Vorsicht Falle

Angebote von Adressbuchverlagen

Diese Masche ist leider seit Jahrzehnten weiter erfolgreich: Immer wieder neue Adressbuchverlage versenden massenhaft als Rechnung getarnte Angebotsformulare an Gewerbetreibende. Dem Empfänger wird damit eine Zahlungsverpflichtung für eine Handelsregistereintragung vorgetäuscht. Oder es wird der Eindruck eines bereits geschlossenen Anzeigenvertrages oder auch eines kostenlosen Eintrags erweckt. Erst der Blick ins Kleingedruckte bringt es an den Tag. Der Vertrag kommt erst durch Bezahlen der geforderten Summe oder Rückübersendung des Formulars zu Stande.

1. Es gibt verschiedene Varianten von Angebotsschreiben oder Formularen. Viele erwecken durch die gesamte Aufmachung den Eindruck einer Rechnung. Insbesondere war bei einem Beispiel in großen roten Lettern die Überschrift ”Ihre Rechnung” zu lesen.
Diese Adressbuch-Masche, manche nennen es  auch "Adressbuchabzocke"  oder sogar (gegebenenfalls überzogen) "Adressbuchschwindel", wird seit Jahren von der Wirtschaft beklagt. Es gehört zu den offenbar nicht ausrottbaren Methoden des unseriösen Kundenfangs, mit der sehr lukrative Gewinne zu erzielen sind.
Bevorzugte Opfer der unseriösen Adressbuchverlage sind insbesondere Existenzgründer und junge Unternehmen, die erst vor kurzem in das örtliche Handelsregister eingetragen worden sind. Diese Eintragungen werden, so schreibt es das Gesetz vor, zentral im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Aus diesem entnehmen dann die Adressbuchfirmen die Daten und schreiben die Unternehmen an. Dabei wird häufig ein Ausschnitt der Handelsregisterveröffentlichung mitübersandt und so der Eindruck erweckt, eine öffentliche Stelle sei Absender der Rechnung. Zumindest versuchen die Anschreiben durch die Wortwahl und äußere Gestaltung einen offiziellen oder amtlichen Eindruck zu erwecken.
Die Abrechnung der Bekanntmachungskosten von Eintragungen oder Veränderungen im Handelsregister werden jedoch tatsächlich ausschließlich von den Amtsgerichten in Rechnung gestellt. Der Bundesanzeiger, in dem die Veröffentlichung erfolgt und andere Veröffentlichungsblätter, wie Tageszeitungen, erstellen selbst keine Rechnungen.

Die Werbemethode setzt an den Schwachstellen eines Betriebes an. Häufig werden die rechnungsähnlichen Angebotsformulare während der Urlaubszeit in die dann oftmals unterbesetzten Buchhaltungen gesandt. Dabei rechnen die Versender damit, dass die Zahlungen ohne genauere Prüfung angewiesen werden, da sich die Kosten für eine Eintragung in die Verzeichnisse in der Regel auf geringere Beträge belaufen und der Angebotscharakter nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Falls die Verzeichnisse überhaupt erscheinen, sind sie meist wertlos, da die Eintragungen oft wahllos sind und zum Beispiel ohne Sortierung nach Branche oder Sitz des Unternehmens erfolgen.

Eine andere Masche des Kundenfangs ist die Versendung von Formularen über den Abschluss eines Anzeigenvertrages. In diese Formulare werden Anzeigentexte aus anderweitig veröffentlichten, von den angeschriebenen Unternehmen tatsächlich bei einem anderen Anbieter in Auftrag gegebenen Werbeanzeigen, montiert. Der flüchtige Leser erkennt seine eigene alte Werbeanzeige und bemerkt gegebenenfalls nicht, dass er mit seiner Unterschrift nicht nur den richtigen Text der Anzeige bestätigt (zum Beispiel "Korrekturabzug für eine Wiederveröffentlichung"), sondern einen neuen Anzeigenvertrag mit einem ganz anderen Unternehmen unterschreibt.

Seit der Verbreitung des Internets wird noch eine weitere Variante praktiziert, bei der die Aufnahme in ein Online-Gewerbeverzeichnis angeboten wird. Es wird darum gebeten, Firmen- und Adressdaten ("Basisauskunft") zu korrigieren beziehungsweise zu ergänzen. Durch die Übersendung eines wie ein Korrekturabzug gestaltetes Formulars entsteht auch leicht der Eindruck, dass bereits ein Eintrag besteht, beziehungsweise eine Geschäftsbeziehung schon existiert. Da viele Anbieter Grundeinträge im Internet kostenlos veröffentlichen, nehmen viele Adressaten solcher Offerten an, dass, wie für das Internet typisch, nur eine kostenlose Eintragung bestätigt wird.  Eine Vormarkierung einer der offerierten kostenpflichtigen Alternativen durch einen nicht auffälligen Punkt wird leicht übersehen. Oft wird im Schreiben nur ein niedrig klingender monatlicher Preis (undeutlich "mtl.") betont, der Hinweis auf die Mindestvertragslaufzeit über 2 oder mehr Jahre jedoch in den allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt. Häufig weisen die veröffentlichten Verzeichnisse selbst für Großstädte nur sehr wenige Eintragungen, teils im zweistelligen Bereich, auf. Sie sind somit zur Information für Gewerbetreibende und Endkunden zumeist unbrauchbar.

Das Versenden rechnungsähnlich aufgemachter oder durch missverständliche Formulierungen täuschender Angebotsformulare (zum Beispiel ähnlich eines Korrekturabzugs) stellt nach ständiger Rechtsprechung einen Wettbewerbsverstoß wegen irreführender, sittenwidriger Werbung dar. Selbst wenn der größte Teil des angesprochenen Verkehrs einer beabsichtigten Fehlvorstellung gar nicht unterliegt, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Formulars werde lediglich eine Aktualisierung der Eintragungsdaten im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, kann eine darauf ausgerichtete Vorgehensweise als Verstoß gegen Paragraf 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) einzustufen sein, egal wie hoch die dabei erzielte Irreführungsquote ist. Darüber hinaus kann auch die Beitreibung von vermeintlichen Rechnungsforderungen nach der Akquisition gutgläubiger Kunden wettbewerbswidrig sein.
Die Branchenbuchmasche als ausschließlich wettbewerbswidrige gewerbliche Tätigkeit kann auch den Vorwurf der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit begründen und kann die Gewerbeuntersagung zur Folge haben.

Dagegen ist die strafrechtliche Bewertung sehr umstritten. Die Staatsanwaltschaften und Gerichte verneinen das Vorliegen des juristischen Straftatbestandes des Betrugs oft, da der aufmerksame Empfänger den Angebotscharakter der Formulare erkennen kann. Vielfach wurden deshalb Strafverfahren eingestellt. Es sind jedoch auch einige Strafurteile wegen Betruges gegen Adressbuchschwindler ergangen. In den verurteilten Fällen wurde eine Täuschung und damit ein Betrug gesehen, da der Versender für seine Formulare nicht die allgemeinübliche Form für ein werbendes Angebot, sondern das typische Aussehen einer Rechnung für einen bereits erteilten Auftrag gewählt hat. Betont wird in der Rechtsprechung jedoch stets, dass es sowohl bei wettbewerbsrechtlichen als auch der strafrechtlichen Beurteilung auf den Einzelfall, also auf die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Formulare ankommt.

Dasselbe gilt auch für die Bewertung derartiger Versandaktionen aus zivilrechtlicher Sicht. Manche Gerichte hielten einige Angebotsschreiben für irreführend und täuschend und verneinten eine Zahlungsverpflichtung gegenüber unseriös handelnden Adressbuchverlagen. Auch durch eine Zahlung soll in diesem Fall kein Vertrag zustande kommen, wenn sie auf dem Irrtum beruht, es bestehe bereits eine Zahlungspflicht. Insbesondere wenn der Adressat eine  Anfechtung seiner Erklärung erklärt hatte, haben Gerichte Zahlungsansprüche abgelehnt und Zahlungsklagen einiger Adressbuchanbieter abgewiesen. Andere Gerichte hielten allerdings dieselben Erklärungen für rechtswirksam und haben Zahlungsansprüche bejaht.

Im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung können die Urteile Landgericht Köln, Urteil vom 26.9.2007, 9 S 139/07 und OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. Februar 2012, I-20 U 100/11 als Argumentationshilfe geeignet sein. Darin hat das Landgericht eine Zahlungsverpflichtung für eine Aufnahme in ein Verzeichnis wegen erklärter Anfechtung und anderer rechtlicher Mängel mit sehr eingehender Begründung abgelehnt. Ähnlich auch:  LG Hamburg, Urteil vom 14. Januar 2011, 309 S 66/10 und LG Offenburg, Urteil vom 15. Mai 2012, 1 S 151/11.
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2. Was kann man tun, wenn man sich getäuscht fühlt?

Der Betroffene sollte in jedem Fall einen ungewollt erteilten Auftrag per Einschreiben wegen arglistiger Täuschung anfechten (siehe unten ) und vorsorglich gleichzeitig die Kündigung erklären, um die Zusendung von Folgerechnungen für einen gegebenenfalls mit Unterzeichnung des Formulars versehentlich erteilten Mehrfachauftrag zu vermeiden und dann abwarten. Bereits bezahlte Geldbeträge sollten unter Fristsetzung zurück gefordert werden. Ein noch nicht ausgeführter Überweisungsauftrag kann über die Hausbank gestoppt werden. Ist bereits bezahlt worden, lohnt es sich auch, mit der Empfängerbank Kontakt aufzunehmen. Dabei ist es empfehlenswert schnell zu reagieren, da unseriöse Adressbuchverlage teilweise täglich die Gelder von ihren Konten abbuchen.

Auch wenn der Irrtum erst zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt wird, beispielsweise wenn eine Folgerechnung hereinflattert, kann der Betroffene den Vertrag immer noch anfechten.
Durch Eingabe entsprechender Suchbegriffe Adressbuch Abzocke oder Masche in eine Suchmaschine finden sich im Internet noch weitere Informationen zum Thema. Dort gibt es neben Listen mit den Namen aktuell auftretender, einschlägiger Unternehmen auch Berichte zu der Vorgehensweise, den Beteiligten und zum Teil auch gerichtliche Entscheidungen zu den verschiedenen Aktionen.

3. Seit Jahren bemüht sich die IHK die Wirtschaft gegen derartige Machenschaften zu schützen. Zur Bekämpfung des Adressbuchschwindels arbeitet die Industrie- und Handelskammer seit langem mit dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (DSW) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sehr kooperativ zusammen. Schwierigkeiten bereitet dabei die Tatsache, dass ständig neue Adressbuchanbieter den Markt überschwemmen.
In unserem Hause eingehende Beschwerden werden an den DSW weitergeleitet. Der Schutzverband fordert die unseriösen Unternehmen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf und leitet gegebenenfalls gerichtliche Schritte ein, unter Umständen wird sogar Strafanzeige gestellt.
Da die Adressbuch- beziehungsweise Anzeigenmasche ein schnelllebiges Geschäft ist und sich viele Verantwortliche durch Neugründungen gerichtlichen Repressionen entziehen, ist leider nicht davon auszugehen, dass diese Methode in absehbarer Zeit vollständig Einhalt geboten werden kann. Umfassende Aufklärung aller Unternehmen ist daher von großer Bedeutung.
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Muster einer Anfechtungserklärung

Sehr geehrte Damen und Herren,

(Falls zutreffend: ich habe unter dem Eindruck einer Zahlungsverpflichtung den Betrag von ...... € an Sie gezahlt. Mit dieser Zahlung ist kein Vertragsschluss rechtswirksam zustande gekommen.) 

Hiermit fechte ich meine Erklärung vom .... wegen arglistiger Täuschung an.
Mit Ihrem bewusst täuschend formulierten und gestalteten Formularschreiben vom .... haben Sie in irreführender Weise den Eindruck vermittelt,
es bestehe bereits ein Vertragsverhältnis mit Zahlungsverpflichtung und es handele sich nicht lediglich um ein Angebot.
(oder (bitte unzutreffendes streichen) es gehe um eine kostenlose Eintragung von Informationen im Internet (oder einem anderen Medium)  und ich brauche die vorhandenen Daten lediglich zu ergänzen bzw. zu berichtigen.)
Die gesamte Aufmachung hat verschleiert, dass es tatsächlich um ein Angebot auf Abschluss eines neuen Vertragsverhältnisses mit Zahlungsverpflichtung gehen sollte. Der Angebotscharakter war für mich jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar. Ein wirksamer Vertrag liegt damit auch wegen Sittenwidrigkeit nicht vor.
Ich fordere Sie daher auf, die von mir geleisteten Zahlungen unverzüglich, spätestens bis zum ..... auf mein Konto ............ zurückzuerstatten. Rechtliche Schritte gegen Sie behalte ich mir ausdrücklich vor.
Höchst vorsorglich kündige ich den Vertrag mit sofortiger Wirkung.
Mit freundlicher Genehmigung der IHK Ostwürttemberg
Dieser Artikel soll – als Service Ihrer IHK Ostwürttemberg – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl dieser Artikel mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.