartners bezüglich seiner Person, Seriosität oder Sachkunde in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat, vgl. § 311 Abs. 3 BGB. Eine Haftung wegen der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens durch den Geschäftsführer wird aber nicht schon dadurch begründet, dass er als Geschäftsführer beim Vertragspartner auftritt. Eine Eigenhaftung des Geschäftsführers entsteht daneben erst, wenn er dem Verhandlungspartner eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen geboten hat, die für den Willensentschluss des anderen bedeutsam gewesen ist,
- Haftung gegenüber Dritten aus unerlaubter Handlung, zum Beispiel bei Nichtbeachtung von Eigentumsvorbehalten, bei nicht rechtzeitigem Rückruf wegen fehlerhafter Produkte und bei Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen,
- Steuerliche Haftung bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, § 69 Abgabenordnung,
- Haftung für das Verschweigen der Insolvenzreife der Gesellschaft bei der Eingehung von Geschäften. Der Geschäftsführer kann gemäß § 826 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung des Vertragspartners schadensersatzpflichtig sein, wenn er weiß oder wissen muss, dass die GmbH zur Erfüllung der begründeten Verbindlichkeiten nicht in der Lage ist oder dass die Durchführbarkeit des Vertrages bei Vorleistungspflicht des Vertragspartners durch Überschuldung der Gesellschaft von vornherein schwerwiegend gefährdet ist,
- Der Geschäftsführer haftet den Gläubigern der GmbH für den Fall der Insolvenzverschleppung auf Schadensersatz, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 15a Abs. 1 InsO.
III. Die Haftung des Gesellschafters
Wie erwähnt haftet für Verbindlichkeiten der GmbH dritten Gläubigern gegenüber nur das Gesellschaftsvermögen, § 13 Abs. 2 GmbHG. Die Pflichten des Gesellschafters erschöpfen sich vorbehaltlich anderer Regeln im Gesellschaftsvertrag im Wesentlichen darin, die Stammeinlage zu erbringen und der Gesellschaft zu belassen. Es gilt der Grundsatz der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung. Dabei besteht grundsätzlich keine absolute Gewähr dafür, dass dieses Vermögen das in der Satzung ausgewiesene Stammkapital tatsächlich erreicht. Es kann vielmehr durch Verluste vermindert sein. Vom Gesellschaftsvermögen ist das Privatvermögen der Gesellschafter streng zu trennen, das grundsätzlich als Haftungsmasse nicht in Betracht kommt. Lediglich in extremen Ausnahmesituationen kann sich eine persönliche Haftung der Gesellschafter neben den Fällen der Haftung für Unterkapitalisierung daraus ergeben, dass sie bei einem Dritten den Rechtsschein veranlasst haben, er habe eine unbeschränkt haftende Person oder Personenvereinigung als Geschäftspartner. Insbesondere dann, wenn Geschäftsbriefe nicht den notwendigen Hinweis auf die Haftungsbeschränkung enthalten, kommt eine Rechtsscheinshaftung wegen Verstoßes gegen § 35 a GmbHG in Betracht.
Die Gründungsgesellschafter haften als Gesamtschuldner neben dem Geschäftsführer für falsche Angaben bei der Gründung der GmbH gemäß § 9a GmbHG.
Darüber hinaus kommt eine Haftung der Gesellschafter wegen existenzvernichtenden Eingriffs in Betracht. Es geht um die folgende Konstellation: ein - meist einziger - Gesellschafter einer GmbH nimmt auf die Gesellschafter einer GmbH in einer Weise Einfluss, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt, insbesondere durch Entnahmen oder durch übermäßig riskante Geschäfte. In diesen Fällen kann seit der BGH Trihotel-Entscheidung vom 16.07.2007 ein Haftungsanspruch (im Innenverhältnis) der Gesellschaft gegen den GmbH-Gesellschafter als Sonderfall der sittenwidrigen Schädigung des Gesellschaftsvermögens im Sinne von § 826 BGB entstehen. Im Insolvenzverfahren ist dieser Anspruch der Gesellschaft durch den Insolvenzverwalter geltend zu machen.
Eine Haftung der Gesellschafter kann sich zudem ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung ergeben. Die Durchgriffshaftung ist vom Bundesgerichtshof zum Schutz eines redlichen Geschäftsverkehrs entwickelt worden. Es kann nämlich im Einzelfall erforderlich sein, dem im Hintergrund stehenden Gesellschafter einer GmbH den Einwand mangelnder Identität mit seiner GmbH zu versagen. Die Gläubiger einer GmbH sollen davor geschützt werden, dass sie in unredlicher Weise geschädigt werden. Ein Durchgriff auf die Gesellschafter ist daher dann möglich, wenn die rechtliche Selbstständigkeit der Gesellschaft von einem Gesellschafter oder von einem anderen Unternehmen rechtswidrig ausgenutzt oder das Abhängigkeitsverhältnis missbraucht wird.
In der Rechtsprechung sind im Wesentlichen vier Fallgruppen unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung untersucht worden, wobei auffällig ist, dass der Bundesgerichtshof nur selten eine Durchgriffshaftung tatsächlich gebilligt hat:
Der Fall der Einmann-GmbH
Im Grundsatz ist eine Einmann-GmbH wie jede andere GmbH zu behandeln und daher selbstständiges Haftungsobjekt, das von dem Gesellschafter zu unterscheiden ist. Bedient sich der Gesellschafter der Rechtsform der GmbH aber nur zu dem Zweck, um unter der Firma unangefochten Geschäfte zu machen, ohne selbst haften zu wollen, muss er sich mit dem Durchgriff gegen seine Person abfinden. Dies gilt jedoch nur ausnahmsweise.
Der Fall des Institutsmissbrauchs
Es kommt vor, dass Personen eine GmbH gründen wollen, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Sie bedienen sich zu diesem Zweck sogenannter Strohmänner, die für die Gründung der Gesellschaft lediglich ihren Namen hergeben, wirtschaftlich aber nicht oder nur sehr gering an der Gesellschaft beteiligt sind. Handelt es sich bei dem Strohmann zudem noch um eine vermögenslose Person und werden die gesamten Geschäfte der Gesellschaft von dem im Hintergrund stehenden wirtschaftlichen Inhaber der Geschäftsanteile geleitet, handelt es sich um einen Missbrauch des Instituts der juristischen Person.
Der Fall der Unterkapitalisierung
Die Ausstattung einer GmbH mit Stammkapital steht grundsätzlich im Ermessen der Gesellschafter, solange nur das Mindestkapital erreicht ist. Gläubiger können sich nur darauf verlassen, dass auch tatsächlich das im Handelsregister eingetragene Kapital aufgebracht wird. Es kommt jedoch vor, dass eine GmbH von vornherein mit so wenig Kapital ausgestattet wird, dass ihr Scheitern schon bei der Gründung abzusehen ist. Eine Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter, die das Unternehmen mit zu geringem Stammkapital ausgerüstet haben, wird jedoch nur bei Vorliegen der Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB angenommen.
Der Fall der wirtschaftlichen Identität
Wird eine GmbH von einem anderen Unternehmen beherrscht, befinden sich also alle Geschäftsanteile in der Hand des anderen Unternehmens, so ist dies zunächst einmal kein Grund, die Selbstständigkeit der GmbH aufzugeben. In diesen Fällen ist aber immer zu prüfen, ob das beherrschende Unternehmen nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsscheins haftet. Dies kommt dann in Betracht, wenn das herrschende Unternehmen gegenüber dem Dritten Erklärungen abgegeben hat, wonach es selbst dem Dritten gegenüber für Verbindlichkeiten der GmbH eintreten will. Ansonsten kommt der Durchgriff hier nur in Betracht, wenn das herrschende Unternehmen und das beherrschte Unternehmen das Vermögen irreführend und unzulässig vermischen. Dasselbe gilt, wenn die Sphären vermischt werden, der redliche Geschäftsverkehr also die Gesellschaft nicht von ihren Gesellschaftern unterscheiden kann.