Einfuhrabgaben als Schutz gegen unfaire Handelspraktiken
Antidumpingzölle
Stand: November 2023
Wenn Waren bei der Einfuhr in die EU gedumpt sind und deshalb Gefahr besteht, dass die heimische Wirtschaft zu Schaden kommt, kann die EU als handelspolitische Schutzmaßnahme Antidumpingzölle verhängen.
Wann gilt eine Ware als gedumpt?
Eine Ware gilt als unterpreisig oder gedumpt, wenn ihr Preis bei der Einfuhr in die EU niedriger ist, als im normalen Handelsverkehr mit anderen Drittländern. Antidumpingzölle sollen den zu niedrigen Preis ausgleichen. Für Importeure ist es wichtig, rechtzeitig über geplante neue Antidumping-Maßnahmen oder Änderungen bestehender Maßnahmen informiert zu werden, da sie die höheren Abgaben normalerweise nicht weitergeben können. Der Newsletter der Handelskammer Hamburg (Rubrik Antidumpingregister) hält Sie über neu eingeleitete Untersuchungs- und Überprüfungsverfahren auf dem Laufenden.
Welche Waren sind betroffen?
Der elektronische Zolltarif zeigt an, ob eine Ware von Antidumping-Maßnahmen betroffen ist. Dazu ist es erforderlich die ersten zehn Stellen der Zolltarifnummer einzugeben. Eine Übersicht über laufende Antidumping- und Antisubventionsverfahren veröffentlicht die EU Kommission im Internet. Eine Übersicht über neue Untersuchungs- und Überprüfungsverfahren hält die Handelskammer Hamburg auf ihrer Webseite vor.
Rechtsgrundlagen
Rechtsgrundlage ist die Antidumping-Grundverordnung (EU) 2016/1036 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur EU gehörenden Ländern. Sie regelt das Verfahren für die Durchführung von Antidumping-Untersuchungen und die Einführung, Berechnung und Erhebung von Antidumping-Zöllen. Das EU-Parlament hat am 15. November 2017 im sog. Trilogverfahren die Reform der Antidumping-Grundverordnung beschlossen (Verordnung (EU) 2017/2321). Die neue Berechnungsmethode für Antidumpingzölle beruht auf länderneutralen Methodiken, maßgeblich sind staatliche Preisverzerrungen. Der Marktwirtschaftsstatus eines Landes spielt hingegen keine Rolle mehr. KMUs soll bei der Anwendung der neuen Berechnungsmethoden eine Hilfestellung geboten werden.
Bitte beachten Sie, dass eingeführte Antidumpingzölle auf Einfuhren gleichartiger Ware oder von Teilen dieser Ware aus Drittländern ausgeweitet werden können, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet.
Wie läuft ein Antidumping-Verfahren ab?
Die Unternehmen in der EU sind in den Prozess eingebunden. Sie können bei Verdacht auf gedumpte Ware einen Antrag auf Einleitung eines Antidumping-Untersuchungsverfahrens stellen. Die EU-Kommission hat als Orientierung den ausführlichen Leitfaden Die Antragstellung bei Antidumping-Verfahren veröffentlicht. Er zeigt detailliert auf, welche Informationen die EU benötigt, um ein förmliches Antidumping-Verfahren anzustoßen. Neben Informationen zur mutmaßlich gedumpten Ware und deren Ursprungsland sind Beweise dafür zu erbringen, dass die unterpreisige Ware zu einer Schädigung des betroffenen Wirtschaftszweiges führt. Stellt die Kommission fest, dass die Beschwerde gerechtgertigt ist, leitet sie ein formelles Untersuchungsverfahren unter Einbindung der Wirtschaft ein. Wird in diesem Verfahren festgestellt, dass Dumping vorliegt, verhängt die EU-Kommission zunächst vorläufige Antidumping-Zölle, für eine Zeitdauer von sechs (höchstens neun) Monaten. Während dieser Zeit muss der Rat über endgültige Zölle entscheiden, die dann fünf Jahre gelten.
Wann tritt eine Antidumping-Maßnahme außer Kraft?
Eine endgültige Antidumping-Maßnahme tritt fünf Jahre nach ihrer Einführung beziehungsweise nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft. Die Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme wird von der EU-Kommission von Amts wegen oder auf einen von den Gemeinschaftsherstellern gestellten Antrag hin eingeleitet. Die Maßnahme bleibt bis zum Abschluss einer solchen Überprüfung in Kraft.
Eine Bekanntmachung über das bevorstehende Auslaufen der Maßnahme wird im Amtsblatt der Europäischen Union im letzten Jahr der Geltungsdauer der Maßnahmen veröffentlicht. Danach sind die Gemeinschaftshersteller bis spätestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums berechtigt einen Antrag auf Überprüfung zu stellen.
Beurteilung von Montagevorgängen
Montagevorgänge in der Europäischen Union oder in einem Drittland werden als Umgehung der geltenden Maßnahmen angesehen, wenn
„a) die Montage seit oder kurz vor der Einleitung der Antidumpinguntersuchung begonnen oder erheblich ausgeweitet wurde und die verwendeten Teile ihren Ursprung in dem Land haben, für das Maßnahmen gelten, undb) der Wert dieser Teile 60 v. H. oder mehr des Gesamtwerts der Teile der montierten Ware ausmacht; als Umgehung gilt jedoch nicht der Fall, in dem der Wert, der während der Montage oder Fertigstellung den verwendeten eingeführten Teilen hinzugefügt wurde, mehr als 25 v. H. der Herstellkosten beträgt, undc) die Abhilfewirkung des Zolls durch die Preise und/oder Mengen der montierten gleichartigen Ware untergraben wird und Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten vorliegen, die für gleichartige oder ähnliche Waren früher festgestellt wurden.“
Beweislast zum Ursprung bei der Zollverwaltung
Antidumpingzölle werden immer gegen die Waren mit einem konkreten Länderursprung verhängt. Die Nachrichten für den Außenhandel (NfA) haben 2014 über einen Fall berichtet, der vom Finanzgericht Hamburg entschieden worden ist.
„Erhebt die deutsche Finanzverwaltung Antidumpingzölle nach, so trägt sie die Beweislast dafür, dass die eingeführte Ware ihren Ursprung in dem mit Antidumpingzoll belegten Land hat und die Weiterverarbeitung in einem Drittland nicht ursprungsbegründend war.“
In dem vorliegenden Fall wurden fehlerhaften Mitteilungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (Olaf) keine Bedeutung beigemessen. Es konnte im Verfahren nicht mit letzter Gewissheit ermittelt werden, ob und in welchem Umfang im weiteren Drittland eine Bearbeitung stattgefunden hatte. Dies war aber ohne Bedeutung, weil, so das Finanzgericht Hamburg, die Beweislast dafür bei den Zollbehörden liege und es nicht Aufgabe des Einführers sei, dazu weiter beizutragen.
Heilung von Formfehlern – Chance auf Erstattung
Am 12. Oktober 2017 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Einreichung einer gültigen Handelsrechnung zur Inanspruchnahme eines niedrigeren firmenspezifischen Antidumpingzollsatzes auch nach der Einfuhranmeldung genügen kann. Die bisherige Rechtsauffassung der deutschen Hauptzollämter steht damit im Widerspruch zum Urteil (Rechtssache C-156/16).
Der Import von Waren, die Antidumpingmaßnahmen unterliegen, umfasst für Unternehmen die Möglichkeit, einen firmenspezifischen Antidumpingzollsatz zu nutzen. Dieser Zolltarif ist in der Regel günstiger als der alternativ geltende allgemeine Antidumpingzollsatz. Die Inanspruchnahme des spezifischen Zolltarifs setzt allerdings meist voraus, dass eine gültige Handelsrechnung mit besonderer Erklärung des Herstellers vorgelegt werden kann.
In der Vergangenheit wurde bei fehlender Rechnung bzw. bei Formfehlern in der Rechnung der generelle Antidumpingzollsatz erhoben. Für derartige Fälle innerhalb der letzten drei Jahre kann nun auf Antrag - je nach Umständen des Einzelfalls - die Differenz zwischen dem allgemeinen und dem firmenspezifischen Zollsatz erstattet werden.
Quelle: IHK Region Stuttgart