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„Wem das Thema Ausbildung wichtig ist, der sollte sich als Prüfer engagieren"
Leistungen in der beruflichen Ausbildung sowie der beruflichen Qualifizierung müssen bewertet werden. Um zu gewährleisten, dass im selbstverwalteten beruflichen Ausbildungswesen alle Abläufe gut funktionieren, ist eine ehrenamtliche Tätigkeit als Prüferin oder Prüfer unerlässlich. Die Prüfertätigkeit ist ein wichtiger Pfeiler bei der beruflichen Qualifizierung.
Im Porträt werben drei erfahrene Prüfende bei der IHK Ostwürttemberg für ihr enorm wichtiges Tun. Sie geben neben den beruflichen Inhalten auch Werte und soziale Kompetenzen an die große Zahl von Prüflingen weiter. Sie geben Einblicke in ihre interessante Tätigkeit neben ihrem Beruf.
Armin Groll ist Ausbildungsleiter bei Gardena in Niederstotzingen. Dort hat er es bei seiner Arbeit mit rund 50 Auszubildenden zu tun.
„Aufgrund meines eigenen Werdegangs wurde ich von meinem Arbeitgeber und der IHK gut auf die Aufgabe als Prüfer vorbereitet“,
sagt der 59-Jährige, der seit rund 18 Jahren hilft, Prüfungen im Bereich Ausbildung abzunehmen.
Über eine Weiterbildung wurde er selbst zum Meister ausgebildet und hat sich in die Abläufe der gewerblich-technischen Ausbildungsgänge, die Gardena anbietet, reingekniet. Er macht deutlich:
„Ich bin stolz darauf, dass ich an der Weiterentwicklung der dualen Ausbildung mitwirken kann.“
Heidrun Schmidt blickt ebenfalls auf eine langjährige Prüfertätigkeit zurück. Die gelernte Bankkauffrau und Bankbetriebswirtin hat nach einer Dozententätigkeit bei der Deutschen Angestellten Akademie (DAA) als Prüferin im Bereich der Ausbildereignungs-Verordnung (AEVO) und Bankkaufleute bei der IHK begonnen.
„Das berufliche Fachwissen muss präsent sein. Es hilft, wenn man selbst im Bereich der Ausbildung tätig ist. Routine und eine solide Wissensbasis sind die Voraussetzungen, um sich als Prüfer oder Prüferin gut einzufinden“,
sagt sie. Bei der BW Bank in Aalen betreut Heidrun Schmidt die angehenden Bankkaufleute.
„Es macht Spaß, zu sehen, wie sich junge Menschen im Beruf entwickeln.“
Dritter Werber für die Prüfertätigkeit bei der IHK Ostwürttemberg ist Martin Bosch. Der Küchenchef der „Linde“ in Heidenheim, der sich beim Landesverband der DEHOGA als Vorsitzender für die Berufsausbildung engagiert, ist seit 15 Jahren als Prüfer in den Gastronomie- und Hotellerieberufen Köche, Hotelfachleute, Fachpraktiker Küche und der Küchenfachkräfte tätig.
„Den Servicebereich lasse ich außen vor“, schmunzelt er. „Ich habe zunächst als Gastprüfer bei den Köchen angefangen. Man muss sich einfach trauen, Prüfer zu werden“,
sagt er. Inzwischen ist seine Expertise auch andernorts gefragt. Als Vertreter Ostwürttembergs sitzt Martin Bosch im Berufsbildungsausschuss der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Berlin.
In mehreren Prüfungsausschüssen
Armin Groll erinnert sich an die jüngst abgenommenen Prüfungen. Er sitzt in gleich drei Prüfungsausschüssen, in denen neben Vertretern aus den Unternehmen auch Lehrer aus den Berufsschulen sowie Prüfer aus den Arbeitnehmervertretungen sitzen: Groll prüft Industriemechaniker, Kunststoff- und Kautschuktechnologen sowie Maschinen- und Anlagenführer. Er sieht die Prüfungen als Herausforderung: Nicht nur für sich selbst, sondern auch zunehmend für die Prüflinge. Manchmal leide die Motivation bei den Prüflingen. Die Prüfungen stellen bei einigen der jungen Menschen eine große Herausforderung dar.
„Da gilt es, Vertrauen zu schaffen und die Angst vor einem Scheitern zu nehmen“,
sagt er. Das traut man Armin Groll zu. Er strahlt Ruhe aus, wenn er einem lächelnd gegenübersitzt – wie jetzt beim Gespräch. Seiner Beobachtungsgabe entgeht nichts – weder Nervosität noch falsche Lösungsansätze bei Prüfungen.
„Es macht mir Spaß, junge Menschen zu motivieren und anzuleiten.“
Was muss ich mitbringen als Prüfender?
Die Eignung als Prüferin oder Prüfer ist zentraler Punkt bei der ehrenamtlichen Tätigkeit. Dabei werden potenzielle Prüferinnen und Prüfer durch die IHK Ostwürttemberg unterstützt. Regelmäßig werden Schulungen angeboten, um Neulingen den Einstieg sanfter zu gestalten. Hinzu kommt der Einstieg als Gastprüfer, bei dem die wichtige Tätigkeit für die berufliche Qualifizierung „geschnuppert“ werden kann.
„Ich war jeweils einmal im Bereich AEVO sowie bei den Bankkaufleuten als Gastprüfer dabei“,
erinnert sich Heidrun Schmidt. Für sie sind Eigenschaften wie Objektivität und Selbstreflexion wichtig für die Prüfertätigkeit.
„Man muss persönliche Eindrücke ausblenden und sich ein Stück weit zurücknehmen, um sich auf das Fachliche und Faktische zu konzentrieren“,
beschreibt sie die Situation während der Prüfung. Martin Bosch ergänzt:
„Die Hilfestellung seitens der IHK ist essentiell. Wir arbeiten Hand in Hand, wenn es um das immens wichtige Thema Aus- und Weiterbildung geht.“
Kontaktpflege unter den Prüfenden
Martin Bosch freut sich inzwischen auf die nächsten Prüfungen. Denn:
„Der Austausch mit Kollegen aus anderen Betrieben ist mir wichtig und bringt auch für das eigene Arbeiten enorm viel. Deshalb fände ich es gut, wenn viele neue Prüfer hinzukommen würden, damit es noch mehr Austausch und gegenseitige berufliche Befruchtung gibt“,
sagt Martin Bosch.
„Wem das Thema Ausbildung wichtig ist, der muss sich auch als Prüfer oder Prüferin engagieren.“
Heidrun Schmidt pflichtet bei:
„Im Prüferteam findet ein Matching statt. Man findet sich und pflegt die Kontakte. Das ist auch fürs eigene Unternehmen und die Arbeit mit den Auszubildenden im eigenen Unternehmen wichtig.“
Mit einigen Prüferkolleginnen und -Kollegen ist sie in regem Austausch, sogar private Kontakte hätten sich daraus ergeben, Heidrun Schmidt spricht gerne von „einer Erweiterung des persönlichen Horizonts“.
„Das Verhältnis unter uns Prüfern ist gut. Ich schätze den intensiven Austausch mit Kollegen aus anderen Betrieben und Branchen. Ich habe für die Gewinnung Auszubildender viel gelernt bei Kollegen“,
attestiert auch Armin Groll.
Herausforderungen stellen häufig Neuordnungen bei Prüfungsinhalten und Berufsbildern dar.
„Eine Umstellung ist mit größerem Aufwand verbunden. Aber es bringt einen in seinem Tun auch weiter. Gemeinsam mit der IHK werden Lösungen aufgezeigt und ein einheitliches Vorgehen festgelegt. Dabei mitzuwirken, ist auch wichtig fürs eigene Unternehmen, da daraus Impulse für die Ausbildungsabteilung resultieren“,
sagt Armin Groll. Er schätzt dabei auch den Mix aus Vertretern kleinerer und größerer Unternehmen. Groll:
„Die Blickwinkel sind manchmal verschieden.“
Auch Martin Bosch hinterfragt kritisch manche Neuordnung. Im Miteinander von Betrieben, der Kammer und den Berufsschulen würden aber gute Lösungen gefunden
Veränderte Rahmenbedingungen
Heidrun Schmidt blickt zurück auf ihre Prüfertätigkeit.
„Der Umgang mit Kunden ist vor allem im Dienstleistungsbereich wichtiger geworden. Das spiegelt sich auch in der Prüfungssituation. Die Prüfungen haben sich von einer reinen Wissensabfrage hin zu einem Verkaufsgespräch entwickelt, in dem fachliche Inhalte einfließen“,
beschreibt sie. Skills wie Teamfähigkeit oder praktischer Umgang mit Menschen und das empathische Näherbringen von fachlichen Inhalten ist wichtiger geworden.
„Prüfungen müssen für die Prüflinge leistbar sein. In unserem Bereich hat fast jeder zweite Azubi einen Migrationshintergrund. Da braucht es Möglichkeiten, auch schwächere Bewerber nicht zu überfordern. Das gelingt im Zusammenspiel aller Akteure auch“,
betont Martin Bosch.
„Es ist spannend, diese Vielfalt zu erleben.“
Kurioses und Bemerkenswertes
Martin Bosch macht es glücklich, dass er häufig Dankbarkeit seitens der Prüflinge erfährt.
„Das ist eine tolle Bestätigung meiner Tätigkeit.“
Es sei auch befriedigend, wenn noch „Last-minute-Vermittlungen“ gelängen – wie jüngst das Ausbildungsverhältnis eines Ukrainers über ein Probepraktikum als Koch.
„Das macht die Prüfertätigkeit einfach kostbar – auch wenn Jahre später ehemalige Prüflinge mit Freude von der zurückliegenden Prüfung sprechen“,
sagt Martin Bosch.
Heidrun Schmidt berichtet ebenfalls Kurioses. Bei einer Prüfung kam ein Prüfer in den Ausschuss dazu, dem sie vor Jahren die Prüfung abgenommen hatte.
„Das war eine nette Begebenheit, weil man sofort miteinander im Gespräch war und eine Basis hatte“,
erzählt sie.
Und Armin Groll freut es durchaus, wenn er auf der Straße von ehemaligen Prüflingen erkannt und angesprochen wird.
„Auch wenn ich mich aufgrund der Vielzahl von Prüfungen manchmal nicht erinnern kann, fühle ich mich dadurch wertgeschätzt.“
Kontakt
Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg
Ludwig-Erhard-Straße 1
89520 Heidenheim
Tel. 07321 324-0
Fax 07321 324-169
zentrale@ostwuerttemberg.ihk.de
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