Versicherungsvermittlerrecht

Produktakzessorische Vermittler

Produktakzessorische Vermittler im Sinne des neuen Versicherungsvermittlerrechts sind Gewerbetreibende, die neben ihrer Haupttätigkeit produktergänzende Versicherungen vermitteln. Dabei ist „produktergänzend” sehr eng auszulegen. Die vermittelte Versicherung muss in einem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang zum Hauptprodukt des Gewerbetreibenden stehen und diesem in der Bedeutung untergeordnet sein. Die Vermittlung einer Kfz-Versicherung im Zusammenhang mit einem Autokauf oder einer Gebäudeversicherung im Zusammenhang mit einem Immobilienverkauf ist in diesem Sinne produktakzessorisch. Die Vermittlung einer Lebensversicherung im Zusammenhang mit einer Anlageberatung hingegen nicht.
Bei den produktaktzessorischen Vermittlern sind einige Ausnahmeregelungen im neuen Versicherungsvermittlerrecht zu berücksichtigen. Dabei sind zwei Gruppen zu unterscheiden:
Die sogenannten Annexvermittler, eine Untergruppe der produktaktzessorischen Vermittler, deren Vermittlungstätigkeit geringfügig ist, sind nach § 34 d Abs. 8 GewO von der Erlaubnis- und Registrierungspflicht grundsätzlich befreit.
Alle anderen produktakzessorischen Vermittler können sich nach § 34 d Abs. 6 GewO unter bestimmten Umständen von der Erlaubnispflicht befreien lassen

Annexvermittler - keine Erlaubnis bzw. Erlaubnisbefreiung erforderlich

Der Annexvermittler nach § 34 d Abs. 8 GewO bedarf keiner Erlaubnis und muss sich auch nicht ins Register eintragen lassen. Annexvermittler nach diesem Paragrafen sind drei Personengruppen:
(1) Gewerbetreibende, die alle folgenden Bedingungen "gleichzeitig" erfüllen:
Versicherungsvermittlung nur im Nebenberuf,
  • ausschließlich Versicherungsverträge, für die nur Kenntnisse des angebotenen Versicherungsschutzes erforderlich sind,
  • insbesondere keine Lebensversicherungen oder Versicherungen zur Abdeckung von Haftpflichtrisiken,
  • Versicherung ist Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung (Abdeckung des Risikos eines Defektes, eines Verlustes oder einer Beschädigung, Risiken im Zusammenhang mit einer Reise),
  • Jahresprämie (für die jeweilige Versicherung) geringer als 600 Euro,
  • Gesamtlaufzeit einschließlich etwaiger Verlängerungen nicht länger als fünf Jahre
Beispiele:
  • Kredit-, Kreditkartenvermittler (z.B. Arbeitslosigkeitsversicherung)
  • Brillenhändler (z.B. Kaskoversicherung)
  • Reifenhändler (z.B. Reifenversicherung)
  • Versand- und Einzelhandel (z.B. Garantieversicherung zur Verlängerung der Gewährleistung)
  • Elektrohändler (z.B. Garantie- und Reparaturversicherung)
  • Fahrradhändler, -hersteller (z.B. Unfall- und Diebstahlversicherung)
  • Reisebüros (z.B. Reiserücktritts- und Reisekrankenversicherung)
(2) Bausparkassenvermittler
Von der Erlaubnis- und Registrierungspflicht ausgenommen sind auch Gewerbetreibende, die als Bausparkasse oder als von einer Bausparkasse beauftragter Vermittler Risikolebensversicherungen im Rahmen eines Kollektivvertrages zur Absicherung von Rückzahlungsforderungen im Zusammenhang mit Bauspardarlehen vermitteln. Die Risikolebensversicherung ist hier quasi als Bestandteil des Bausparvertrages zu verstehen.
(3) Vermittler von Restschuldversicherungen
Ebenfalls keiner Erlaubnis und Registrierung bedarf der Gewerbetreibende, der als Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung im Zusammenhang mit Darlehens- und Leasingverträgen Restschuldversicherungen vermittelt, deren Jahresprämie den Betrag von 500 Euro nicht übersteigt. Alle 3 Personengruppen sind von der Erlaubnis- und Registrierungspflicht befreit. Nur die Gruppe (1) ist auch von den Dokumentations- und Informationspflichten des neuen Gesetzes befreit.

Produktakzessorische Vermittler – Erlaubnisbefreiung erforderlich

Alle anderen so genannten produktakzessorischen Versicherungsvermittler, die Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit angebotenen Waren oder Dienstleistungen vermitteln, können sich nach § 34 d Abs. 6 GewO bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von der Erlaubnispflicht befreien lassen. Hierfür ist ein Antrag bei der IHK erforderlich.
Beispiele für solche produktergänzenden Versicherungsvermittlungen:
  • Kfz-Versicherungen im Kfz-Handel (Der „Verkauf von Doppelkarten” an Kfz-Käufer ist dabei im Sinne des Gesetzes Versicherungsvermittlung, da der „Kaufpreis” als eine Provision zum Abschluss eines Versicherungsvertrages zu verstehen ist.)
  • Lebensversicherung als Sicherheit bei Abschluss eines Darlehensvertrages
  • Transportversicherung im Zusammenhang mit Lieferleistungen
Versicherungsvermittler können auf Antrag  von der Erlaubnispflicht befreit werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  • Vermittlung von Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen der Haupttätigkeit gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen (nebenberuflich, tatsächlich produktergänzende Versicherungen)
  • Ausübung ihrer Tätigkeit unmittelbar im Auftrag eines oder mehrerer Versicherungsvermittler mit Erlaubnis oder eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen
  • Nachweis einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung
  • Erklärung des Auftraggebers, dass der Vermittler zuverlässig und angemessen qualifiziert ist und nicht in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt.
Der produktakzessorische Vermittler kann sich zwar bei Vorliegen der geschilderten Bedingungen bei seiner IHK die Befreiung von der Erlaubnispflicht beantragen. Nach der Bewilligung des Antrages ist aber dennoch eine Eintragung ins Versicherungsvermittlerregister als produktakzessorischer Vermittler nach § 34 d, Abs. 6 GewO erforderlich.

Anträge


Andere Wege ins Register können unter Umständen sinnvoll sein,
  • wenn gegenwärtig oder perspektivisch eine Ausdehnung der Tätigkeit über rein produktergänzende Vermittlung hinaus angestrebt wird.
  • wenn die Versicherungsvermittlung also nicht mehr ein Hauptprodukt aufwerten soll, sondern ein zweites Geschäftsstandbein werden soll.
Der produktakzessorische Vermittler kann dann z.B. den Weg wählen, sich über ein Versicherungsunternehmen als gebundener Vermittler zum Register melden zu lassen (§ 34 d, Abs. 7 GewO) oder eine eigene Erlaubnis zu beantragen (§ 34 d, Abs. 1 GewO).
Die Meldung durch ein Versicherungsunternehmen setzt insbesondere voraus, dass die Bereitschaft zur Abgabe einer uneingeschränkten Haftungsübernahmerklärung beim auftraggebenden Versicherer besteht. Für die Beantragung einer eigenen Erlaubnis müssen mehr Unterlagen vorgelegt werden als bei einer Befreiung, da die Prüfung geordneter Vermögensverhältnisse, der persönlichen Zuverlässigkeit und einer ausreichenden Sachkunde erforderlich sind. Langjährig tätige produktakzessorische Vermittler können beim Sachkundenachweis auf die Bestandsschutzregelung zurückgreifen.