IHK Ostwürttemberg

Konflikte in der Ausbildung

Mit einem Berufsausbildungsvertrag sind für den Auszubildenden und für den Ausbildenden vielerlei Rechte und Pflichten verbunden. Der Vertrag, ein Ausbilder, die Berufsschule, die Verordnung und sachliche und zeitliche Gliederung zum Beruf sorgen im Normalfall für einen geregelten Ausbildungsverlauf.

Aber was kann ein Auszubildender tun, wenn er oder sie der Meinung ist, dass z.B. wichtige Ausbildungsinhalte nicht vermittelt werden, sich Überstunden häufen oder der Ausbilder keine Zeit für Unterweisungs- und Feedbackgespräche hat?

Welche Möglichkeiten hat andererseits ein Ausbilder bzw. der ausbildende Betrieb, wenn sein Auszubildender beispielsweise häufig morgens zu spät kommt oder unentschuldigt fehlt, seinen Ausbildungsnachweis nicht regelmäßig schreibt und vorlegt, unmotiviert ist oder seiner Lernpflicht nicht nachkommt?

IHK – Ausbildungsberatung

Wenn eine Partei (Ausbilder oder Azubi) feststellt, dass Gespräche nicht mehr ausreichen, Absprachen nicht eingehalten oder kein Ausbildungsfortschritt erkennbar ist, empfiehlt es sich einen Ausbildungsberater der IHK einzuschalten. Denn meistens entsteht ein Konflikt aufgrund unterschiedlicher Erwartungshaltung oder fehlender bzw. falscher Information. Ausbildungsberater haben die Aufgabe, die Durchführung der Berufsbildung zu überwachen und sie durch Beratung der Ausbildenden und der Auszubildenden zu fördern (§ 76 BBiG).

Praxistipps für Ausbilder

Manche Probleme entstehen nicht nur im direkten Zusammenhang mit der Ausbildung und manches lässt sich nicht einfach durch Gespräche oder weiterführende Sanktionen lösen. Was tun, wenn beispielsweise der Verdacht besteht, dass der Azubi Drogen nimmt oder unter Essstörungen oder Depressionen leidet?
Das Projekt „Stark für Ausbildung“ hat auf seiner Internetseite ein Ausbilderhandbuch mit konkreten Handlungstipps und weiterführenden Adressen zu diesen und anderen Fragestellungen zusammengestellt.

Auch auf unserer IHK-Internetseite "IHK-Praxistipps für Ausbilder" gibt es viele Themenfelder, die die Aufgaben verantwortlicher Ausbilder unterstützen.

Abmahnung

Tritt trotz aller Bemühungen und Gespräche keine Verhaltensverbesserung beim Auszubildenden ein, so muss ein Ausbildungsbetrieb arbeitsrechtliche Maßnahme ergreifen und seinen Azubi innerhalb der gesetzlichen Fristen schriftlich abmahnen. Abmahnungen stellen die Vorstufe zu einer verhaltensbedingten Kündigung (Kündigung aus wichtigem Grund) im Wiederholungsfall dar.
Auch ein Auszubildender kann seinen Arbeitgeber abmahnen, wenn dieser seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Das Arbeitsrecht sieht übrigens vor, dass auch eine solche Abmahnung Eingang in die Personalakte des abmahnenden Arbeitnehmers finden muss.

Aufhebung

Ein vertragliches Ausbildungsverhältnis kann jederzeit im beiderseitigen Einvernehmen durch einen Aufhebungsvertrag vorzeitig beendet werden. Vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages sollte jedoch stets erwogen werden, ob das Ausbildungsverhältnis vielleicht doch durch die Einschaltung Dritter (Eltern, Berufsschullehrer, Ausbildungsberater der Kammer) gerettet werden könnte.
Ein Aufhebungsvertrag muss schriftlich geschlossen werden (§§ 10 BBiG, 623 BGB). Dabei ist zu beachten, dass bei minderjährigen Auszubildenden die schriftliche Genehmigung der gesetzlichen Vertreter (Unterschriften der Eltern) erforderlich ist (vgl. §§ 107 BGB, 108 BGB).
Um zu verhindern, dass der Aufhebungsvertrag eventuell wegen fehlender Aufklärung angefochten werden kann, sollte der Betrieb seinen Auszubildenden ausreichend Bedenkzeit geben und ihn vorher über folgende Punkte aufklären:
  • welche Bedeutung einem Aufhebungsvertrag zukommt (> beendet vorzeitig das Ausbildungsverhältnis ohne einen Abschluss),
  • dass der Auszubildende nicht dazu verpflichtet werden kann, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen,
  • dass der Auszubildende mit Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags Gefahr läuft von der Arbeitsagentur eine Sperre bzgl. seines Anspruches auf Arbeitslosengeld zu erhalten.

Kündigung

Während der vertraglich vereinbarten Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

Nach der vertraglich vereinbarten Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden:
  1. aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
  2. von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.
  3. Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen von Nummer 1 und 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
  4. Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Ist ein vorgesehenes Güteverfahren vor einer außergerichtlichen Stelle eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf dieser Frist gehemmt.

Schlichtung

Die IHK Ostwürttemberg verfügt über einen Schlichtungsausschuss (§ 111 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz) zur Beilegung von Streitigkeiten aus bestehenden Berufsausbildungsverhältnissen (gilt nicht für Umschulungen). Dieser kommt meist dann zum Einsatz, wenn ein Auszubildender gegen eine Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb rechtlich vorgehen möchte. Grundsätzlich kann aber auch der Ausbildende einen Antrag auf Beilegung von Streitigkeiten vor dem Schlichtungsausschuss stellen. Die IHK-Schlichtungsverhandlung stellt eine Prozessvoraussetzung für die Verhandlung vor dem Arbeitsgericht dar.

Verlauf einer Schlichtung

In einer nicht öffentlichen Verhandlung tragen die Parteien den ehrenamtlichen Schlichtern ihre Position vor.
Wer ist bei der Schlichtung im Raum?
Bei einer Schlichtung, die nicht öffentlich ist, sind folgende Personen anwesend:
  1. zwei Schlichter (ein Arbeitgeber- und ein Arbeitnehmervertreter), die diese Tätigkeit ehrenamtlich bei der IHK ausüben
  2. ein oder mehrere Vertreter des Ausbildenden (eventuell mit oder vertreten durch einen Anwalt)
  3. der/die Auszubildende (eventuell mit Anwalt oder bei Jugendlichen mit den gesetzlichen Vertretern)
  4. ein Mitarbeiter der IHK als Protokollführer und bei Bedarf ein IHK-Rechtsberater für die Schlichter
Nach Anhörung und Beratung unterbreiten die Schlichter meist einen Vorschlag zur gütlichen Einigung. Ist ein solcher Vorschlag nicht möglich, kann der Schlichtungsausschuss stattdessen einen Spruch fällen, der nach Anerkennung durch die Beteiligten die Rechtskraft eines Urteils besitzt. Auch die Feststellung, dass weder ein Spruch noch eine Einigung möglich ist, kann vom Schlichtungsausschuss festgestellt werden.
Erscheint eine der beteiligten Parteien nicht zu dem anberaumten Schlichtungstermin, kommt es zu einem Säumnisspruch. Schließlich ist auch denkbar, dass der Antrag auf Schlichtung im Verlauf der Verhandlung zurückgenommen wird. Eine Einigung ist dann nicht mehr nötig.
Das Schlichtungsergebnis wird schriftlich protokolliert und den Beteiligten übermittelt. Fällt der Schlichtungsausschuss einen Spruch oder kommt ein Spruch nicht zustande, erhalten die Beteiligten eine Rechtsmittelbelehrung, die Ihnen den weiteren Rechtsweg aufzeigt. Erkennt eine Partei den Spruch des Schlichtungsausschusses nicht an, kann binnen zwei Wochen Klage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden.
Die Verfahrensordnung zur Schlichtung und ein Formular zur Antragsstellung finden Sie rechts oben unter "Weitere Informationen".