Ursprungsrecht: Kumulierung

Einführung

Unter Kumulierung versteht man die Anrechnung von Be- und Verarbeitungen einer Ware in anderen Ländern auf die präferenzielle Ursprungseigenschaft der Ware. Sind am Herstellungsprozess der Ware zwei Länder beteiligt, spricht man von einer bilateralen Kumulierung. Wird eine Ware in mehr als zwei Ländern hergestellt / bearbeitet, spricht man von der diagonalen oder multilateralen Kumulierung. Zu unterscheiden sind verschiedene Kumulierungszonen:

Die Paneuropäische Kumulierungszone

Die Paneuropäische Kumulierungszone umfasst die Europäische Union, die EFTA-Länder (Schweiz, Liechtenstein, Norwegen, Island) und die Türkei. Entsprechend können Materialien und Halbfabrikate jedwelchen Ursprungs der Paneuropäischen Kumulierungsszone verwendet werden, um die Kriterien zur Gewährung einer Zollpräferenz bei der Einfuhr in eines der Partnerländer zu erfüllen. Allerdings gilt dies überwiegend nur für Waren der gewerblichen Wirtschaft, d. h. für Waren der Kapitel 25 bis 97 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik.

Die Pan-Europa-Mittelmeer-Kumulierungszone (Pan-Euro-Med-Zone / PEM-Zone)

Ab Mitte der 1990er Jahre wurde die Paneuropäische Kumulierungszone schrittweise auf zahlreiche weitere Länder ausgeweitet: die Partnerländer im Mittelmeerraum (Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien, Westjordanland/Gazastreifen), die Teilnehmer des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses der EU (SAP: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und Kosovo) sowie die Färöer-Inseln, Georgien, die Republik Moldau und die Ukraine.
Dies soll mit dem Übereinkommen zur Pan-Europa-Mittelmeer-Kumulierung (abgekürzt Pan-Euro-Med-Kumulierung / PEM-Kumulierung) erfolgen. Ziel ist die Errichtung einer Freihandelszone zwischen der EU und allen Ländern der Kumulierungszone. Die PEM-Kumulierung ist dabei in Ursprungsprotokollen zu bilateralen Abkommen der Länder untereinander verankert. Allerdings haben bisher nicht alle an der Kumulierung beteiligten Länder miteinander Präferenzabkommen mit einheitlichen Ursprungsregeln geschlossen.

Das Regionale Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln

Das ursprüngliche Netzwerk der bilateralen Ursprungsprotokolle ist allerdings sehr komplex, was die Überarbeitung schwierig macht. Daher wurde 2011 beschlossen, dass das Netzwerk von Ursprungsprotokollen in der PEM-Zone durch ein einziges Rechtsinstrument ersetzt werden soll, das 2013 im EU-Amtsblatt veröffentlichte Regionale Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (pdf).
Da die zugrunde liegenden bilateralen Präferenzabkommen ihre Gültigkeit behalten, müssen deren Ursprungsprotokolle zur Anwendbarkeit des Regionalen Übereinkommens dahingehend angepasst werden, dass sie auf die Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens verweisen.
Bisher ist das Regionale Übereinkommen noch nicht für alle Länder der Kumulierungszone anwendbar. Wenn allerdings mindestens drei Vertragsparteien untereinander das Regionale Übereinkommen anwenden oder PEM-Abkommen mit gleichen Ursprungsregeln bestehen, können Vormaterialien zwischen diesen Parteien als Vormaterialien mit Ursprungseigenschaft angesehen werden, auch wenn die restlichen Teilnehmer untereinander keine Kumulierung anwenden.
Im Jahr 2023 wurde eine Änderung des Regionalen Übereinkommens mit revidierten Ursprungsregeln beschlossen die am am 1. Januar 2025 in Kraft trat. Jedoch sind die darin enthaltenen revidierten Ursprungsregeln zwischen zwei Vertragsparteien erst dann anwendbar, wenn diese einen bilateralen Beschluss mit einer dynamischen Bezugnahme auf die neueste Fassung des Regionalen Übereinkommens fassen.

Übergangsregelungen (“transitional rules”)

Die mehrjährigen Verhandlungen der EU mit ihren Partnerstaaten im Paneuropa-Mittelmeerraum über die Modernisierung und Änderung der derzeit geltenden Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens verfolgten das Ziel, hierzu einen einzigen Revisions-Rechtsakt abzuschließen. Wegen der ablehnenden Haltung einiger Vertragsstaaten gelang dies bislang nicht. Um der Mehrheit der unterstützungswilligen Vertragsstaaten dennoch die Nutzung modernisierter und vereinfachter Ursprungsregeln zu ermöglichen, wurden die Ursprungsprotokolle der jeweiligen bilateralen Abkommen mit einem alternativ anwendbaren Regelwerk ergänzt. Diese Ursprungsregeln entsprachen bereits den vereinfachten und modernisierten Regeln und galten parallel zum Regionalen Übereinkommen. Mit dem Inkrafttreten des revidierten Regionalen Übereinkommens am 1. Januar 2025 endete die alternative Anwendung der Übergangsregeln (teilweise als "Transitional Rules" bezeichnet).

Übersicht über bestehende Kumulierungsabkommen zwischen den einzelnen beteiligten Ländern

Unter wup.zoll.de kann die Anwendbarkeit der Kumulierung für alle beteiligten Länder in Form von Tabellen abgerufen werden.
Bei der Ländersuche, beispielsweise bei Eingabe des Landes "Ägypten", werden unter "Matrix" im linken Reiter stichtagaktuell zwei Tabellen angezeigt:
In Tabelle 1 markiert
  • ein "C" ein zwischen zwei Parteien bestehendes Freihandelsabkommen mit Ursprungregeln, die eine Kumulierung nach dem Muster der ursprünglichen Pan-Europa-Mittelmeer-Ursprungsregeln vorsehen. Beteiligen sich drei Parteien (A, B und C) an einer diagonalen Kumulierung, müssen die Felder für A-B, B-C und A-C mit einem "C" markiert sein (d.h. die Markierung "C" ist dreimal erforderlich).
  • ein "R" ein zwischen zwei Parteien bestehendes Freihandelsabkommen mit Ursprungregeln, die eine Kumulierung nach dem Muster des revidierten Regionalen Übereinkommens (Regeln von 2023) vorsehen. Beteiligen sich drei Parteien (A, B und C) an einer diagonalen Kumulierung, müssen die Felder für A-B, B-C und A-C mit einem "R" (oder „CR“) markiert sein (d.h. die Markierung "R" ist dreimal erforderlich).
Die in der Tabelle 2 aufgeführten Daten beziehen sich auf das Datum der Anwendung der diagonalen Kumulierung.
Bei der Suche auf wup.zoll.de nach einem Teilnehmer des SAP-Abkommens wie Albanien erscheint zusätzlich zu Tabelle 1 und Tabelle 2 noch eine dritte Tabelle. Die Datumsangaben in Tabelle 3 beziehen sich auf den Beginn der Anwendungen der Protokolle zu den Ursprungsregeln, die eine diagonale Kumulierung zwischen der EU und den SAP-Ländern vorsehen.

Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED

Um die Kumulierung nach dem Regionalen Übereinkommen oder der PEM-Kumulierung anwenden zu können, müssen die Vormaterialien Ursprung in den Partnerstaaten haben, d. h. es ist nur eine eingeschränkte Kumulierung zulässig (im Gegensatz zur vollständigen Kumulierung wie sie Anwendung in einigen anderen Abkommen findet, wo die Ursprungseigenschaft einer Ware durch die Be- oder Verarbeitung der Ware in anderen Partnerstaaten nicht erlangt werden muss). Dies ist nach der Fassung des Regionalen Übereinkommens von 2013 mit einer Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED bei der Einfuhr nachzuweisen. Bei der Ausfuhr in ein Land der PEM-Zone ist auf der EUR-MED zu vermerken ob und mit welchen Ländern Kumulation erfolgt ist. Die Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED (und die entsprechende Ursprungserklärung EUR-MED) soll nach Ende der Übergangsphase zum revidierten Regionalen Übereinkommen, also voraussichtlich zum 31. Dezember 2025, entfallen.
Beim Warenverkehr innerhalb der EU kann mit der Lieferantenerklärung mitgeteilt werden, ob eine Kumulation nach dem Regionalen Übereinkommen oder PEM-Kumulierung erfolgt ist.

Quellen: Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), Generalzolldirektion