International
Wirtschaftsrecht Brasilien
Allgemeines
Brasilien verfügt über ein modernes und ausgefeiltes Rechtssystem, das seinen Ursprung weitgehend im römischen Recht hat. Für das im Jahre 2002 grundlegend neu gefasste Zivilgesetzbuch stand das deutsche BGB Pate. Alle durch Gesetzgeber, Justiz und Verwaltung veranlassten Rechtshandlungen werden an den Vorgaben der modernen brasilianischen Verfassung aus dem Jahre 1988 gemessen und müssen vor dieser Bestand haben.
Das brasilianische Rechtssystem ist in einigen Rechtsgebieten sehr kompliziert. Zudem unterscheidet sich die brasilianische Rechtsprechung oft stark von der in Deutschland üblichen Praxis. Daher sollten Unternehmen vor der Aufnahme einer Geschäftstätigkeit in Brasilien auf jeden Fall, insbesondere aber vor dem Abschluss von Verträgen oder der Gründung einer Tochtergesellschaft, die Unterstützung von Rechtsanwälten bzw. Steuerberatern, die mit dem brasilianischen Recht vertraut sind, in Anspruch nehmen.
Gesellschaftsrecht
Das Gesellschaftsrecht sieht im Wesentlichen alle in Deutschland bekannten Unternehmensformen vor, deren gebräuchlichste die "Limitada", also die brasilianische GmbH ist. Diese kann relativ schnell und unkompliziert gegründet werden, ohne dass es eines Mindestkapitals bedarf. Durch eine Gesetzesänderung ist seit September 2019 die Vorschrift entfallen, wonach für die Gründung einer Limitada mindestens zwei Gesellschafter erforderlich waren. Die Limitada kann nun von einem einzelnen Gesellschafter oder von mehreren Gesellschaftern gegründet werden. Somit ist auch eine “Ein-Personen-Limitada” („Sociedade Limitada Unipessoal“) möglich. Ausländische Gesellschafter benötigen sowohl einen Zustellungsbevollmächtigten als auch einen mit Spezialbefugnissen gegenüber den Steuerbehörden ausgestatteten Bevollmächtigten, die in Brasilien ihren Wohnsitz haben müssen.
Alle Satzungsänderungen bedürfen einer Mehrheit von 75% des Gesellschaftskapitals. Der Geschäftsführer muss seinen Wohnsitz im Inland haben. Ist er Ausländer, benötigt er zusätzlich eine Daueraufenthaltserlaubnis. Beschäftigt eine brasilianische Firma mehr als drei Arbeitnehmer, ist erforderlich, dass mindestens 2/3 aller Arbeitnehmer Brasilianer sind und dass auf diese mindestens 2/3 der gesamten Löhne und Gehälter entfallen.
Alle Satzungsänderungen bedürfen einer Mehrheit von 75% des Gesellschaftskapitals. Der Geschäftsführer muss seinen Wohnsitz im Inland haben. Ist er Ausländer, benötigt er zusätzlich eine Daueraufenthaltserlaubnis. Beschäftigt eine brasilianische Firma mehr als drei Arbeitnehmer, ist erforderlich, dass mindestens 2/3 aller Arbeitnehmer Brasilianer sind und dass auf diese mindestens 2/3 der gesamten Löhne und Gehälter entfallen.
Eine weitere Rechtsform ist der Einzelunternehmer mit beschränkter Haftung, auf Portugiesisch "Empresário individual de responsabilidade limitada" , abgekürzt "EIRELI". Sie wird durch einen einzelnen Gesellschafter, der eine natürliche oder juristische Person sein kann, gegründet. Im Unterschied zur Limitada muss das Stammkapital mindestens das Einhundertfache des gesetzlichen Mindestlohns betragen. Ansonsten gelten für die EIRELI weitgehend die gleichen Vorschriften wie für die Limitada.
Nähere Informationen über Struktur und Gründung einer brasilianischen GmbH finden Sie in der Broschüre "So geht's - Die Limitada" der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer São Paulo, die Sie auf der Seite der AHK Brasilien kostenlos herunterladen können.
Zu beachten ist, dass auch bei den Kapitalgesellschaften der Typen "Sociedade Limitada" und "Sociedade Anônima" unter bestimmten Umständen eine Durchgriffshaftung greifen kann. D.h. dass Geschäftsführer und Gesellschafter (auch ausländische) ausnahmsweise nicht nur mit ihrer Einlage, sondern mit ihrem gesamten Vermögen haften, etwa wenn die Gesellschaft insolvent ist und Lohn- oder Gehaltszahlungen ausstehen. Um dieses Risiko zu begrenzen, kann es sinnvoll sein, Investitionen in Brasilien über eine Zwischenholding ("Special Purpose Vehicle") zu steuern, um einen Durchgriff auf das Vermögen der Investoren zu vermeiden.
Weitere Informationen und Tipps zum Markteintritt und zur Unternehmensgründung in Brasilien bietet die Publikation "So geht's - Einstieg in Brasilien" der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer São Paulo, die Sie auf der Seite der AHK Brasilien kostenlos herunterladen können.
Internationaler Zahlungsverkehr
Der internationale Zahlungsverkehr von und nach Brasilien unterliegt der Kontrolle durch die Zentralbank. Diese hat in Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Fiskus ein elektronisches Registrierungssystem ("SISBACEN") entwickelt, welches eine Registrierungspflicht für Zahlungen im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen (Bar- und Sacheinlagen), Auslandsdarlehen, Kapitalrückführung, Gewinnausschüttung etc. vorsieht. Für Transaktionen aus dem Bereich des internationalen Handels (Import/Export) wurde ein weiteres elektronisches Registrierungsverfahren ("SISCOMEX") entwickelt, welches mit dem SISBACEN vernetzt ist.
Dem Anwender wird hierdurch die Durchführung von Außenhandelsoperationen erleichtert. Gleichzeitig garantiert die elektronische Datenerfassung eine umfassende Kontrolle durch Zentralbank, Fiskus und sonstige Außenhandelsorgane, was im Falle nicht frist- bzw. ordnungsgemäßer Registrierungen zur Verhängung empfindlicher Strafgelder führen kann.
Zahlungen im Bereich des internationalen Handels und Zahlungsverkehrs mit Brasilien sind grundsätzlich unter Verwendung von Devisenwechselverträgen zu leisten. Für sämtliche Operationen des internationalen Zahlungsverkehrs mit Brasilien, einschließlich des sogenannten "Internationalen Realtransfers", kommt ein einheitliches Wechselkurssystem zur Anwendung. Natürliche und juristische Personen dürfen praktisch ohne Einschränkung und ohne vorherige Zustimmung der brasilianischen Zentralbank internationale Zahlungen veranlassen und empfangen, Legalität der Transaktion und deren wirtschaftlicher Zweck vorausgesetzt.
Lizenz- oder technische Dienstleistungsverträge
Lizenz- oder technische Dienstleistungsverträge, die einen Technologietransfer beinhalten, sind beim brasilianischen Patentamt ("INPI") und der Zentralbank zu registrieren. Dienstleistungen ohne Technologietransfer sind nicht registrierungsfähig. Von der Registrierungsfähigkeit hängt ab, welcher Wechselkurs bei Zahlungen aus diesen Verträgen zur Anwendung kommt. In jedem Fall wird die brasilianische Bank die internationale Zahlung nur ausführen, wenn vorher die in Brasilien erhobene Quellensteuer und Zusatzabgabe "CIDE" abgeführt wurde. Seit dem 1.1.2006 gelten nur noch die im Einzelfall zu prüfenden steuerlichen Anrechnungsmöglichkeiten nach den jeweiligen nationalen Steuerrechten, da kein Doppelbesteuerungsabkommen mehr zwischen Brasilien und Deutschland besteht.
Gewerblicher Rechtsschutz
Einen guten Überblick über das Thema bietet die Broschüre "So geht's - Gewerblicher Rechtsschutz in Brasilien" der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer São Paulo, die Sie auf der Internetseite der AHK Brasilien kostenlos herunterladen können.
Arbeitsrecht
Das brasilianische Arbeitsrecht ist umfassend gesetzlich geregelt. Inhaltlich ist es sehr arbeitnehmerfreundlich ausgestaltet. Auch die Rechtsprechung stellt den Schutz des Arbeitnehmers in den Vordergrund. Unternehmen sollten daher bei der Gestaltung, Durchführung und Beendigung von Arbeitsverträgen die durch Gesetzgebung und Rechtsprechung festgelegten Vorgaben peinlich genau einhalten, um hohe finanzielle Forderungen der Arbeitnehmer und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Durch eine umfangreiche Reform des Arbeitsrechts, die im November 2017 in Kraft getreten ist, wurden einige Aspekte deutlich unternehmensfreundlicher und flexibler geregelt.
Arbeitsverträge
Die zentralen arbeitsrechtlichen Vorschriften sind im Arbeitsgesetzbuch (Consolidação das Leis do Trabalho - CLT) niedergelegt. Seit der Arbeitsrechtsreform von 2017 sind jedoch innerhalb des gesetzlichen Rahmens individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich. Zudem können Arbeitgeber und Gewerkschaften betriebsindividuelle Vereinbarungen treffen, die in bestimmten Punkten von den gesetzlichen Vorgaben abweichen dürfen. Beschäftigungsverhältnisse können nunmehr auch recht flexibel befristet werden, etwa für Stunden, Tage oder Monate.
Kündigung
Vorausgesetzt es besteht keine diesbezügliche tarifliche Regelung, bedarf es bei einer ordentlichen Kündigung keines spezifischen Kündigungsgrundes. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt 30 Tage plus drei Tage pro Beschäftigungsjahr, höchstens jedoch 90 Tage. Kündigt der Arbeitnehmer aus wichtigem Grund (d.h. fristlos) oder der Arbeitgeber ohne wichtigen Grund (fristgerecht), stehen dem Arbeitnehmer Entschädigungen für bestimmte Sachverhalte zu (u.a. ausstehendes Gehalt, Urlaubsanspruch, Sozialversicherungsbeiträge, ggf. Abfindungszahlung). Unternehmen sollten für solche Fälle - die in der Praxis viel häufiger als in Deutschland vorkommen - entsprechende Rückstellungen bilden.
Arbeitszeit
Die reguläre Arbeitszeit darf acht Stunden am Tag und 44 Stunden in der Woche nicht überschreiten. Überstunden sind auf zwei Stunden pro Tag beschränkt und können in einem Zeitraum von bis zu sechs Monaten abgebaut werden. Teilzeitarbeit kann vereinbart werden, entweder über max. 30 Wochenstunden ohne die Möglichkeit von Überstunden oder über max. 26 Wochenstunden mit der Möglichkeit von bis zu sechs Überstunden pro Woche. Auch Home-Office-Vereinbarungen, bei denen die Vergütung nicht nach Arbeitszeit, sondern nach der Verrichtung von Aufgaben erfolgt, sind möglich. Der Jahresurlaub muss seit der Arbeitsrechtsreform von 2017 nicht mehr in einem Stück genommen werden, sondern kann auf bis zu drei Teile (davon ein Mal mind. 14 Tage und die übrigen Male jeweils mind. fünf Tage) aufgeteilt werden.
Vergütung
Der Grundlohn muss ein Mal im Jahr zum Zweck des Inflationsausgleichs erhöht werden. Der entsprechende Prozentsatz wird i.d.R. tarifvertraglich vereinbart. Neben dem Grundlohn hat der Arbeitnehmer auch einen gesetzlich bedingten Anspruch auf Urlaub und Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber und Einzahlungen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer-Vermögensbildungsfonds (Fundo de Garantia por Tempo de Serviço - FGTS). Weiterhin besteht ggf. Anspruch auf Zuschläge für Überstunden und Nachtarbeit, Gefahren- und Härtezulagen etc.
Des Weiteren gewähren viele Arbeitgeber ihren Angestellten freiwillig oder aufgrund eines Tarifvertrages verschiedene Zusatzleistungen, z.B. Boni oder Gewinnbeteiligung. Bei Prämien / Boni ist zu beachten, dass sie bei regelmäßiger Zahlung in der brasilianischen Rechtsprechung als fester Teil des Gehalts angesehen werden. Dementsprechend hatte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese Zahlungen und der Arbeitgeber konnte sie nicht mehr einseitig streichen oder kürzen. Durch die Arbeitsrechtsreform von 2017 wurde davon abweichend geregelt, dass diese Zusatzzahlungen jedoch nicht Teil des Gehalts und auch nicht sozial- und lohnsteuerpflichtig sind.
Gewerkschaftsbeiträge werden durch den Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis bezahlt.
Sozialversicherung
Der Arbeitgeber muss für seine Mitarbeiter die folgenden Sozialversicherungsbeiträge abführen:
- Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Sozialversicherung (INSS)
- Arbeitsunfallversicherung (SAT)
- Einzahlung auf das Arbeitnehmer-Vermögensbildungskonto (FGTS)
- Beiträge an verschiedene Institutionen des entsprechenden Wirtschaftsbereichs (Sistema S)
In der Praxis gewähren viele Unternehmen zusätzliche, freiwillige oder tarifvertraglich geregelte Sozialleistungen.
Outsourcing
Die zuvor nicht zulässige Auslagerung von Tätigkeiten aus dem Kern des Gesellschaftszwecks an Dritte ist seit der Arbeitsrechtsreform von 2017 erlaubt.
Visa
Für geschäftliche Kurzaufenthalte in Brasilien (z.B. Geschäftsreisen zwecks Marktsondierung oder Verhandlungen, Besuche auf Messen oder Kongressen) benötigen deutsche Staatsangehörige kein Visum. Wer vorübergehend technische Dienstleistungen in Brasilien erbringt, dabei aber bei einem ausländischen Unternehmen angestellt bleibt, benötigt das befristete Visum "Item V". Ausländische Arbeitnehmer, die für ein brasilianisches Unternehmen arbeiten, müssen ein so genanntes Zeitvisum (auf max. 2 Jahre befristet, u.U. verlängerbar) beantragen. Dazu ist die Einholung einer Arbeitsgenehmigung durch das brasilianische Unternehmen beim Arbeitsministerium erforderlich. Nur unter strengen Voraussetzungen und nach einem aufwändigen Antragsprozess können Führungskräfte oder hoch spezialisierte Arbeitskräfte ein Dauervisum für einen zeitlich unbegrenzten Aufenthalt erlangen.
Nähere Informationen zu den verschiedenen Visaarten finden Sie in der Broschüre "So geht's - Ihr Visum für Brasilien" der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer São Paulo, die Sie auf der Internetseite der AHK Brasilien kostenlos herunterladen können.
Steuerrecht
Im Dezember 2023 wurde eine Verfassungsänderung zur Steuerreform in Brasilien veröffentlicht. Der Umsetzungsprozess beginnt 2024. Zum Zwecke der Vereinfachung werden zukünftig einige Steuern (PIS, COFINS, IPI, ICMS und ISS) abgeschafft und an ihrer Stelle tritt eine Umsatzsteuer (Imposto sobre Valor Agregado - IVA).
Das derzeitige brasilianische Steuersystem ist höchst komplex. Es umfasst eine Vielzahl von Steuern und Abgaben, die von den unterschiedlichen staatlichen Ebenen (Bund, Bundesstaaten, Kommunen) erhoben werden. Die Steuer- und Abgabenbelastung ist im internationalen Vergleich relativ hoch. Aufgrund der Kündigung durch Deutschland besteht seit 2006 kein Doppelbesteuerungsabkommen mit Brasilien mehr. Hier ein grober Überblick über die wichtigsten Steuerarten für Unternehmen:
Gewinnbesteuerung:
Körperschaftsteuer (Imposto de Renda da Pessoa Jurídica - IRPJ):
Bezieht sich auf den Unternehmensgewinn, für dessen Berechnung das Unternehmen zwischen zwei Optionen wählen kann: vierteljährliche Abschlüsse oder monatliche Schätzungen anhand der Bruttoeinnahmen (Option nur für kleine und mittelgroße Unternehmen). Die Basissätze der IRPJ betragen: 15% für steuerpflichtige Gewinne bis 240.000 Reais pro Jahr, 25% für steuerpflichtige Gewinne über 240.000 Reais pro Jahr.
Für kleine und mittlere Unternehmen wird ein vereinfachtes System angeboten (Sistema Integrado de Pagamento de Impostos e Contribuições - SIMPLES). Hier können mittels einmaliger Zahlung verschiedene Steuern entrichtet werden.
Sozialabgabe auf den Gewinn (Contribuição Social sobre o Lucro Líquido - CLL):
Beträgt 9% des für die Körperschaftsteuer ermittelten Unternehmensgewinns.
Quellensteuer:
Auf Zinsen, Patent- und Lizenzgebühren wird Quellensteuer in Höhe von 15% erhoben. Dividenden sind nicht von der Quellensteuer betroffen.
Abgaben für Sozialprogramme:
Abgabe für das Soziale Integrationsprogramm (Programa de Integração Social - PIS) und Beitrag zur Finanzierung der Sozialversicherung (Contribuição para Financiamento da Seguridade Social - COFINS): Diese steuerähnlichen Abgaben werden auf den Unternehmensgewinn entrichtet. Bei Ermittlung des Gewinns nach der vereinfachten monatlichen Ermittlung (s.o.) betragen die Sätze 0,65% (PIS) bzw. 3% (COFINS). Im Fall der Gewinnermittlung nach der bilanziellen vierteljährlichen Methode gelten 1,65% (PIS) bzw. 7,6% (COFINS), jedoch mit Möglichkeit des Vorsteuerabzugs.
Umsatzsteuer:
In Brasilien existieren folgende Arten von Umsatzsteuern:
Warenumlaufsteuer (Imposto sobre Circulação de Mercadorias e Serviços - ICMS):
Umsatzsteuer der Bundesstaaten mit Vorsteuerabzugsmöglichkeit. Je nach Bundesstaat und Warenart gelten unterschiedliche Steuersätze (etwa zwischen 4% und 25%) sowie unterschiedliche Erhebungsbestimmungen. Diese Steuer wird auch auf Warenlieferungen von einem Bundesstaat in einen anderen erhoben.
Industrieproduktesteuer (Imposto sobre Produtos Industrializados - IPI):
Diese Steuer wird vom Bund auf die Produktion und den Import von Industrieprodukten erhoben. Vorsteuerabzug ist nur für Rohstoffe für die Produktion möglich. Die Steuersätze variieren je nach Art des Produkts zwischen 0% und 36%, wobei der Durchschnittssatz bei 20% liegt. Für Luxuswaren gelten teilweise deutlich höhere Steuersätze (bis zu 330%).
Dienstleistungssteuer (Imposto sobre Serviços - ISS):
Dienstleistungen (mit Ausnahme von Transporten und Kommunikationsdienstleistungen) unterliegen nicht der ICMS und IPI, sondern der von den Gemeinden erhobenen ISS. Auch wenn ein ausländisches Unternehmen solche Dienstleistungen in Brasilien erbringt ("Import" von Dienstleistungen), wird die ISS erhoben und als Quellensteuer vom brasilianischen Leistungsempfänger einbehalten. Der anzuwendende Steuersatz variiert je nach Gemeinde und Art der Dienstleistung zwischen 2% und 5%.
Einfuhrabgaben
Zoll / Einfuhrsteuer (Imposto de Importação - II):
Bei der Einfuhr fast aller Waren wird in Brasilien ein Zoll erhoben, der auf der Warenklassifizierung und dem Außenzolltarif des Wirtschaftsraums Mercosur basiert. Zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur wurde im Juni 2019 zwar eine politische Einigung über ein Freihandelsabkommen erzielt, dieses ist aber noch nicht in Kraft getreten. Solange kein Präferenzabkommen besteht, werden für Waren mit EU-Ursprung die regulären Zollsätze angewendet. Berechnungsgrundlage ist der CIF-Wert der Ware. Die Zollsätze fallen je nach Art der Ware sehr unterschiedlich aus und können in bestimmten Fällen Werte im mittleren zweistelligen Prozentbereich erreichen.
Bei der Einfuhr werden neben dem Zoll noch weitere Steuern / Abgaben fällig (Näheres zu diesen Abgaben s.o.):
- ICMS
- IPI oder ISS (je nach Art der Einfuhr)
- PIS
- COFINS
- Frachtgebühr zur Erneuerung der brasilianischen Handelsmarine (beim Import auf dem Seeweg): Sie beträgt 25% der Seefrachtkosten.
Diese Abgaben werden nach einer komplizierten Formel miteinander verrechnet.
Nähere Informationen zum brasilianischen Steuerrecht finden Sie in der Broschüre "So geht's - Besteuerung von Unternehmen in Brasilien" der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer São Paulo, die Sie über diesen Link bei der AHK Brasilien abrufen können.
Weiterführende Informationen
Publikationsliste der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in São Paulo:
Die Deutsch-Brasilianische Industrie- und Handelskammer São Paulo bietet eine große Auswahl von Informationsbroschüren, Merkblättern und Studien zum brasilianischen Markt an, viele davon zum kostenlos Download. Alle Publikationen der AHK Brasilien finden Sie hier.
Aktuelle Meldungen von Germany Trade and Invest (GTAI):
Die deutsche Außenwirtschaftsfördergesellschaft GTAI veröffentlicht laufend aktuelle Meldungen zu rechtlichen und Zollthemen zu allen wichtigen Märkten weltweit, darunter auch Brasilien. Sie können die Informatationen der GTAI hier abrufen.
weiterführende Links:
Rechtsauskunft der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer São Paulo
Rechtsanwälte in Brasilien (Liste der deutschen Botschaft)
Deutsch-Brasilianische Juristenvereinigung
Rechtsanwälte in Brasilien (Liste der deutschen Botschaft)
Deutsch-Brasilianische Juristenvereinigung
Quellen: GTAI/EY Tax Guide/PWC Tax Summaries/AHK Brasilien