Ausbildung

Ausbilden über Grenzen hinweg

Einen Ausbildungsplatz mit einem passenden Kandidaten zu besetzen, wird für Ostbrandenburger Unternehmen zunehmend schwieriger. Die erweiterte Suche im Ausland erfolgt bisher verhalten, selbst in Grenzregionen. Mit Blick nach Polen zeigt sich, dass im Jahr 2021 von 1.467 neu eingetragenen Ausbildungsverträgen in Ostbrandenburger IHK-Betrieben 28 Jugendliche aus dem Nachbarland kamen. Diese Zahl sank 2022 auf zehn polnische Auszubildende. Gibt es Grenzregionen, in denen es besser läuft?
Die IHK Ostbrandenburg wollte wissen, wie die Situation an der deutsch-französischen Grenze ist. Stephan Ruf, Mitarbeiter für die grenzüberschreitende Ausbildung bei der IHK Karlsruhe, und Simon Kaiser, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein, sprachen über ihre Erfahrungen.

Es zeigte sich, dass die Zahl der französischen Jugendlichen, die eine Ausbildung in den IHK-Bezirken Freiburg und Karlsruhe absolvieren, nur geringfügig höher ist als die Zahl der polnischen Azubis in Ostbrandenburg. Zudem sind die Zahlen in beiden Regionen rückläufig. Die IHK Karlsruhe erfasste im Jahr 2017 noch 22 Ausbildungsverträge mit französischen Staatsbürgern. Im Jahr 2021 waren es sechs. Die IHK Südlicher Oberrhein verzeichnet jährlich zwischen 15 und 20 französische Azubis. Als Gründe nennen die IHK-Kollegen den starken Rückgang der alemannischen Dialekte als verbindendes kulturelles Element, die schwierige formale Anerkennung der Berufsausbildung sowie eine schwindende Jugendarbeitslosigkeit in der französischen Grenzregion.

Rahmenvereinbarungen und Projekte für grenzüberschreitendes Ausbilden

Die Kammern an der Grenze zu Frankreich sehen französische Auszubildende dennoch weiterhin als wichtige Fachkräfte. Mittels Rahmenvereinbarungen wird versucht, die grenzüberschreitende Ausbildung zu stärken. Die Koordinationsplattform „EUROSTAGES – Eltern Alsace“ organisiert zum Beispiel einwöchige Schnupperpraktika für zweisprachige Schüler aus dem Elsass in Deutschland und der Schweiz. Beim sogenannten „Euregio Zertifikat“ absolvieren Azubis während der Ausbildung ein vierwöchiges Praktikum in einem Unternehmen eines anderen Landes im trinationalen Oberrheingebiet. Unternehmen können über das Projekt ihre Auszubildenden grenzüberschreitend qualifizieren. Die IHKs an der deutsch-französischen Grenze unterstützen die Zusammenarbeit deutscher Unternehmen mit französischen Schulen, welche Bildungspartnerschaften, Unternehmensbesuche oder Betriebspraktika bieten. Neben solchen Angebote sehen die IHKs einen Imageechsel der beruflichen Bildung als wichtig. Ähnlich wie in Deutschland ist sowohl in Frankreich als auch in Polen die Studienquote hoch. Die duale Berufsausbildung besitzt einen geringeren Stellenwert.
FORUM/Sarah Brückner
Michael Völker
Leiter
Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung