Handel

Urban Entertaiment Center

Freizeitlust statt Einkaufsfrust!

Das „DOZ“ oder auch „Zweibrücken The Style Outlets“ ist eines der ersten und größten „Factory-Outlet-Center“ (FOC) in Deutschland. Auf den rund 50.000 qm Verkaufsfläche befinden sich mehr als 120 „Designer-Shops“ bzw. Fabrikverkaufs-Läden und weitere fachmarktähnliche „Interactive Stores“

Handelstrends werden in Amerika gesetzt

Man mag sich schwer an die Begriffe aus dem amerikanischen Sprachgebrauch gewöhnen, noch schwerer daran, dass der „American Way of Life“ die bundesdeutsche Einkaufskultur und Versorgungsstruktur in dieser Intensität und Nachhaltigkeit beeinflusst und verändert. Tatsache ist aber, dass sich die Handelsdynamik in der Neuen Welt in gewohnter Regelmäßigkeit als Vorbild für die Alte Welt bzw. den europäischen Kontinent erweist. Das Selbstbedienungsprinzip, die Shopping-Center, die Fachmärkte und neuerdings die FOC sind Errungenschaften aus dem einerseits bewunderten „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, dessen liberales Planungswesen auf der anderen Seite aber nicht nur Zustimmung erfährt.
So gewinnt man beim Blick in die Staaten eindrucksvolle Erkenntnisse darüber, wie sich die Zukunftsperspektiven des Handels in einigen Jahren (oder Jahrzehnten) auch in Deutschland darstellen werden. Sicherlich ist Deutschland nicht oder nur bedingt mit Amerika vergleichbar. Wie Entwicklungen z.B. in Großbritannien zeigen, erweisen sich erprobte US-amerikanische Handelskonzepte aber durchaus auch im europäischen Kulturraum als erfolgversprechende Innovationen, wenn man den Markterfolg, nicht unbedingt die Wirkungen auf unsere abendländische Stadtkultur, bewertet. Entsprechend nimmt in England die Dichte an FOC-Standorten kontinuierlich zu und auch neue Trends im Bereich des Erlebnisshoppings in Verbindung mit Freizeiteinrichtungen sprechen für einen tiefgreifenden Wandel im Handel und ein verändertes Rollenverständnis, das nicht mehr vom Versorgungsanspruch allein geprägt ist, sondern mehr vom Erlebnis- und Unterhaltungswert für den Konsumenten.

Urban-Entertainment-Center: Wo Einkaufen zum Erlebnis wird

Der neueste Trend im Einzelhandel heißt also nicht mehr „Smart-Shopping“ in Schnäppchenparadiesen a la FOC, sondern insbesondere „Entertainment“. In neuen Einkaufs- und Erlebniswelten, die analog zur US-amerikanischen Handelsszene als „Urban Entertainment-Center“ (UEC) bezeichnet werden, verschmelzen Shopping und Freizeit mehr und mehr zu einem Gesamterlebnis mit Unterhaltungscharakter. Statt auf „Bedarfsdeckung“ zielen die neu konzipierten Konsum- und Unterhaltungseinrichtungen als Kombi-Formen von Freizeitvergnügen und Einkaufserlebnis allein auf „Bedarfsweckung“ ab.
ie schaffen Anreize zu Impulskäufen vor allem höherwertiger Güter und setzen auf den Spaß an einem inszenierten, erlebnisorientierten Einzelhandel in Verbindung mit Unterhaltungs- und Freizeitangeboten.
Und da der Einzelhandel wie auch die Freizeitwirtschaft Innovationen und Investitionen vor allem dorthin lenken, wo Kaufkraft und Kundenfrequenz vorhanden sind, entstehen die neuen Einkaufs- und Erlebniswelten bevorzugt in städtischen Ballungsräumen und urbanen Zentren.
Auch wenn es klassische Vorbilder in den USA (z.B. Universal City Walk / Los Angeles, Forum Shops / Las Vegas, Fisherman`s Wharf / San Francisco etc.) und auch erste Ansätze für UEC-Projekte in Deutschland gibt (so mag das „CentrO-Oberhausen“ als ein Vorläufer für UEC gelten), ist eine exakte Definition vor dem Hintergrund vielfältiger Verwendungen des Begriffs schwierig. Folgt man der Begriffsbestimmung des Urban Land Institutes sind UEC eine neue Form von Shopping-Centern mit Unterhaltungsschwerpunkt, die als Kombination von Unterhaltung und Erlebnis, Einkauf, Gastronomie und Wellness eine komplexe Vernetzung von Freizeit-, Handels- und Dienstleistungsnutzungen im Rahmen eines homogenen Gesamtkonzepts darstellen. Von der Grundphilosophie her handelt es sich um eine Übertragung des Shopping-Center-Gedankens auf den unterhaltungsorientierten Freizeitbereich.

Ansätze in Deutschland

UEC sind, wenn man die Entwicklungen und Planungen in Deutschland verfolgt, aber alles andere als schematisierte Gebilde. Die Beispiele reichen von innerstädtischen Einkaufs- und Freizeit-Centern wie den Postdamer-Platz-Arkaden und dem Sony-Center in Berlin über sogenannte „Brand-Parks“ wie der VW-Autostadt in Wolfsburg oder dem Freizeitpark „Opel-Live“ in Rüsselsheim (der geschlossen wurde) bis hin zu speziellen, thematisch ausgerichteten Erlebnisparks wie dem geplanten ZDFMedienpark in Mainz, dem Space-Park in Bremen, dem Ocean-Park in Bremerhaven oder der Warner-Brothers-Movie-World in Bottrop.
Wie in den USA lassen die jüngsten Projekte in Deutschland zugleich erkennen, dass neue Shopping- und Entertainment-Center auch oder gerade in Verbindung mit Erlebnisgastronomie immer stärker auf bestimmte Themen ausgerichtet werden (z.B. Film und Medien, Autotechnik und -sport, Raumfahrt, Meer und Unterwasserwelten etc.). Gerade in den USA, allen voran in Las Vegas, finden sich zahlreiche Beispiele für thematisch gestaltete Einkaufs- und Vergnügungswelten, die als perfekt inszenierte Kulissenlandschaften ein wahrer Wallfahrtsort für Freizeitforscher und Projektentwickler sind.
Die Konzepte von neuen UEC klingen durchaus verheißungsvoll. So werden UEC häufig als Hoffnungsträger für eine Revitalisierung der Innenstädte angesehen. Spektakuläre Großprojekte wie das „Ufo“ in Dortmund oder die Bahnhofsprojekte in Frankfurt und Stuttgart versprechen städtebauliche Impulse und nachhaltige Belebungseffekte für die zentralen Großstadträume (wenn sie denn realisiert werden). Während die traditionellen Einkaufszentren eher als monoton und austauschbar gelten, tragen UEC mit einem stärker individuell geprägten Erlebnisangebot zur Profilierung und Positionierung einer Stadt bei, erhöhen die Besucherfrequenz und den Einzugsbereich, schaffen Synergieeffekte für Handel und Gastgewerbe und steigern den wirtschaftlichen Erfolg des gesamten Standortbereichs.

UEC als Herausforderung für die Planung und Stadtentwicklung

So vielversprechend die Entwicklung von UEC teilweise gesehen wird, muss man jedoch davon ausgehen, dass nicht alle UEC dem Anspruch als „Urban-Centers“ gerecht werden. Innerstädtische Grundstücks- und Mietpreise, mangelnde Expansionsflächen (auch für ergänzende Outdoor-Aktivitäten) und beschränkte Verkehrskapazitäten in den Stadtzentren sind zwangsläufig limitierende Faktoren für die Integration von UEC an zentral gelegenen „urbanen“ Standorten, wenn man von innerstädtischen Konversions- oder Brachflächen einmal absieht (z.B. Bahn- oder Postgelände).
Daher werden Investoren und Betreiber von UEC ihr Augenmerk zwangsläufig auch auf periphere und verkehrlich gut erreichbare Standorte lenken, was im Freizeit- und Unterhaltungssektor letztlich eine ähnliche Problematik aufwirft, wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf der Grünen Wiese. Auch in diesem Segment der Freizeitwirtschaft ist daher mit einer „Dezentralisierung der Zentralität“ zu rechnen, also einer Verteilung auf das Umland der Städte. Dies stellt Stadt- und Raumplaner vor die Frage, welche Leitbilder und Standortkonzepte unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen
Stadtentwicklung bei handels- und freizeitorientierten Großprojekten künftig verfolgt werden sollen.

Da man davon ausgehen muss, dass UEC als „Hochfrequenzimmobilien“ auf eine große Marktdurchdringung und weitreichende Einzugsgebiete angewiesen sind, berührt die Frage geeigneter Standorte zudem nicht nur das Spannungsfeld zwischen City und Peripherie, sondern gleichermaßen auch den Wettbewerb zwischen benachbarten Zentren. Attraktive Großprojekte werden auf zentrale Orte in einem weiteren Umfeld ausstrahlen und somit ggf. die Versorgungs- und Dienstleistungsausstattung von Nachbarstädten beeinträchtigen.
Auch unter städtebaulichen Gesichtspunkten sind UEC-Projekte sorgfältig zu prüfen und abzuwägen. Da eine außerordentlich hohe Innovationsdynamik quasi ein immanenter Wesenszug von UEC ist und mit schnell wechselnden Trends bzw. kürzeren Innovationszyklen gerechnet werden muss, ergibt sich die Frage nach der Risiko-Abschätzung entsprechender Vorhaben sowie nach der Bestandsdauer entsprechender Projekte und damit auch nach der Nachhaltigkeit entsprechender Planungskonzepte. Auch kann bereits heute in bestimmten Freizeitsegmenten eine Marktsättigung und ein beginnender Verdrängungsprozess festgestellt werden, bspw. bei Großkinoeinrichtungen wie den Multiplex-Cinemas oder auch bei den Musical-Theatern, wenn man etwa an die Krise des Stella-Musical-Konzerns denkt. Da Multiplex-Kinos oder Musical-Theater teilweise eine „Anker- oder Frequenzbringerfunktion“ erfüllen, sind UEC gerade in diesem Bereich durchaus konkurrenzanfällig und latent existenzgefährdet.
Da die Funktionalität von Freizeit- und Unterhaltungsimmobilien zudem eher auf eine hochspezialisierte Nutzung ausgerichtet ist, sind alternative Nutzungsmöglichkeiten („Zweitnutzungen“) in der Regel begrenzt. Ein Multiplexkino oder eine Musical-Halle wird sich also im Falle eines wirtschaftlichen Misserfolges nicht ohne weiteres einer neuen Verwendung zuführen lassen. Daher ist bei der Entscheidung über UEC-Projekte mit in Erwägung zu ziehen, dass sich die Immobilie bei einer verkürzten Lebensdauer eines Projekts nur mit beträchtlichem Aufwand reaktivieren bzw. einer andersartigen Nutzung zuführen lässt. In Las Vegas werden Probleme mit ausgedienten Immobilien durch ein Sprengkommando gelöst, wo Bauen und Planen von vorneherein nicht „auf die Ewigkeit“ angelegt sind. Wenn dort ein altes Spielcasino oder ein Mega-Hotel-Resort implodiert, schafft dies vielmehr Freiräume für neue, größere und innovativere Projekte, mit denen die Urban-Entertainment-Center im Land der unbegrenzten Möglichkeiten letztlich ihre unaufhaltsame Entwicklungsdynamik entfalten
können.

Chancen und Risiken von UEC sind schwer einzuschätzen

Ob UEC vom Konzept her ein wirtschaftlicher Erfolg werden und sich die Mixtur von Handel, Unterhaltung und Gastronomie auch rechnet, ist sicherlich den Investoren und rojektentwicklern zu überlassen. Ob sie für die Stadt oder Gemeinde, in denen sie ihren Standort finden, zum Erfolg werden, also neue Arbeitsplätze schaffen, Wachstumsbereiche erschließen und die vitalen Funktionen einer City beleben, oder sich ggf. auf die Funktions- und Entwicklungsfähigkeit der Innenstadt kontraproduktiv auswirken (Verdrängung vorhandener Nutzungen, städtebauliche Brachen), bleibt der Bewertung und Entscheidung der Planungsträger überlassen. Sicherlich kann weder das öffentliche noch das unternehmerische Risiko, das mit der Planung, Errichtung und dem Betrieb von UEC verbunden ist, gänzlich ausgeschlossen werden. Es sollte aber durch breite Information und enge Kooperation zwischen Projektträgern und Planern weitgehend minimiert werden. Um es kurz zu sagen: Wie bei Einzelhandelsgroßprojekten geht es auch bei den UEC letztlich um den „richtigen“ Standort und die „richtige“ Dimension derartiger Einrichtungen. Diese zu finden, stellt die Planungsbeteiligten vor eine besondere Verantwortung. Gelingt eine städtebaulich erstrebenswerte Integration, kann die Entwicklung neuer Formen von Freizeitcentern durchaus zum Hoffnungsträger für die Innenstädte werden.

Shopping- und Urban-Entertainment-Center im Vergleich

Urban-Entertainment-Center Shopping-Center
Dimension z.Z. werden überwiegend Großprojekte mit 25-50.000 qm Fläche realisiert bzw. geplant (je nach Art der Freizeitgroßeinrichtungen; hinzu kommen mitunter größere Flächenareale im Außenbereich; die VW-Autostadt in Wolfsburg wirbt z.B. “mit dem großen Abenteuer für Geist und Sinne auf über 250.000 qm Fläche!); ggf. sind UEC aber auch mit wenigen tausend qm Grundfläche denkbar.
1990 gab es in Deutschland knapp 100 S.C., heute rund 280 in unterschiedlicher Größenordnung (Durchschnittsgröße ca. 33.000 qm); sehr differenzierte Konzepte von größeren Innenstadtcentern (z.B. Bahnhof Leipzig, ca. 36.000 qm Verkaufsfläche) oder kleineren Stadtteilcentern bis hin zu großdimensionierten peripheren Einkaufszentren (z.B. Saale-Park in Halle mit rund 90.000 qm Verkaufsfläche)
Flächennutzung Klassische UEC-Vorbilder in den USA nutzen ca. zwei Drittel der Fläche für Entertainment bzw. Freizeiteinrichtungen und Themenrestaurants; im verbleibenden Drittel für den Einzelhandel werden ca. 60% des Gesamtumsatzes erzielt (je 20% entfallen auf Entertainment und Gastronomie) Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Einzelhandelsnutzungen mit ergänzenden gastronomischen Einrichtungen (ca. 10 %); bei den Leitbetrieben handelt es sich i.d. Regel um großflächige
Einzelhandelsbetriebe
Mietermix Freizeit- und Unterhaltungseinrichtungen, Erlebnisgastronomie, Einzelhandel (eher kleinteilige Ladenstruktur, tendenziell höherwertiges
Angebot); teilweise ergänzen auch Hotels und Kongresszentren das Angebot
Einzelhandel verschiedener Branchen; Mix aus Kaufhäusern sowie überwiegend filialgeführten Fachgeschäften bzw. Boutiquen (Schwerpunkt Textilien); ergänzend Gastronomie (Schnellgastronomie)
Ankermieter Multiplex-Kinos, Musical-Theater oder Großdiscotheken Kauf- und Warenhäuser
Einzugsbereich In einer Entfernung von ca. 30-60 Minuten Fahrzeit sollte ein Einzugsgebiet von mindestens 1 Mio. Einwohner abgedeckt werden (der Space-Park als Raumfahrts- und Science-Fiction-Themen-Park in Bremen erwartet ca. 2,3 Mio. Touristen und über 10 Mio. Einzelhandelskunden pro Jahr) Je nach Größenordnung lokaler, regionaler oder überregionaler Einzugsbereich (das CentrO-Oberhausen mit 70.000 qm Verkaufsfläche rechnet bspw. mit 30 Mio. Besuchern im Jahr; im Umkreis von 60 Minuten Fahrzeit leben 15 Mio. Menschen)
Aufenthaltsdauer ca. 2-5 Stunden Max. 2 Stunden
Zielgruppen Hauptzielgruppe ist die Altersklasse der 15-45-jährigen, Kernzielgruppe
stellen die 15-39-jährigen dar
Keine klare oder spezifische Zielgruppenorientierung
Besucher-
Motivation
Im Vordergrund stehen Freizeitaktivitäten und Unterhaltung; Einkäufe
erfolgen weniger zielgerichtet, sondern eher spontan
Vergleichsweise zielgerichteter Einkauf