International

Wirtschaftsrecht Kolumbien

Allgemeines

Das kolumbianische Rechtssystem ist von Einflüssen der Rechtssysteme anderer Länder geprägt, insbesondere des spanischen, deutschen, französischen und US-amerikanischen Rechts.

Import / Export

Das kolumbianische Außenhandelsregime ist weitgehend liberalisiert. Kolumbien ist Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) und der Andengemeinschaft (weitere Mitglieder sind Bolivien, Ecuador und Peru).
Kolumbien hat im Jahr 2012 ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet, das seit 01.08.2013 vorläufig anwendbar ist. Durch das Abkommen werden die Zollschranken auf beiden Seiten weitgehend abgebaut. So können fast alle gewerblichen und landwirtschaftlichen Waren mit Ursprung in der EU bzw. in Kolumbien zollfrei in das Zollgebiet der Gegenseite eingeführt werden. Für viele landwirtschaftliche Produkte gibt es auf beiden Seiten Quotierungen und andere Einschränkungen bei der Einfuhr. Die Ursprungsregelungen entsprechen weitgehend den üblichen Standards. Als förmlicher Ursprungsnachweis ist die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 vorgesehen. Beträgt der Wert der einzuführenden Waren nicht mehr als 6.000 Euro, so ist alternativ eine Ursprungserklärung mit vorgeschriebenem Wortlaut auf der Rechnung möglich. Unternehmen mit dem Status des ermächtigten Ausführers dürfen diese Erklärung auch bei einem Wert von mehr als 6.000 Euro auf der Rechnung abgeben.

Gesellschaftsrecht

Ausländische Unternehmen können in Kolumbien grundsätzlich zwei Wege nutzen, um eine Geschäftspräsenz aufzubauen: die Errichtung einer Zweigstelle oder die Gründung einer eigenständigen Gesellschaft nach kolumbianischem Recht.

Zweigstelle

Die Zweigstelle ist eine rechtlich unselbstständige Vertretung eines im Ausland ansässigen Unternehmens. Da sie über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt, ist sie in rechtlicher Hinsicht Teil des ausländischen Unternehmens. Die Zweigstelle kann keine weitergehenden rechtlichen Fähigkeiten haben als das zugehörige Unternehmen. Wenn ausländische Unternehmen dauerhaft Geschäfte in Kolumbien tätigen, verpflichtet sie das kolumbianische Recht, im Land zumindest eine Zweigstelle zu errichten. Die Gründung der Zweigstelle erfolgt durch Vorlage der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags des ausländischen Unternehmens, des Beschlusses über die Errichtung einer Zweigstelle und eines Dokuments, das die Vertretungsbefugnis der handelnden Personen belegt. Alle Dokumente müssen legalisiert und ins Spanische übersetzt werden. Auf dieser Grundlage wird die Zweigstelle im Handelsregister der regional zuständigen Handelskammer eingetragen.
Einzahlungen in das Kapital der Zweigstelle müssen bei der kolumbianischen Zentralbank registriert werden. Als Leiter der Zweigstelle muss ein vom Unternehmen bevollmächtigter Vertreter benannt werden.
Für die Gründung einer eigenständigen Gesellschaft nach kolumbianischem Recht stehen verschiedene Rechtsformen zur Verfügung. Die von ausländischen Investoren am häufigsten gewählten sind:
  • die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
  • die Kleine Aktiengesellschaft
  • die Aktiengesellschaft

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Sociedad de Responsabilidad Limitada – Ltda.)

Die Ltda. ist die von deutschen Unternehmen am häufigsten gewählte Gesellschaftsform in Kolumbien.
Die Gründung der Ltda. muss vor einem Notar beurkundet werden. Es sind mindestens zwei Gesellschafter erforderlich und höchstens 25 zulässig. Ein Vorzug dieser Gesellschaftsform ist die Haftungsbeschränkung: Während die Gesellschaft für ihre Verbindlichkeiten in Höhe ihres gesamten Kapitals haftet, beschränkt sich die Haftung der Gesellschafter auf die Höhe ihrer jeweiligen Kapitaleinlage. Lediglich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aufgrund arbeits- oder steuerrechtlicher Vorschriften haften alle Gesellschafter gemeinsam über ihre Einlagen hinaus.
Für das Stammkapital der Ltda. ist keine Mindesthöhe vorgeschrieben. Gesellschaftsanteile können nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter und aufgrund einer Satzungsänderung übertragen werden. Es ist keine Geschäftsführung als Organ vorgeschrieben. Die Geschäftsführung kann vielmehr von der Gesellschafterversammlung wahrgenommen werden. Diese kann jedoch die Geschäftsführung auf einen Geschäftsführer übertragen, der dann ein weiteres Organ der Gesellschaft darstellt.
Einzahlungen ins Gesellschaftskapital durch Ausländer sind als private Kapitalinvestitionen bei der kolumbianischen Zentralbank zu registrieren. Ist dies vorschriftsmäßig erfolgt, hat der ausländische Investor Anspruch auf Übertragung von Dividenden und die Rückführung seines Kapitals ins Ausland, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Kleine Aktiengesellschaft (Sociedad por Acciones Simplificada – S.A.S.)

Diese Rechtsform erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit bei ausländischen Investoren, da hier die Satzung freier gestaltet werden kann als in anderen Rechtsformen und alle Anteile in Händen eines einzigen Aktionärs liegen dürfen (Ein-Personen-Gesellschaft).
Für die S.A.S. sind nur zwei Organe gesetzlich vorgeschrieben:
  • Hauptversammlung: In diesem Gremium entscheiden die Aktionäre bzw. der einzige Aktionär über alle grundlegenden Fragen der Gesellschaft.
  • Gesetzlicher Vertreter (Geschäftsführer): Er leitet die Gesellschaft eigenverantwortlich und allein vertretungsberechtigt, soweit die Satzung keine Einschränkungen vorsieht. Diese Rolle kann auch von einem Aktionär, bei der Ein-Personen-Gesellschaft auch vom Einzelaktionär wahrgenommen werden.
Die Gründung kann entweder durch einen Notar beurkundet werden oder durch eine private Urkunde erfolgen, die von einem kolumbianischen Notar oder einem kolumbianischen Konsul im Ausland beglaubigt wird.
Die Gesellschaft kann von einem einzelnen Aktionär gegründet werden, zugleich gibt es keine Maximalgrenze für die Zahl der Aktionäre. Für die Höhe des Stammkapitals gibt es keine Mindestanforderungen. Die Aktionäre haften für die Verbindlichkeiten der S.A.S. bis zur Höhe ihrer jeweiligen Einlage. Für die Einzahlungen in und Entnahmen aus dem Gesellschaftskapital durch ausländische Anteilseigner gelten die gleichen Regeln wie bei der S.A.

Aktiengesellschaft (Sociedad Anónima – S.A.)

Die Aktiengesellschaft nach kolumbianischem Recht hat eine andere Organstruktur als die deutsche Aktiengesellschaft. Sie sieht folgende Organe vor:
  • Hauptversammlung: Sie stellt das gemeinsame Entscheidungsgremium der Aktionäre dar.
  • Direktorium: Es hat ähnliche Funktionen wie das „Board of Directors“ in den USA, insbesondere allgemeine Geschäftsführungsfunktionen und die Überwachung des gesetzlichen Vertreters.
  • Gesetzlicher Vertreter (Geschäftsführer): Er leitet die Gesellschaft zusammen mit dem Direktorium und ist allein vertretungsberechtigt.
  • Abschlussprüfer: Er hat die gleichen Funktionen wie der Abschlussprüfer in Deutschland.
Die Gründung der S.A. muss durch einen Notar beurkundet werden. Sie erfordert mindestens fünf Aktionäre, von denen keiner mehr als 95 Prozent der Anteile halten darf. Es ist kein Mindeststammkapital vorgeschrieben. Die Aktionäre haften für die Verbindlichkeiten der S.A. bis zur Höhe ihrer jeweiligen Einlage.
Einzahlungen aus dem Ausland in das Stammkapital der S.A. sind bei der kolumbianischen Zentralbank zu registrieren. Ist dies ordnungsgemäß erfolgt, hat der ausländische Investor unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf die Übertragung von Zinszahlungen und auf die Rückführung seines Kapitals ins Ausland bei Auflösung oder Stammkapitalreduzierung der S.A.

Steuerrecht

In Kolumbien werden Steuern sowohl auf nationaler Ebene erhoben (z.B. Einkommens-, Mehrwertsteuer) als auch von den Gemeinden (z.B. Gewerbesteuer). Jedes in Kolumbien ansässige Unternehmen und jede kolumbianische Zweigstelle eines ausländischen Unternehmens unterliegt grundsätzlich den folgenden Steuern:
  • Körperschaftsteuer
  • Umsatzsteuer
  • Gewerbesteuer
  • Grundsteuer
  • Registersteuer
Hier einige Eckpunkte zu den für Unternehmen wichtigsten Steuerarten:

Körperschaftsteuer:

Die Körperschaftsteuer belastet die Einkünfte, die das Nettovermögen des betreffenden Steuerzahlers erhöhen. Der Steuer unterliegen Unternehmen, die in Kolumbien ansässig sind, mit ihren weltweiten Einkünften, ausländische Unternehmen dagegen nur mit ihren Einkünften in Kolumbien. Der reguläre Steuersatz für Unternehmen, die in Kolumbien ansässig sind, für die Niederlassungen ausländischer Unternehmen und für das in Kolumbien generierte Einkommen ausländischer Unternehmen beträgt ab dem Jahr 2022 35%. In den zahlreichen Freihandelszonen beträgt der Steuersatz nur 20%. Für Mega-Investitionen (ab einem Wert von umgerechnet ca. 286 Mio. Euro) gilt ein vergünstigter Steuersatz von 27%.

Quellensteuer:

Auf Zahlungen aus Kolumbien an ausländische Empfänger wird eine Quellensteuer erhoben, die der Rechnungsempfänger vom Rechnungsbetrag abzieht und direkt in Kolumbien abführt. Der Steuersatz für ins Ausland geleistete Zahlungen aufgrund von Dienstleistungen (z.B. Beratung oder technische Unterstützung) oder aufgrund von Softwarelizenzen beträgt 20%. Der Steuersatz für Zahlungen für Lizenzgebühren oder Zinsen beträgt 20%.

Umsatzsteuer:

Die Umsatzsteuer belastet den Verkauf von Gütern und Dienstleistungen in Kolumbien. Dazu zählen u.a. auch viele Dienstleistungen, die aus dem Ausland heraus in Kolumbien erbracht werden (z.B. Beratung, technische Unterstützung).
Der Steuersatz beträgt im Regelfall 19 % und bezieht sich auf den Gesamtumsatz der Transaktion. Da jedoch die für Vorprodukte / Vorleistungen gezahlte Umsatzsteuer im Rahmen des Vorsteuerverfahrens abgezogen werden kann, wird effektiv nur der erwirtschaftete Mehrwert belastet. Für einige Güter bzw. Dienstleistungen gilt ein reduzierter Steuersatz von 5 %, einige sind ganz von der Umsatzsteuer befreit. Zu den umsatzsteuerfreien Gütern zählen z.B. tierische und pflanzliche Grundstoffe für die Lebensmittelproduktion und bestimmte Grundnahrungsmittel. Von der Umsatzsteuer befreite Dienstleistungen sind u.a. Personen- und Warentransport, Gesundheitsdienstleistungen sowie Strom- und Wasserversorgung.

Gewerbesteuer:

Diese Steuer wird auf kommunaler Ebene auf alle Einkünfte aus Industrie-, Handels- und Dienstleistungen erhoben, die ein Unternehmen in der betreffenden Gemeinde erzielt. Die Höhe der Steuer wird von den Gemeinden innerhalb vorgegebener Bandbreiten festgelegt und beträgt zwischen 0,2 % und 1,0 % der Einkünfte.
Es gibt in Kolumbien eine Reihe von Zollfreizonen. Unternehmen, die dort operieren, genießen neben der zollfreien Einfuhr ihrer Waren in die Freizone auch einige steuerliche Vorteile (u.a. reduzierter Körperschaftssteuersatz und teilweise Befreiung von der Umsatzsteuer beim Bezug von Leistungen).

Grundsteuer:

Die Steuer für Immobilieneigentum wird festgelegt von der Gemeinde und unterscheidet sich je nach Lage (normalerweise bis 1,6 Prozent).

Arbeitsrecht

Arbeitsverträge

Als Arbeitsvertrag gilt nach kolumbianischem Recht jede Vereinbarung, mit der die Erbringung einer persönlichen Arbeitsleistung im Auftrag eines Arbeitgebers gegen Entlohnung vereinbart wird. Die Schriftform ist nicht unbedingt erforderlich, auch mündliche Vereinbarungen, die die genannten Inhalte umfassen, gelten als wirksame Arbeitsverträge.
Arbeitsverträge können auf einen Zeitraum von maximal drei Jahren befristet werden, wobei eine schriftliche Vereinbarung ratsam ist. Die Befristung kann grundsätzlich beliebig oft verlängert werden. Nur wenn die Befristung weniger als ein Jahr beträgt, kann der Vertrag nicht mehr als drei Mal um den gleichen Zeitraum verlängert werden. Danach kann der Vertrag nur noch für Zeiträume von mindestens einem Jahr verlängert werden. Darüber hinaus können Verträge auf die Dauer eines konkreten Arbeitsprojekts befristet werden (Werkvertrag). Die Arbeitsinhalte müssen dabei schriftlich und präzise festgelegt werden. Ein solchermaßen befristeter Werkvertrag kann nicht verlängert werden.
Es kann eine Probezeit vereinbart werden, in der beide Parteien den Vertrag fristlos kündigen können. Die zulässige Dauer der Probezeit richtet sich nach der Art des Arbeitsvertrages und darf in keinem Fall mehr als zwei Monate betragen. Die Möglichkeit der Kündigung von Arbeitsverträgen durch den Arbeitgeber ist bei bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern (z.B. Schwangere, Personen mit schlechtem Gesundheitszustand, Gewerkschaftsmitglieder) eingeschränkt.

Entlohnung

In Kolumbien gilt ein allgemeiner Mindestlohn pro Monat, dessen Höhe jährlich von der Regierung festgelegt wird. Ab einer vorgegebenen Gehaltsschwelle besteht die Möglichkeit, ein Festgehalt zu bezahlen, das nicht nur das Grundgehalt, sondern auch vorgeschriebene Überstundenzuschläge, freiwillige Bonuszahlungen etc. pauschal abdeckt.
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer bestimmte, gesetzlich festgelegte Nebenleistungen erbringen: Zahlung einer Abfindung bei Vertragsbeendigung, halbjährlicher Gehaltszuschlag in Abhängigkeit der Betriebszugehörigkeit, Unterstützung für Transportkosten für niedrigere Gehaltsklassen sowie ggf. regelmäßige Ausstattung mit Arbeitskleidung.

Sozialversicherung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Angestellten zur kolumbianischen gesetzlichen Sozialversicherung anzumelden und auf der Grundlage ihres jeweiligen Gehalts die entsprechenden Beiträge abzuführen.
Im Arbeitsvertrag können bestimmte zusätzliche Zahlungen bis zu maximal 40 % der Gesamtbezahlung vereinbart werden, die nicht als Teil des regulären Gehalts angesehen werden und nicht in die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsummensteuer eingehen. Die Sozialversicherung umfasst die Renten-, Gesundheits- und Arbeitsrisikenversicherung. Die Versicherungsbeiträge werden für die Renten- und Gesundheitsversicherung zu unterschiedlichen Teilen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer erbracht. Die Versicherung gegen Arbeitsrisiken trägt alleine der Arbeitgeber, wobei die Beitragshöhe von den zu versichernden Risiken abhängt. Darüber hinaus bezahlt der Arbeitnehmer alleine einen gehaltsabhängigen Rentensolidaritätszuschlag.
Arbeitgeber, die mehr als einen festen Angestellten beschäftigen, müssen darüber hinaus eine Lohnsummensteuer zahlen, die sich aus gehaltsabhängigen Zahlungen an Institutionen zur Förderung von Familien und Auszubildenden zusammensetzt.

Arbeitsstunden

Die allgemein zulässige Arbeitszeit beträgt neun Stunden am Tag und 46 Stunden in der Woche (Gültigkeitszeitraum 16. Juli 2024 - 15. Juli 2025). Aktuell findet eine jährliche Reduzierung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit pro Woche statt. Eine Höchstarbeitszeit von 42 Stunden pro Woche darf nach 2026 nicht mehr überschritten werden. Für Überstunden sowie Nacht- und Sonntagsarbeit sind Zuschläge zum regulären Gehalt zu zahlen. Für Arbeitnehmer in Führungspositionen sind längere als die allgemein vorgeschriebenen Arbeitszeiten ohne Ausgleichszahlung zulässig.

Urlaub

Alle Arbeitnehmer haben Anspruch auf 15 bezahlte Urlaubstage pro Jahr, davon mindestens sechs aufeinanderfolgende Tage ohne Unterbrechung. Die hohe Zahl von 18 gesetzlichen Feiertagen (Vergleich Deutschland: 9) ist erwähnenswert.

Auszubildende

Jeder Arbeitgeber, der mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, ist grundsätzlich verpflichtet, einen Auszubildenden pro 20 reguläre Arbeitnehmer (bzw. pro 10 Arbeitnehmer bei Restsummen von weniger als 20) einzustellen. Möchte der Arbeitgeber dennoch nicht die vorgeschriebene Zahl von Auszubildenden beschäftigen, muss er einen Mindestmonatslohn pro nicht eingestellten Auszubildenden an den Nationalen Ausbildungsdienst (SENA) zahlen.

Ansprechpartner und Informationsquellen

Quellen: GTAI/Anwalt.de, Rieser/RP-Online/