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Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen sind verfassungsgemäß

Die unterschiedliche gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchstabe d, e und f Gewerbesteuergesetz (GewStG) sind verfassungsgemäß. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.06.2018 zum Aktenzeichen III R 35/15 hervor (veröffentlicht am 22.08.2018).

Sachverhalt:

Die Hotelgesellschaft H betreibt ihre Hotels in angemieteten Gebäudegrundstücken. Im Streitjahr 2008 erwirtschaftete sie hohe handelsrechtliche und körperschaftsteuerliche Verluste. Erhebliche Aufwendungen entstanden für Schuldzinsen, für Miet-/Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter und für Lizenzgebühren, die zu gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a, d, e und f GewStG und dadurch zu einem positiven Gewerbeertrag führten. Das Finanzamt setzte den Gewerbesteuer-Messbetrag entsprechend fest. Die Hinzurechnungen wirkten sich ebenso auf die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts zum 31.12.2008 aus. H wandte sich mit verfassungsrechtlichen Argumenten gegen die Hinzurechnungen der Miet-/Pachtzinsen (Buchstabe d, e) und der Lizenzgebühren (Buchstabe f). Die anschließende Klage wies das Finanzgericht (FG) Köln mit dem Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ab.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass die unterschiedliche gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung verfassungsgemäß ist.
Das Gericht betont den Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Danach sind die Korrekturen des Gewinns um Hinzurechnungen und Kürzungen direkte Folge davon. Das objektive Nettoprinzip und der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit treten insoweit zurück. Die Besonderheit als Objektsteuer könne dazu führen, dass ertraglose Betriebe belastet werden, indem – wie im Streitfall – Gewerbesteuer allein durch Hinzurechnungen ausgelöst wird. Auch eine mögliche Substanzbesteuerung liegt in der Natur einer Objektsteuer. Diese Belastungen sind laut BFH-Entscheidung – entgegen Stimmen im Schrifttum - hinzunehmen und verstoßen nicht gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 und 14 Grundgesetz (BFH v. 04.06.2014, I R 70/12, Bundessteuerblatt (BStBl) II 2015 S. 289).
Bei der Auswahl des Steuergegenstands stehe dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiterer Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum zu. Allerdings könnte es sich bei den Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften nicht um die Auswahl des Steuergegenstands, sondern um Differenzierungen innerhalb des Steuergegenstands handeln, was eine engere Bindung des Gesetzgebers an sachliche Erwägungen, insbesondere der Folgerichtigkeit und Belastbarkeit, zur Folge haben könnte. Aber auch dann genüge es, wenn sich die Hinzurechnungsvorschriften folgerichtig in das Konzept einer ertragsorientierten Objektsteuer einfügen lassen.
Die der Höhe nach unterschiedliche Hinzurechnung von Miet-/Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens oder für die befristete Überlassung von Rechten muss daher nicht einem strikten Folgerichtigkeitsmaßstab genügen. Der Gesetzgeber ist nicht dazu gezwungen, die Hinzurechnungstatbestände an einem typischen, realitätsgerechten Zinsniveau auszurichten. Er war daher bei der Neukonzeption durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 zu einer groben Schätzung des Finanzierungsanteils berechtigt. Eine willkürliche Festsetzung ist darin nicht zu sehen (BFH v. 04.06.2014, I R 70/12, BStBl II 2015 S. 289).
Der BFH verneint auch einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot durch Einfügung des Buchstabe e in § 8 Nr. 1 GewStG (Hinzurechnung der Miet-/Pachtzinsen für Grundbesitz) mit Wirkung ab 2008. Ein Vertrauen der Klägerin auf Fortbestehen ihres zuvor erstellten Unternehmenskonzepts, nur mit angemietetem Grundbesitz zu wirtschaften, sei nicht schützenswert. Soweit nicht besondere Merkmale der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genieße die allgemeine Erwägung, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, keinen verfassungsrechtlichen Schutz (BVerfG v. 10.04.2018, 1 BvR 1236/11, BStBl II 2018 S. 303, Rz 138).
Das ist nicht das erste Urteil des BFH zu den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen.
Das FG Köln hatte zuvor im Hinblick auf eine Vorlage des FG Hamburg (Beschluss v. 29.02.2012, 1 K 138/10, EFG 2012 S. 960) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bejaht, die der BFH verneint (BFH v. 16.10.2012, I B 128/12, BStBl II 2013 S. 30). Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG v. 06.05.2013, 1 BvR 821/13, BFH/NV 2013 S. 1212). Die Vorlage des FG Hamburg wurde als unzulässig zurückgewiesen (BVerfG v. 15.02.2016, 1 BvL 8/12, BStBl II 2016 S. 557). Damit kann die Rechtsprechung hinsichtlich der Zulässigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen als gefestigt angesehen werden.
Stand: November 2024