Abmahnung - was nun?

Tipps für den Umgang mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen

1. Abmahnungen – Was ist das?

Wettbewerbsrechtliche Verstöße sind keine Seltenheit. Begeht ein Unternehmer einen Wettbewerbsverstoß, steht den Mitbewerbern, den Wettbewerbs- und Verbraucherschutzverbänden sowie den IHKs ein so genannter Unterlassungsanspruch zu. Dieser wird im Normalfall durch eine Abmahnung geltend gemacht.
Unter einer Abmahnung versteht man die Aufforderung, die entsprechende Handlung einzustellen. Diese ist verbunden mit der Aufforderung, eine Unterlassungserklärung und ein Vertragsstrafenversprechen abzugeben.
Mit der Möglichkeit, dass bestimmte Stellen und Personen wettbewerbsrechtliche Verstöße auf zivilrechtlichem Wege verfolgen dürfen, hat der Gesetzgeber das Instrument einer Selbstkontrolle innerhalb der Wirtschaft geschaffen. Es soll also nicht – wie in anderen Rechtsbereichen – eine Ordnungsbehörde eingreifen, sondern die Mitbewerber und Dritte sollen selbst den Wettbewerb beobachten.
1.1. Inhalt der Abmahnung
Eine typische Abmahnung hat folgenden Inhalt:
  • kurze Beschreibung des zu Grunde liegenden Sachverhalts;
  • rechtliche Begründung des angeblichen Wettbewerbsverstoßes;
  • Androhung gerichtlicher Schritte, falls die Unterlassungserklärung nicht oder nicht innerhalb der angegebenen Frist unterzeichnet wird;
  • Aufforderung, das Verhalten künftig zu unterlassen.
1.2. Unterlassungserklärung
Mit der Abmahnung wird der Adressat aufgefordert, innerhalb weniger Tage eine Unterlassungserklärung abzugeben. Damit kann der Abgemahnte vermeiden, dass der Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend gemacht wird. Eine Unterlassungserklärung wird nur dann anerkannt, wenn sich der Abgemahnte verpflichtet, den Wettbewerbsverstoß künftig nicht mehr zu begehen und im Fall der Zuwiderhandlung eine bestimmte Vertragsstrafe zu zahlen. Außerdem soll er die durch die Abmahnung entstandenen Kosten übernehmen.

2. Abmahnung – Was tun?

Das Schreiben nicht zu beachten, ist ebenso falsch wie die übereilte und ungeprüfte Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung. In jedem Fall muss schnell reagiert werden. Die Frist, innerhalb derer die Erklärung abzugeben ist, beträgt häufig nur wenige Tage. - in der Regel fünf bis vierzehn Tage. Nicht viel Zeit, um die Abmahnung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Eine Abmahnung darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da sie weit reichende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Der Abgemahnte sollte innerhalb der gesetzten Frist reagieren, da sonst der Erlass einer einstweiligen Verfügung bei hohem Streitwert droht (50.000 - 100.000 EUR sind keine Seltenheit). Mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren könnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung innerhalb weniger Tage entscheiden und den Verantwortlichen zur Unterlassung verurteilen. Nur selten lassen sich die Abmahnenden auf eine Fristverlängerung zur weiteren Prüfung ein. Im Zweifel sollte man sich daher schnellstmöglich bei der IHK, einem Berufsverband oder einem Fachanwalt Rat zu dem weiteren Vorgehen einholen.
Inhalt der Prüfung
Nach Erhalt der Abmahnung sollten insbesondere folgende Punkte geprüft werden:
  • Ist der vom Abmahner dargestellte Sachverhalt tatsächlich korrekt?
  • Liegt rechtlich ein Wettbewerbsverstoß vor?
  • Ist die Unterlassungserklärung hinsichtlich des Unterlassungsversprechens und der Vertragsstrafe richtig formuliert?
  • Ist der Absender berechtigt, abzumahnen?
a) Sachverhalt
Zuerst muss überprüft werden, ob sich die Sache tatsächlich so wie geschildert abgespielt hat. Ist dies nicht der Fall, sollte eine Klarstellung des tatsächlichen Sachverhaltes erfolgen.
b) Bei offensichtlichem Wettbewerbsverstoß
Soweit der wettbewerbsrechtliche Verstoß offensichtlich ist, sollte die Unterlassungserklärung abgegeben werden. Der Wettbewerbsverletzer ist bei einer berechtigten Abmahnung verpflichtet, die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (z. B. Anwaltskosten) zu zahlen. Wettbewerbsvereine können einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen, der ca. 150 bis 250 Euro betragen kann.
Abmahnungen durch Rechtsanwälte sind in der Regel kostenträchtiger, da diese Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erheben.
Durch die Abgabe der Unterlassungserklärung wird die Gefahr einer einstweiligen Verfügung oder Klage gebannt.
Folgeabmahnungen: Bei später eingehenden Folgeabmahnungen sollte der Abgemahnte dem Versender mitteilen, dass er bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hat und möglichst eine Kopie übersenden.
Einstellung der Werbung: Nach Abgabe einer Unterlassungserklärung müssen alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen werden, um das beanstandete Verhalten sofort zu unterbinden. Bei schuldhafter Wiederholung wird die Vertragsstrafe fällig. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang betont, dass je höher die Vertragsstrafe im Verhältnis zu dem gesicherten Anspruch ist, desto enger muss sich die Auslegung der Unterlassungserklärung am Wortlaut orientieren (BGH vom 13.03.2003, Az.: I ZR 281/01).
c) Bei Zweifeln am Inhalt der Abmahnung
Liegen Gründe vor, die Unterlassungserklärung nicht abzugeben (bspw. weil der Abmahnende nicht berechtigt ist oder kein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt), sollte der Empfänger den Abmahnenden schnellstmöglich darüber aufklären, dass er die Erklärung nicht unterzeichnen wird. Schweigt der Abgemahnte, signalisiert er, dass er eine außergerichtliche Auseinandersetzung ablehnt und muss mit einer einstweiligen Verfügung bzw. einem Gerichtsverfahren rechnen.
aa) kein Wettbewerbsverstoß:
Liegt kein Wettbewerbsverstoß vor, muss keine Unterlassungserklärung abgegeben werden. In Fällen, in denen ein Wettbewerbsverstoß zweifelhaft ist, kann auch der Abgemahnte die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der IHK anrufen. Damit können Wettbewerbsstreitigkeiten kostengünstig beigelegt werden. Damit ist allerdings die Gefahr einer einstweiligen Verfügung nicht ausgeräumt. Der Abgemahnte kann aber eine vorläufige Unterlassungserklärung abgeben, die bis zum Abschluss des Einigungsstellenverfahrens gültig ist. Näheres zur Einigungsstelle unter 5.
bb) Druckfehler:
Sollte eine Abmahnung auf eine - durch einen Druckfehler entstandene - wettbewerbswidrige Anzeige erfolgen, empfiehlt es sich, sofort den Abmahnenden anzuschreiben und eine Kopie des Anzeigenmanuskripts, die Reklamation bei der Zeitung und -soweit vorhanden - eine entsprechende Bestätigung der Zeitung beizufügen.
cc) Serienabmahnung:
Liegen Anhaltspunkte für eine Serienabmahnung vor, empfiehlt es sich Erkundigungen bei der IHK einzuholen, da diese ggf. durch ähnliche Anfragen weiterer Mitgliedsunternehmen oder früherer Erfahrungen mit Versendern über einen solchen Fall informiert ist. Es gibt nämlich leider immer wieder auch Abmahner, die den Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend machen. So z. B. in Form einer Serienabmahnung. D. h., dass von einem Versender viele Abmahnungen mit gleichem Inhalt an unterschiedliche Unternehmen gesendet werden, mit dem Ziel, die Gebühren/ Unkostenpauschalen für die Abmahnung zu kassieren bzw. später bei Zuwiderhandlung Vertragsstrafen geltend zu machen.
d) Bei Zweifeln an den Kosten der Abmahnung
Sofern zwar ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt, die Kosten aber zu hoch erscheinen, sollte der Empfänger die Unterlassungserklärung ohne Übernahme der Kosten abgeben. Es bleibt dann das Risiko, auf Kostenerstattung verklagt zu werden. Allerdings befindet sich der Abgemahnte bei einer Klage auf Kostenerstattung in einer wesentlich günstigeren Position, als in einem einstweiligen Verfügungsverfahren. Der Streitwert beruht hier nur auf den Abmahnkosten, ist also wesentlich geringer als der ursprüngliche Wettbewerbsstreitwert.

3. Abmahnberechtigte

a) Abmahnung durch Mitbewerber oder deren Anwälte
Zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ist berechtigt, wer konkreter Wettbewerber des Abgemahnten ist (§ 8 Abs. 3 UWG).
Konkreter Wettbewerber ist derjenige, der Waren gleicher Art vertreibt und tatsächlich in direkter Konkurrenz zu dem Abgemahnten steht.
Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis kann aber auch zwischen Branchen verschiedenen Unternehmen bestehen. Dies hat der Bundesgerichtshof bejaht zwischen einem Kaffeeröster und einem Dachverband der Blumenhändler, als der Kaffeeröster für sein Produkt mit dem Slogan warb: „Schenkt Kaffee statt Blumen”.
Bedient sich der Mitbewerber zur Abmahnung eines Rechtsanwaltes, sollte dieser gleichzeitig mit der Abmahnung eine Vollmacht vorlegen. Falls eine Vollmacht nicht vorgelegt wird, sollte der Abgemahnte den Rechtsanwalt zur Vorlage einer Originalvollmacht auffordern.
Der abmahnende Mitbewerber wird schließlich die Übernahme der Kosten fordern, die ihm durch Einschaltung eines Anwaltes entstanden sind. Zuvor ist jedoch zu prüfen, ob die Einschaltung des Rechtsanwalts erforderlich war. Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung kann die Einschaltung unberechtigt sein, wenn ein rechtlich einfacher Verstoß vorgelegen hat. In diesem Fall ist dem Abmahner zuzumuten, die Abmahnung persönlich vorzunehmen. Dies gilt auch, wenn der Abmahner wiederholt solche oder ähnliche Wettbewerbsverstöße abgemahnt hat.
b) Abmahnung durch Wettbewerbsvereine oder Verbraucherverbände
Von der Abmahnung durch einen Mitbewerber ist die Abmahnung durch einen Verein zu unterscheiden. Das Gesetz unterscheidet Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen (sog. Wettbewerbsvereine), § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, und Verbände für Verbraucheraufklärung und -beratung (sog. Verbraucherschutzverbände), § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.
Der Bundesgerichtshof hat sich bereits in mehreren Urteilen mit der Prozessführungsbefugnis von Wettbewerbsvereinen auseinandergesetzt. Danach werden für Wettbewerbsvereine folgende Kriterien aufgestellt, die für die Annahme der Prozessführungsbefugnis erfüllt sein müssen:
  • Der Verein muss nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahren, insbesondere unlauteren Wettbewerb bekämpfen. Fehlt es in der Satzung bereits an dieser Zielsetzung, so kann der Verband keine Wettbewerbsverstöße abmahnen. Der Abgemahnte sollte sich daher stets einen Auszug aus der Satzung zusenden lassen, um den wirklichen Vereinszweck erkennen zu können.
  • Dem abmahnenden Verein muss eine erhebliche Anzahl an Gewerbetreibenden angehören, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Der Abgemahnte kann dieses gesetzliche Erfordernis abfragen, ohne gegen Datenschutzbestimmungen zu verstoßen. Um das Rechtsschutzinteresse feststellen zu können, ist daher ein Blick in die Mitgliederliste des Vereins erforderlich. Dabei reicht es nicht, anonymisierte Namenslisten vorzulegen, aus denen nicht zu ersehen ist, ob darunter Mitbewerber sind.
  • Der Wettbewerbsverein muss schwerpunktmäßig solche Wettbewerbsverstöße verfolgen, die gewerbliche Belange der ihm angeschlossenen Mitglieder sachlich und örtlich berühren. Der in der Satzung niedergelegte Vereinszweck darf nicht als Vorwand benutzt werden, um Wettbewerbsverstöße verfolgen zu können und dabei Gebühren und Vertragsstrafen im Interesse der Mitglieder und Rechtsanwälte zu fordern. Es sollte deshalb um Auskunft gebeten werden, welche Urteile der Verein in der Vergangenheit erstritten hat.
  • Der Verein muss neben der unmittelbaren Verfolgung von Wettbewerbsverstößen auch andere der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs dienlichen Tätigkeiten entfalten, z. B. Herausgabe schriftlicher Informationen über Wettbewerbsfragen, um den Satzungszweck erfüllen zu können. Der Abgemahnte kann den Nachweis über die Rechtskundigkeit des Vorstandes verlangen.
  • Der Verein muss über die erforderliche sachliche und personelle Ausstattung verfügen, um die satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung der gewerblichen Interessen seiner angeschlossenen Mitglieder zu verfolgen. Dies wird im Zweifel nur ein Volljurist können und nicht ein „abgebrochener Student” oder eine Hausfrau. Das zu fordernde Büro muss entsprechend ausgestattet sein und über einschlägige Literatur verfügen.
  • Der Verein muss eine geordnete Finanzstruktur haben. Das bedeutet, die Einnahmen aus Abmahnungen dürfen weder die einzige noch eine Haupteinnahmequelle darstellen.
  • Vielfach ist von der Rechtsprechung gerügt worden, dass die Vereine ihre Abmahntätigkeit mittels Formularen entfalten. Dies wird zumeist als Indiz für „Gebührenschinderei” angesehen. Es muss daher eine ausführliche Begründung für den gerügten Verstoß erfolgen, wenn die Abmahnung ernst gemeint sein soll.
Gelegentlich tauchen, um die engen Anforderungen von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG zu umgehen, auch Vereine auf, die vorgeben, Verbraucherinteressen wahrzunehmen. Allerdings ist deren Argumentation bisher so fadenscheinig, dass sie leicht als Abmahnvereine enttarnt werden können.
Folgende Kriterien sollten für die Prüfung der Aktivlegitimation von Verbraucherschutzverbänden abgefragt werden:
Zum Schutz wesentlicher Belange der Verbraucher dürfen nur qualifizierte Einrichtungen abmahnen, die nachweisen, dass sie in eine Liste qualifizierter Einrichtungen des Bundesverwaltungsamtes oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aufgenommen sind. Vor der Aufnahme in die Liste muss der Verein mindestens ein Jahr bestehen.
  • Darüber hinaus muss er aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit Gewähr für sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten.
  • Nach seiner Satzung darf der Verbraucherverband die Wahrnehmung der Verbraucherinteressen nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend anstreben. Durch diese Anforderungen soll gewährleistet werden, dass ausschließlich zur Gewinnerzielung tätigen „Abmahnvereinen” das Betätigungsfeld entzogen wird.

4. Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten

Auf Grund von § 15 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hat die Landesregierung Baden-Württemberg durch die Verordnung über die Errichtung von Einigungsstellen bei Industrie- und Handelskammern vom 9. Februar 1987 / 5. Oktober 2004 (Einigungsstellenverordnung) bei der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart eine Einigungsstelle zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten in der gewerblichen Wirtschaft errichtet. Sie ist zuständig für die Bezirke der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, Heilbronn-Franken und Ostwürttemberg.

5. Muster einer Unterlassungserklärung

Die Firma / das Unternehmen ... (Abgemahnter)
verpflichtet sich gegenüber ... (Abmahnender)
  1. es zu unterlassen, im Internet aufzutreten und dabei nicht deutlich im grafischen räumlichen Zusammenhangzueinander die Anschrift der Niederlassung des Unternehmens, die ladungsfähige Anschrift und bei juristischen Personen auch den Namen eines Vertretungsberechtigten anzugeben;
  2. für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 1 aufgeführten Verpflichtungen an ... (Abmahnenden) eine Vertragsstrafe von ... Euro zu zahlen.
Ort, den ...
... (Firmenstempel und rechtsverbindliche Unterschrift)
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