Nachfolge

Übernahme sichert Beeskower Elektronikfachgeschäft

In Zeiten, wo Einzelhandelsgeschäfte reihenweise schließen, haben zwei Männer in Beeskow sehr viel Mut bewiesen und gehen den umgekehrten Weg: Sie halten einen traditionellen Elektronikfachmarkt am Leben: EP Baumann.
Seit 1990 hat Günter Baumann mit seiner Frau und einem kleinen Team das Fachgeschäft zuerst in der Frankfurter, dann in der Breiten Straße betrieben. Nun, mit Ende 60, war es für ihn an der Zeit, sich zur Ruhe zu setzen und Nachfolger zu suchen. In „gute Hände“ wollte er sein Geschäft geben. Wie es aussieht, ist es gelungen. Seit dem 1. März haben hier Christian Nickel (42) und Dierk Richter (46) das Sagen. Christian Nickel, der in Berlin im Software-Bereich als Projekt- und Prozessmanager tätig war, ist schon vor drei Jahren nach Beeskow gezogen. „Ich war hier öfter angeln, Beeskow hatte sich zu meinem Sehnsuchtsort entwickelt.“ Als er dann beim Kaffeetrinken von einem Bekannten erfuhr, dass Günter Baumann einen Nachfolger suchte, war Christian Nickel mehr als interessiert. „Schließlich bin ich gelernter Kaufmann und habe gelernt, wie ein Schachspieler voraus zu denken. Und ich war schon immer technikaffin: Mein eigener Chef zu sein, das hat mich schon immer gereizt. Und ich spare den Fahrtweg zur Arbeit nach Berlin“, bekennt er.
Sein neuer Compagnon Dierk Richter arbeitete bereits seit sechs Jahren bei EP Baumann. „Ich war als Angestellter ganz zufrieden, ist ja auch bequemer“, gesteht der zugezogene Beeskower. Erst als Günter Baumann ihn direkt wegen der Nachfolge ansprach, habe er das erste Mal überlegt, als Selbständiger zu arbeiten. „Dass die Nächte jetzt manchmal unruhiger und Arbeitstage länger sind als früher, das war mir klar. Das Tolle ist, dass jeder Tag anders ist. Besonders Spaß macht mir der Kontakt mit den Kunden.“
Der persönliche Kontakt mit den Kunden und ein auf sie zugeschnittener Service – das ist Firmenphilosophie der Nickel-Richter GbR, die nach wie vor unter der Firmierung EP Baumann arbeitet. „Wir wollen das bieten, was kein Online-Handel leisten kann“, sagt Christian Nickel. An einem Montag, Tagen, an denen es üblicherweise eher ruhig ist im Geschäft und Zeit für ein Gespräch wäre, geben sich die Kunden die Klinke in die Hand. Möchten Sie einen Espresso oder einen Kaffee?“, fragt Christian Nickel den Kunden aus Frankfurt (Oder), der auf der Suche nach einem Tablet und einem Kopfhörer ist und nach ausführlicher Beratung schließlich auch kauft. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt Joachim Mettke, als er mit seiner Frau das Geschäft verlässt. Die neu eingerichtete Ecke mit Bistrotisch kennt er noch nicht. Dem Kunden werden hier diverse Kaffeeautomaten einschließlich Pflegeprodukten, Zubehör und natürlich auch ausgewählten Kaffeesorten aus regionalen Röstereien sowie Bistrotisch präsentiert. „Das haben wir ganz neu im Angebot“, erklärt Christian Nickel.
Neu sind auch die Artikel der „weißen Ware“, wie Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke, Backöfen, Mikrowellen und Elektroherde. Da es das Nachbargeschäft, das diese Artikel führte, nicht mehr gibt, hat EP Baumann das Angebot übernommen und schließt eine Lücke für Kunden aus Beeskow und Umgebung. Getrennt haben sich die Neuen allerdings von den Fotoapparaten. „Die gesamte Fotostrecke haben wir rausgenommen. In Beeskow gibt es ja mit Fischbach ein Fachgeschäft“, sagt Nickel, der gut mit den Nachbargeschäften, zum Beispiel mit Elektro Meng (Küchenaussatter und Leuchten) zusammenarbeitet. „In so einer kleinen Stadt müssen wir Händler zusammenhalten.“
Ansonsten umfasst das Sortiment alle Artikel, die es bereits bei Günter Baumann gab. Verkauft wird die gesamte Elektronik-Palette – vom Kabel über Batterien bis hin zum modernen Smartphone und zum TV-Gerät. Die modernen Fernseher seien leistungsstark und man könne sie zu Hause auch mit dem eigenen WLAN-Netz verbinden. Doch bei der Vielfalt des Angebots und der ständigen Neuerungen fällt es vielen Kunden schwer, das Gerät selbst anzuschließen oder einzurichten. Und hier kommen die beiden Fach-Männer ins Spiel. Sie beraten nicht nur, sie kommen auch nach Hause, schließen die Waschmaschine an und programmieren den neuen Fernseher. „Auch wer im Internet gekauft hat und nicht zu Recht kommt, kann mit unserer Hilfe rechnen. Allerdings müssen wir uns den Service bezahlen lassen, kostet ja schließlich Zeit“, so Christian Nickel.
Am einfachsten sei es für Kunden und Verkäufer, wenn man sich das Gerät im Laden aussucht und dieses noch im Shop programmiert wird. Dann braucht der Kunde den Fernseher nur noch anschließen, einschalten und schon kann man das volle Programm genießen.
Ist mal ein Artikel nicht vorrätig, kann er bestellt werden. Die Geräte beziehen Christian Nickel und Dierk Richter von verschiedenen Herstellern und über die EP-Einkaufsgemeinschaft. „Wir haben den Anspruch, Produkte zu verkaufen, von denen wir selbst überzeugt sind.“ Wer sich aus der Ferne informieren möchte, der kann im Online-Shop in einer Art Schaufenster anschauen, was im Angebot ist und bei Interesse reservieren lassen. Langfristiges Ziel sei es, einen eigenen Shop aufzusetzen, sagt Christian Nickel.
Bereut haben Christian Nickel und Dierk Richter ihren Schritt in die Selbständigkeit nicht, auch wenn der Arbeitstag oft sehr lang ist und jeden Tag kleine Probleme auftauchen, mit denen sie nicht rechnen konnten. Leichter vorgestellt hatten sie sich auch, an einen Kfw-Kredit zu kommen. „Wir warten seit einem halben Jahr aufs Geld. Schließlich müssen wir den übernommenen Warenbestand bezahlen.“                                     
FORUM/Ruth Buder

Dr.Axel Strasser
Projektmitarbeiter Nachfolge
Regionalcenter Oderland