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Leidenschaft für Brillen
Vom Großhändler zum Brillenbauer: Das Unternehmen Koberg & Tente in Münster bleibt seiner Tradition treu und erfindet sich trotzdem immer wieder neu. (Von Britta Zurstraßen)
Seit über 75 Jahren verkauft Koberg & Tente Brillen. In diesem Frühjahr startet Frank Tente, Geschäftsführer in dritter Generation, ein neues Projekt: In seinem Unternehmen werden nicht nur Brillenfassungen entworfen, sondern auch vor Ort selbst hergestellt. "Das war mir schon seit Langem eine Herzensangelegenheit", sagt der Unternehmer. Die Marke „H3INZ“ wurde geboren, unter der Tente und einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter speziell für den regionalen Markt „Brillengestelle made in Münster“ fertigen. Und dies in einer gläsernen Manufaktur auf 28 Maschinen aus der Nachkriegszeit, die Tente bei einem Brillenbauer der alten Schule erwarb.
Doch zurück zur Entwicklung des Spezialisten für Brillengestelle. Gegründet 1946 von Heinz Koberg und Ludwig Tente als reiner Brillengroßhandel in Oelde, hat das Familienunternehmen seit 1955 seinen Sitz in Münster. „Mein Großvater als Betriebswirt und mein Großonkel, aus einer alten Uhrmacherfamilie, bedienten mit einem breiten Sortiment an bezahlbaren Brillenfassungen und Produkten wie Wettergeräten oder Lupen einen großen Bedarf in der Nachkriegszeit“, erzählt der heutige Geschäftsführer Frank Tente. In den sechziger Jahren orientierten sich die Gründer bei ihren Einkäufen auch nach Frankreich, Italien und Spanien, mit dem Fokus auf modische Brillenmodelle. Ab 1974 baute Frank Tentes Vater Heiner das Unternehmen weiter zu einem verlässlichen Partner der deutschsprachigen Optikerbranche aus.
„Mein Vater hat dann in den achtziger Jahren den Einkauf auf Japan und Südkorea ausgedehnt und gleichzeitig begonnen, Eigenmarken zu entwickeln“, so Frank Tente. Bei seinen Kunden und Herstellern, durch den Außendienst und auf Messen hatte der Seniorchef das Ohr am Markt und informierte sich, wo die Mode hingeht. „Bei einer Brille kann man nicht etwas komplett Neues erfinden“, erläutert sein Sohn. Der Spezialist für Brillenfassungen wollte sich aber von der Abhängigkeit durch Fremdzukäufe fertiger Kollektionen befreien und entschied sich, mit eigenen und externen Designern mehr und mehr unternehmenseigene Linien zu entwickeln.
„Die Optiker bieten immer weniger ein breites Sortiment an, sondern stellen sich auf die Ansprüche verschiedener Kundengruppen ein“, weiß Tente. „Seit rund 30 Jahren bieten wir mit unseren 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur noch Eigenprodukte für unterschiedliche Zielgruppen an, die wir selbst designen und bei unseren bewährten Lieferanten in Zusammenarbeit entwickeln und herstellen lassen.“ Diese sitzen vornehmlich in Asien, seit zehn Jahren aber auch wieder in Deutschland. Das Hauptgeschäft läuft mit einem Hersteller in Südkorea. „Der Lieferant dort bietet gute Qualität und ist seit langen Jahren verlässlich“, berichtet Frank Tente.
Er selbst stieg 2003 ins Familienunternehmen ein und arbeitete sich vom Außendienst in die Geschäftsführung. Hier treibt er seither die Entwicklung des Traditionshauses weiter voran. Bei seinem Einstieg bot Koberg & Tente drei Brillenlinien an, heut sind es acht – von einer bei jungen Kunden beliebten Retro-Marke über eine urbane, klare Linie für die Gruppe 40 plus, spezielle Sonnenbrillen, Kinderbrillen, die gemeinsam mit dem Coppenrath-Verlag entwickelt werden bis zu einer eher hochpreisigen klassischen Linie namens „Koberg“. „Für den Handel ist es immer wichtig, mit dem Produkt Geschichten zu erzählen“, weiß Tente. Dafür ist er auf Social Media-Kanälen unterwegs, gibt aber auch hochwertige Fachmagazine heraus, die zeigen, was in dem Unternehmen passiert. Immerhin muss sich Koberg & Tente bei den rund 10 000 nicht an Ketten gebundenen Optikern unter rund 4000 Anbietern von Brillenfassungen in Deutschland abheben.
© Morsey/IHK
„Unser Top-Seller sind immer noch die eye-max-Brillenfassungen mit hunderten verschieden designten farbigen Bügeln, die sich beliebig austauschen lassen“, sagt der Firmenchef. Hier kann man die Silhouetten der eigenen Stadt, Farbspiele, grafische Muster und vieles mehr je nach Laune und Kleidung auswählen. „Diese Idee kam vor rund zwölf Jahren von einem Außendienstmitarbeiter“, erzählt Tente. Viel mehr will der Unternehmer im Moment auch nicht im Programm haben. „Man muss die Brillenauswahl für die Präsentation bei den Fachhändlern noch in ein Auto bekommen“, schmunzelt er.
Wichtig ist Frank Tente auch das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen. Alles, was verbaut wird, wie die Umverpackungen der Brillengestelle oder die Präsentationsständer, werden unter ökologischen Gesichtspunkten ausgewählt. Gerade die Umstellung von Einweg Polybeuteln zu Mehrweg-Leinensäckchen für jedes Gestell ist neu in der Branche. Über eine Interessensgemeinschaft auf der deutschen Fachmesse soll versucht werden, die nur zu Präsentationszwecken genutzten Demogläser in den Brillenfassungen sortenrein zu recyceln.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel