28.02.2024
Umsatzsteuer und USt-IdNr.
Seit 1993 sind die steuerlichen Grenzkontrollen an den Binnengrenzen in der Europäischen Union (EU) entfallen. Für den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr zwischen Unternehmen gilt seither eine umsatzsteuerliche Übergangsregelung, bei der die Waren grundsätzlich weiterhin unbelastet über die innergemeinschaftlichen Grenzen gelangen und eine Belastung mit Umsatzsteuer erst im Bestimmungsland erfolgt. Die innergemeinschaftliche Lieferung wird in § 6a Umsatzsteuergesetz (UStG) definiert. Um die korrekte Anwendung dieser umsatzsteuerrechtlichen Regelung zu gewährleisten, sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, allen betroffenen Beteiligten eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) zu erteilen.
Demnach erhalten Unternehmer, die am innergemeinschaftlichen Handel teilnehmen, für umsatzsteuerliche Zwecke neben ihrer vom zuständigen Finanzamt erteilten Steuernummer zusätzlich eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Vergeben werden diese vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) am Dienstsitz Saarlouis.
1. Die Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt-IdNr.)
1.1 Die Aufgaben der USt-IdNr.
Anders als die von den Finanzämtern verwendeten Steuernummern ist die USt-IdNr. kein reines Ordnungsmerkmal. Sie hat vielmehr Bedeutung für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Handels. Das Bundeszentralamt für Steuern kann eine USt-IdNr. deshalb nur an Personen und Personenvereinigungen erteilen, die bei den zuständigen Landesfinanzbehörden umsatzsteuerpflichtig geführt werden.
Die USt-IdNr. dient vorrangig als Anzeichen dafür, dass ihr Inhaber Bezüge aus anderen Mitgliedstaaten der EU als innergemeinschaftlichen Erwerb in dem Mitgliedstaat, der ihm diese Nummer erteilt hat, versteuern muss. Deutsche Unternehmen benötigen die USt-IdNr. ihres Leistungsempfängers, um u. a. zu erkennen, dass sie steuerfrei an ihn liefern können.
Ferner benötigen sie ihre USt-IdNr. und die des Leistungsempfängers, da sie diese bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung in ihrer Rechnung angeben müssen, um den Pflichten für eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 14a UStG nachzukommen.
Schließlich müssen sie die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an einen Leistungsempfänger unter dessen USt-IdNr. in ihren Zusammenfassenden Meldungen angeben. Steuerliche Bedeutung hat die USt-IdNr. des Leistungsempfängers auch als Tatbestandsmerkmal der Regelung des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe c und Nr. 4 UStG sowie des § 3b Abs. 3 bis 6 UStG über den Ort bestimmter sonstiger Leistungen. Darüber hinaus kann der Unternehmer anstatt der finanzamtsbezogenen Steuernummer die USt-Idnr. in seinen Rechnungen angeben.
1. 2. Erteilung der USt-IdNr.
Die USt-IdNr. kann bei einer Firmenneugründung schriftlich beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. In dem formlosen Antrag sind Name und Anschrift des Antragstellers sowie die Steuernummer, unter der der Antragsteller umsatzsteuerlich geführt wird, anzugeben und das für die Umsatzbesteuerung zuständige Finanzamt zu bezeichnen (§ 27a Abs. 1 Sätze 5 und 6 UStG). Der Beginn der unternehmerischen Tätigkeit muss angezeigt und mitgeteilt werden, ebenso muss darüber informiert werden, dass für die Teilnahme am innergemeinschaftlichen Handelsverkehr eine USt-IdNr. benötigt wird. Diese Angaben werden automatisch an das Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet. Die Beantragung kann bis zu zwei Monate dauern. Um das Verfahren abzukürzen können sich Existenzgründer in eiligen Fällen von ihrem zuständigen Finanzamt Name, Anschrift, Firmierung sowie die aktuelle Steuernummer, die für die Umsatzsteuer gültig ist, auf einem Schreiben bestätigen lassen und sich mit diesem Schreiben an das BZSt wenden. Nach spätestens drei Tagen sollte die USt-IdNr. vorliegen.
Die Umsatzsteueridentifikationsnummer kann online beim BZSt beantragt werden. Dazu muss der Antragsteller - je nach Rechtsform des Unternehmens - unterschiedliche Identifikationsmerkmale in das Formular eingeben. Diese werden nach der Übermittlung sofort mit dem vorliegenden Datenbestand des BZSt verglichen und auf Übereinstimmung geprüft . Im Ergebnis erhält der berechtigte Antragsteller unmittelbar und ohne Medienbruch einen entsprechenden Online-Bescheid hinsichtlich der automatisierten Bearbeitung. Die Bekanntgabe einer neu zugeteilten oder der bereits bestehenden, gültigen USt-IdNr. erfolgt in diesem Verfahren jedoch ausschließlich auf dem Postweg an die Anschrift des jeweils betroffenen Unternehmers, die dem BZSt zur Verfügung steht. Dadurch soll vermieden werden, dass einem nicht berechtigten Antragsteller die USt-IdNr. unmittelbar bekannt gegeben wird, was eine missbräuchliche Verwendung dieser verhindern soll. Steuerliche Vertreter können die USt-IdNr. für ihre Mandanten beantragen. Die schriftliche Bekanntgabe der zugeteilten USt-IdNr. erfolgt jedoch auch in diesen Fällen unmittelbar an den Unternehmensinhaber bzw. das Unternehmen selbst. Für die Online-Beantragung sind folgende Daten einzugeben:
- Finanzamt, das für die Umsatzbesteuerung des Unternehmens zuständig ist.
- Steuernummer, unter der das Unternehmen umsatzsteuerlich geführt wird (bei Organgesellschaften die Körperschaftssteuernummer)
- bei Einzelunternehmen sind Name, Vorname und Geburtsdatum des steuerpflichtigen Unternehmensinhabers anzugeben.
- bei allen anderen Rechtsformen sind Namen des Unternehmens (Firma, ohne Rechtsformbezeichnung), Postleitzahl und Ort (Unternehmenssitz) anzugeben.
Bitte beachten Sie, dass das BZSt zur Verhinderung von missbräuchlicher Beantragung einer USt-IdNr. verpflichtet ist, die in das Formular eingegebenen Daten nach dem Absenden mit dem vorhandenen Adressdatenbestand auf Übereinstimmung zu vergleichen. Das BZSt erhält gemäß § 27a Abs. 2 UStG von den zuständigen Landesfinanzbehörden (Finanzämter) die für die Erteilung der USt-IdNr. erforderlichen Daten über die bei ihnen umsatzsteuerlich geführten natürlichen und juristischen Personen und Personenvereinigungen. Um einen größtmöglichen Erfolg bei der Übereinstimmungsprüfung zu erzielen, sollten Sie daher Ihren letzten Steuerbescheid oder die Steuernummermitteilung vom zuständigen Finanzamt hinzunehmen und die dortigen Adressdaten vergleichen.
1.3. Haftungsrisiko und Bestätigung der Gültigkeit von im Ausland erteilten USt-IdNr.
Bestellt ein Unternehmer mit einer in einem anderen Mitgliedstaat registrierten USt-IdNr., so signalisiert er damit, dass er
- der Erwerbsteuerpflicht unterliegt und somit Anspruch auf eine steuerfreie Lieferung hat und
- die Gegenstände im Rahmen seines Unternehmens erwerben will.
Folglich kann der liefernde Unternehmer lediglich durch die Dokumentation der USt-IdNr. des Erwerbers den Status des Abnehmers (Steuerpflichtiger im Sinne der Erwerbssteuer) sowie die Verwendung des Gegenstandes im Rahmen des Unternehmens des Erwerbers belegen. Das liefernde Unternehmen ist aber gem. § 6a Abs. 4 UStG verpflichtet, die Angaben des Abnehmers mit der "Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns" zu prüfen. Kommt der liefernde Unternehmer seiner Sorgfaltspflicht bezüglich der Nachprüfung der Richtigkeit der USt-IdNr. nicht nach und stellt sich später heraus, dass die von dem liefernden Unternehmen angegebene USt-IdNr. nicht identisch mit der des Empfängers ist, muss das liefernde Unternehmen mit empfindlichen Steuernachzahlungen rechnen.
Um dieses Risiko zu umgehen und der "Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmann" Rechnung zu tragen, ist die Überprüfung der USt-IdNr. des Warenempfängers vor jeder Lieferung notwendig. Hierbei wird zwischen der einfachen und qualifizierten Bestätigungsabfrage unterschieden.
Die einfache Bestätigung informiert nur darüber, ob eine ausländische USt-IdNr. zum Zeitpunkt der Anfrage in dem Mitgliedstaat, der sie erteilt hat, gültig ist. Eine Abfrage zu ausländigen USt-IdNummern kann hier durchgeführt werden. Allerdings ist die einfache Bestätigung im Rahmen der nach § 6a Abs. 4 UStG obliegenden Sorgfaltspflichten nicht ausreichend. Eine qualifizierte Bestätigung hingegen, welche erst nach der einfachen Bestätigung durchgeführt werden kann, informiert auch darüber, ob Firmenname (einschließlich der Rechtsform), Firmenort, Postleitzahl und Straße mit den in der Unternehmerdatei des jeweiligen EU-Mitgliedstaates registrierten Daten übereinstimmen. Dies ist unter anderem online beim BZSt möglich.
1.4 Bezeichnung und Aufbau der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in den Mitgliedsstaaten der EU
Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern bestehen aus dem Länderkennzeichen und den weiteren Stellen. Hier finden Sie eine Länderübersicht (PDF) des Bundeszentralamtes für Steuern.
2. Rechnungserteilung
Der liefernde Unternehmer hat gemäß § 14a UStG eine Rechnung auszustellen, die neben den allgemeinen Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG folgende zusätzlich Angaben enthalten muss:
- Die USt-IdNr. des leistenden Unternehmers (Rechnungsausstellers) und die USt-IdNr. des Leistungsempfängers (Rechnungsempfängers) sowie
- einen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung (z.B. "steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung" oder steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b i.V.m. § 6a UStG").
Von allen Rechnungen ist ein Doppel 10 Jahre aufzubewahren (§ 14 Abs. 1 UStG).
3. Musterrechnung
Hamburg 28. Februar 2024
Firma Mustermann & Co.GmbH
Gärtnerstraße 90
20253 Hamburg
USt-IdNr.: DE 123456789Firma France
Rue la chancon 1
Paris
Numero d´identification: FR123456789Für die Lieferung von 1000 Säcken Weizen berechnen wir Ihnen 50.000 € (steuerfrei nach § 4 Nr. 1 b UStG - Umsatzsteuergesetz)
4. Nachweispflichten innergemeinschaftliche Lieferung
Der EU-Binnenmarkt und der damit verbundenen Wegfall der Grenz- und Zollkontrollen bedeutet für die Unternehmen jedoch keine Lockerung der belegmäßigen Nachweise gegenüber den Finanzbehörden. Der Gesetzgeber hat in § 6a UStG festgelegt, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung (siehe Übersicht unten) vom Unternehmer nachgewiesen werden müssen. Einzelheiten dazu werden in §§ 17a - 17d Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) geregelt. § 17a UStDV besagt, dass der Nachweis seit Beginn des Jahres 2020 mit einer Gelangesvermutung durchgeführt werden kann. Dieser Nachweis erweist sich in der Praxis aber als nicht praktikabel. § 17b Absatz 1 UStDV legt fest, dass der im Inland ansässige Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen durch Belege nachweisen kann, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet haben. Dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben. Eine Versendung liegt vor, wenn die Ware durch einen Lieferanten oder vom Kunden beauftragten selbständigen Dritten (z.B. Spediteur, Frachtführer, Kurierdienst) in den Mitgliedssaat verbracht wird. Eine Beförderung liegt vor, wenn die Ware vom Lieferanten oder vom Abnehmer selbst in den anderen EU-Mitgliedstaat verbracht wird. Neben den belegmäßigen Nachweisen ist der Unternehmer auch noch zu buchmäßigen Nachweise nach § 17d UStDV verpflichtet. Aus seiner Buchführung müssen die Voraussetzungen für umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen eindeutig und leicht nachprüfbar sein.
5. Sonstige Erklärungs- und Meldepflichten
Der Lieferant muss die Bemessungsgrundlagen seiner steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung jeweils in der Umsatzsteuervoranmeldung und in der Umsatzsteuererklärung gesondert anführen (§ 18 UStG). Bei innergemeinschaftliche Lieferungen ist außerdem eine Zusammenfassende Meldung (siehe § 18a UStG) zu erstellen, die zur Kontrolle der Umsatzbesteuerung beim innergemeinschaftlichen Wirtschaftsverkehr dient.
5.1. Zusammenfassende Meldung (ZM)
Die Zusammenfassenden Meldung (ZM) kann elektronisch über das Elster-Portal übermittelt werden. In Abhängigkeit von der Bemessungsgrundlage bzw. der in § 18a UStG genannten Voraussetzungen kommt als Meldezeitraum für die Übermittlung der ZM der Kalendermonat (§ 18a Abs. 1 S.1 UStG), das Kalendervierteljahr (§ 18a Abs. 1 S.2 UStG) oder in Ausnahmefällen das Kalenderjahr (§ 18a Abs. 9) in Betracht.
Das Bundeszentralamt für Steuern sammelt die von den Unternehmen abzugebenden Meldungen und speichert sie in einer Datenbank, von der sie durch die zuständigen zentralen Behörden der Mitgliedsstaaten jederzeit abgerufen werden können. Damit kann im Bestimmungsland geprüft werden, ob der Erwerber seiner Steuerpflicht nachgekommen ist.
5.2. Intrastat-Meldung
Darüber hinaus muss der Unternehmer seine innergemeinschaftlichen Lieferungen monatlich im Rahmen der Intrastat-Meldungen dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden mitteilen, sofern der Wert der Lieferungen 500.000 Euro und der Eingang 800.000 Euro im Vorjahr überschritten hat. Wird diese Wertgrenze im laufenden Kalenderjahr überschritten, sind statistische Meldungen in dem Monat anzugeben, der auf den Monat der erstmaligen Überschreitung folgt. Die Meldungen werden in der Regel elektronisch mit dem Meldeverfahren IDEV oder CORE übermittelt. Eine Ausfüllanleitung für die Intrastat-Meldung (PDF) kann hier abgerufen werden. Die Meldung ist spätestens am 10. Arbeitstag des Folgemonats an das Statistische Bundesamt zu schicken. Zweck der Intrastatmeldung ist die Erfassung von Warenströmen innerhalb der EU zu statistischen Zwecken.