Verjährungsfristen

Die Verjährung ändert die rechtliche Durchsetzbarkeit eines an sich bestehenden Anspruchs. Auch wenn ein Anspruch gegen den Schuldner verjährt ist, bleibt er bestehen. Der Schuldner muss ihn allerdings nicht mehr erfüllen. Dazu muss er sich auf die Verjährung berufen. Das Gesetz sieht eine Regelverjährung vor. Diese kann unter bestimmten Umständen gehemmt werden oder sogar zum Neubeginn gebracht werden. Zudem gibt es zur Regelverjährung für bestimmte Fallgruppen Ausnahmen.

Regelverjährung

Die regelmäßige Verjährung beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Diese gilt für alle Ansprüche, für die keine eigenen Verjährungsfristen gelten. Keine eigenen Fristen gelten zum Beispiel für Ansprüche aus einem Auftrag.
Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft auf bis zu 30 Jahre ab gesetzlichem Verjährungsbeginn verlängert werden.
In 30 Jahren verjähren Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, familien- und erbrechtliche Ansprüche, rechtskräftig festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Urteilen, aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden sowie Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind. In 30 Jahren verjähren auch Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen.

Verjährungsbeginn

Die regelmäßige Verjährung (§ 199 BGB) beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Diese Ansprüche verjähren jedoch – unabhängig davon, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt - spätestens zehn Jahre nach der Entstehung des Anspruchs.
Im Übrigen beginnt die Verjährungsfrist von Ansprüchen mit der Entstehung des Anspruchs. Etwas anderes gilt für rechtskräftig festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Urteilen, vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden und Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind. Hier beginnt die Verjährung mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren.
Etwas anderes gilt auch für die oben genannten Schadensersatzansprüche. Diese verjähren innerhalb von 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösendem Ereignis an.

Kaufrecht

Die Verjährungsfrist im Kaufrecht für Gewährleistungsansprüche beträgt zwei Jahre (§ 438 BGB). Für Baustoffe, die eine Mangelhaftigkeit eines Bauwerkes hervorgerufen haben, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (siehe unten). Die 30-jährige Verjährungsfrist gilt für die Fälle, in denen die Kaufsache aufgrund eines (dinglichen) Rechts (zum Beispiel Eigentum) eines Dritten von diesem herausverlangt werden kann. Bei arglistigem Verschweigen gilt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis von Anspruch und Schuldner.
Die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung bleibt möglich sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts, wenn der Anspruch noch nicht verjährt war zu dem Zeitpunkt, zu dem erstmals aufgerechnet oder verweigert werden konnte.

Werkvertragsrecht

Die Gewährleistungsfrist beträgt in der Regel zwei Jahre ab Abnahme des Werkes (§ 634a BGB). Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren greift ein, wenn der Mangel arglistig verschwiegen wurde. Sie beginnt jedoch erst mit Kenntnis von Anspruch und Schuldner.
Bei Bauwerken verjährt der Anspruch in fünf Jahren ab Abnahme des Bauwerks. Diese Verjährung gilt nur für Sachen, die für ein Bauwerk verwendet wurden, das heißt Neuerrichtung, Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk. Ist die Sache nicht mit dem Gebäude fest verbunden, gilt die zweijährige Verjährungsfrist. Diese gilt auch, wenn der Mangel lediglich im Einbau liegt und nicht in der Mangelhaftigkeit des Materials.
Bei unkörperlichen Arbeitsergebnissen (zum Beispiel Baupläne) tritt die Verjährung in drei Jahren ab Kenntnis von Anspruch und Schuldner ein. Der Besteller eines Werkes kann dem Vergütungsanspruch des Unternehmers auch dann noch entgegentreten, wenn sein Anspruch auf Mängelbeseitigung bereits verjährt ist, er aber grundsätzlich zum Rücktritt berechtigt gewesen wäre.

Leihe, Reisevertrag, Verwahrung

Der Verjährungsbeginn des Rückgabeanspruchs bei der Leihe beginnt mit Beendigung der Leihe und unterliegt der regelmäßigen Verjährung. Für Ansprüche, die auf eine Pflichtverletzung im Leihvertrag zurückzuführen sind, gilt die kurze Verjährung von sechs Monaten nach § 606 BGB. Die Verjährungsfrist für Ansprüche des Reisenden beträgt zwei Jahre (§ 651j BGB). Der Verjährungsbeginn des Rückgabeanspruchs bei der Verwahrung beginnt erst mit Rückforderung der hinterlegten Sache; der des Rücknahmeanspruchs erst mit Rücknahmeverlangen und unterliegen der Regelverjährung.

Abänderung der gesetzlichen Verjährung

Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs kann die Verjährung im Kaufrecht auf ein Jahr verkürzt werden. Für Gebrauchtwaren kann die Verjährung auch beim Verbrauchsgüterkauf auf ein Jahr verkürzt werden. Im Rahmen der fünfjährigen Verjährungsfrist bei Bauwerken und mangelhaften Baumaterialien ist eine Verkürzung nicht möglich. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die VOB als Ganzes in den Vertrag einbezogen ist.

Hemmung der Verjährung

Hemmung der Verjährung bedeutet, dass mit Eintritt des Hemmungsgrundes die Verjährung zum Stillstand kommt und nach dessen Wegfall weiterläuft. Der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Verjährung ist gehemmt bei:
  • vereinbartem Leistungsverweigerungsrecht;
  • schweben der Verhandlungen bis zur Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlungen. Die Verjährung tritt frühestens zwei Monate nach Ende der Hemmung ein;
  • Rechtsverfolgungsmaßnahmen (die wichtigsten sind: Klageerhebung, Mahnverfahren, Güteantrag gem. § 15a ZPO, aber auch sonstige Gütestellenverfahren, Antrag auf Prozesskostenhilfe, Aufrechnung, Streitverkündung, Insolvenzverfahren, siehe umfassend § 204 I 1 Nr. 1-14 BGB). Eine Ausnahme hiervon bilden die Vollstreckungsmaßnahmen, die auch weiterhin den Neubeginn der Verjährung auslösen (siehe unten). Die Hemmung endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitiger Erledigung des eingeleiteten Verfahrens. Bei Nichtbetreiben des Verfahrens gilt die letzte Verfahrenshandlung als entscheidendes Datum für die sechsmonatige Frist;
  • höherer Gewalt, zu der auch der Stillstand der Rechtspflege zählt.

Neubeginn der Verjährung

Dies bedeutet, dass nach dem Ereignis, welches zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führt, die volle Verjährungsfrist neu beginnt. Unterbrechende Ereignisse sind:
  • Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise.
  • Eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung, die vorgenommen oder beantragt wird. Wird die Vollstreckungshandlung aufgehoben oder dem Antrag auf Vollstreckung nicht stattgegeben oder vorher zurückgenommen, so gilt der erneute Beginn der Verjährung als nicht erfolgt.