​​​​​​​Tag der Trinkhallen

Mummeltüte für Unterstützer

Am 17. August 2024 war es wieder so weit: Der „Tag der Trinkhallen“ wude im Ruhrgebiet gefeiert. Dieser ist den Büdchen, Trinkhallen und Kiosken gewidmet, die seit Generationen das Stadtbild prägen – wie zum Beispiel dem „Mummel“ in Gelsenkirchen und der „Ballerbude“ in Oer-Erkenschwick. | Text: Arne Pöhnert
Der Kiosk Mummel in Gelsenkirchen ist ein klassisches Beispiel für die Büdchenkultur, wie sie vielerorts im Ruhrgebiet zu finden ist. 1938 eröffnet vom Namensgeber, wird der Kiosk seit 2023 von Linda Ekamp und ihrem Mann betrieben. Nach einigen Jahren im Schwabenland hatte es die beiden mit ihren Kindern wieder zurück in die Heimat gezogen - also ins Ruhrgebiet.

Kiosk Mummel: Marke mit Wiedererkennungswert

Das Sortiment des Kiosk Mummel reicht von Süßigkeiten über Zeitungen und Zeitschriften bis hin zu Getränken, aber auch Dinge des täglichen Bedarfs wie Eier, Mehl, Milch oder Salz sind hier im Angebot – eine bunte Mischung, die das bietet, was man für den Alltag benötigt. Das ist allerdings nicht alles. Die Betreiber verkaufen außerdem eigene Wildtierprodukte unter dem Label Wildfürst, Nudeln aus Wachteleiern und Weine aus Baden-Württemberg. Außerdem hat der Kiosk Mummel einen Onlineshop, in dem Merchandise-Artikel wie Tassen, Kappen und bald auch Badelatschen sowie die berühmte „Mummeltüte“ bestellt werden können. Das ist eine gemischte Tüte mit Süßigkeiten für Unterstützer. Ekamp: „Uns war es wichtig, aus unserem Kiosk ein Stück weit eine Marke mit Wiedererkennungswert zu machen, damit wir in der Zukunft auch bestehen können.“ Der Onlineshop biete eine zusätzliche Einnahmequelle. Für viele Anwohner sei der Kiosk ein wichtiger Treffpunkt, eine Anlaufstelle für den kurzen Plausch und ein Stück Heimat, berichtet Linda Ekamp. Zur Identifikation hat auch das selbst komponierte Trinkhallenlied beigetragen, dessen Text direkt neben dem Verkaufsfenster zu lesen ist und das man sich auf Spotify anhören kann.
Linda Ekamp: „Am Anfang kannten uns die Leute natürlich noch nicht, unsere Vorgänger haben den Kiosk 40 Jahren lang betrieben, das war für den ein oder anderen erstmal eine Umgewöhnung. Aber mittlerweile sind wir für viele eine feste Anlaufstelle geworden. Vor allem für ältere Menschen aus der Umgebung, die sich bei uns fußläufig mit dem Wichtigsten versorgen können. Zum Beispiel kommt jeden Morgen ein Stammkunde mit seinem Bruder und trinkt mit ihm bei uns einen Kaffee. Er hat hier am Kiosk auch seine Frau kennengelernt.“

Ballerbude: Zweites Zuhause für Stammkunden

Linda Ekamp findet, dass es keinen großen Unterschied zwischen einem Kiosk und einer Trinkhalle gibt. Das sieht auch Naciye Karabulut so, obgleich sich ihre Ballerbude in Oer-Erkenschwick ganz anders präsentiert. Schon beim Betreten merkt man, dass diese Trinkhalle weit mehr ist als nur ein Ort zum Einkaufen. Die „Ballerbude“ ist ein Treffpunkt für Jung und Alt, ein Ort der Gemeinschaft. Neben dem Verkaufsraum gibt es einen zweiten Raum, der stark an eine Kneipe erinnert. Hier finden die Gäste Spielautomaten, eine Dartscheibe und einen Fernseher. Die Wände sind mit Fotos von Stammkunden und Flaggen und Wimpeln von lokalen Sportvereinen geschmückt. Für einige Stammkunden ist die Ballerbude ein zweites Zuhause geworden. Sie kommen jeden Tag, haben ihren Stammplatz und schauen bei einem Bier Fernsehen, spielen Dart oder unterhalten sich. Wenn die Bude mal nicht pünktlich öffnet, wird von den Stammkunden schon mal „ein Spruch gedrückt“, so Karabulut. „Als Türkin war es anfangs sowieso nicht einfach, den Kiosk zu übernehmen. Zehn Jahre später stehen die ersten schon morgens um sechs vor unserer Tür und warten, dass ich endlich öffne. Wenn einer der Stammkunden Geburtstag hat, dann sammeln wir Geld und kaufen ein Geschenk.“
Vielleicht zeigt das den Unterschied zwischen Kiosk und Trinkhalle: Während der erste eher funktional und auf das Wesentliche beschränkt ist, bietet die Trinkhalle einen sozialen Raum, der über den reinen Verkauf hinausgeht. Am Ende aber werden an beiden Orten Geschichten erzählt, Freundschaften gepflegt und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt.
Tag der Trinkhallen
Am „Tag der Trinkhallen“ am 17. August präsentierten sich Büdchen und Kioske im Ruhrgebiet mit einem vielseitigen kulturellen und kulinarischen Angebot. Mehr Informationen und Programm