Windenergie

Position zu Entwicklungen in der Windenergiebranche

Die Vollversammlung der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer hat in ihrer 306. Sitzung am 10. März 2020 einstimmig ohne Enthaltung folgende Position beschlossen:
Zur Erreichung der ehrgeizigen Klimaschutzziele Deutschlands und der EU ist ein radikaler und schneller Umbau der Energiesysteme erforderlich. Aufgrund der geologischen Voraussetzungen bietet der Umbau für Norddeutschland großes Potenzial, insbesondere im Bereich der Windenergie.
In der Windenergiebranche kommt es allerdings bereits seit 2017 in erheblichem Umfang zu Beschäftigungsabbau sowie zum Verlust von Know-how und von Wertschöpfung. Im Jahr 2019 ist der Ausbau der Windenergie an Land erheblich eingebrochen. Zudem befinden sich bundesweit ca. 2.000 Windenergieanlagen im „Genehmigungsstau“, da u. a. ungeklärte Fragen des Abstands zu Anlagen der Flugsicherung, widerstreitende Naturschutzinteressen oder anhängige Klagen einer Genehmigung und Inbetriebnahme entgegen stehen.
Deutschland hat den Ausstieg aus der Kohleverstromung und aus der Kernenergie beschlossen. Für Unternehmen muss der Strom künftig zuverlässig aus anderen Quellen kommen. Um dies sicherzustellen und um die Ziele der Energiewende zu erreichen, muss der Ausbau der Windenergie wieder an Fahrt gewinnen.

Deshalb fordern wir:

1. Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren

Planungs- und Genehmigungsverfahren sollten massiv beschleunigt werden. Die IHK-Organisation hat hierzu umfassende Vorschläge vorgelegt, die auch Windkraftprojekten helfen würden. Dazu gehören die Beschleunigung und verbesserte Durchführung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren bei Windenergieanlagen und die Verkürzung der Instanzen bei Klagen gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen. Zudem sind die Genehmigungsbehörden aufgerufen, entsprechendes Personal für die Bearbeitung bereitzustellen.

2. Verbandsklagerecht anpassen

Zahlreiche Windenergieprojekte werden von Umwelt- und Naturschutzverbänden im Klageweg angegriffen und dadurch in ihrer Realisierung verzögert. Um mehr Genehmigungen von Windenergieanlagen an Land zu ermöglichen, ist es notwendig, das Verbandsklagerecht in seiner Reichweite zu überprüfen. Darüber hinaus sollte die materielle Präklusion auch dann wieder greifen, wenn Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht wurden – allerdings mit der Maßgabe, dass Betroffenen und Verbänden in diesem Verwaltungsverfahren ausreichend Zeit für Einwendungen eingeräumt wird.

3. Sinnvolle Regelungen für Abstände zur Wohnbebauung treffen

Regelungen für Abstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung sind so zu treffen, dass die Interessen von Anwohnern angemessen berücksichtigt werden, ohne die Energiewende auszubremsen. Die Bundespolitik sollte auf die gesetzliche Festlegung eines Mindestabstandes von 1.000 Metern verzichten. Denn dieser würde aller Voraussicht nach Potenzialflächen für Windenergie deutlich reduzieren sowie die Neugenehmigung bestehender Anlagen und/oder Parks verhindern.

4. Ausbaudeckel anpassen

Von einem Ausbaudeckel bei der Windenergie sollte abgesehen werden. Dies würde der Branche ein positives Signal geben, dass der weitere Ausbau gewollt ist. Zumindest sollte der Ausbaudeckel für Windenergie an Land bedarfsgerecht festgesetzt werden. Der derzeit geltende Ausbaudeckel wird nicht ausreichen, um das Ziel der Bundesregierung von 65 Prozent Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis zum Jahr 2030 zu erreichen und muss daher angehoben werden.

5. Repowering von Altanlagen unterstützen

Windenergieanlagen sollten nach Möglichkeit auch nach dem Ende der EEG-Vergütung weiterbetrieben werden. Altanlagen, für die ein Repowering (Ersatz bestehender durch modernere und leistungsstärkere Anlagen) aus technischer Sicht möglich und aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, sollten im Rahmen eines einfachen und zügigen Verfahrens genehmigt werden können.

6. Netzausbau vorantreiben

Stromnetze und -speicher sind beschleunigt auszubauen. Dies betrifft sowohl die Übertragungsnetz- als auch die Verteilnetzebene. Intelligente Netze mit spezifischen regionalen Lösungen sind notwendig, um die zunehmend dezentrale und volatile Erzeugungsstruktur abzubilden.

7. Bedingungen für Photovoltaik-Anlagen verbessern

Ein beschleunigter Zubau von PV-Anlagen könnte den fehlenden Ausbau der Windkraft an Land zumindest ein Stück weit ausgleichen. Die Umwandlung von Ackerland zu Grünland, die ein großes Aufwertungspotenzial für die Umwelt mit sich bringt, sollte die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen nicht ausschließen. Derzeit ist die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen auf Flächen, die von Ackerland zu Grünland umgewandelt wurden, in Niedersachsen nicht möglich.

8. Weitere Maßnahmen aus dem „18-Punkte-Plan“ des BMWi umsetzen

Eine Vielzahl sinnvoller Einzelmaßnahmen zur Beschleunigung des Windenergieausbaus enthält das BMWi-Papier „Stärkung des Ausbaus der Windenergie an Land“ vom 7. Oktober 2019. Die darin formulierten Maßnahmen sind nach Auffassung der IHK für Ostfriesland und Papenburg sowie der Oldenburgischen IHK überwiegend gut geeignet, der Windenergie an Land wieder neuen Auftrieb zu geben. Die im Papier aufgeführten Maßnahmen für mehr Akzeptanz, mehr Rechtssicherheit bei der Regionalplanung, zur Beschleunigung von Genehmigungen und zur besseren Synchronisierung des Erneuerbaren-Ausbaus mit dem Netzaus-bau können wichtige Impulse zum Gelingen der Energiewende geben.
Die im BMWi-Papier genannte Maßnahme zur Umsetzung der Abstandsregelungen lehnen wir ab (s. Forderung 3).
Ausdrücklich gilt das für die vorgeschlagenen Maßnahmen:
  • Schnelle Zulassung von bedarfsgerechter Nachtkennzeichnung,
  • stärkere finanzielle Beteiligung der Kommunen am Betrieb von Windenergieanlagen,
  • Verkürzung der Instanzen bei Klagen gegen Windenergieanlagen sowie
  • Reduzierung des Schutzradius von Drehfunkfeuern.
Wichtig ist, dass diese Vorschläge nun tatsächlich und zeitnah umgesetzt werden.