Unternehmen & Märkte

Herrn Janus´ Gespür für den Markt

Unternehmergeist und Digitalisierung: Wenn beides zusammentrifft, ist Erfolg oft vorprogrammiert. Sebastian Janus gibt mit seinen Gründungen gute Beispiele. (Von Dominik Dopheide)
Sebastian Janus
Sebastian Janus © Grundmann/IHK Nord Westfalen
Bochum im Sommer 1998. Sebastian Janus legt das Sportmagazin beiseite, um der Tageszeitung eine Chance zu geben. Doch was er liest, kann ihn nicht überzeugen: zu spröde der Schreibstil, zu trocken die Themen, lautet sein Urteil. Aus heutiger Sicht ­allerdings hätte der damals 13-Jährige guten Grund, die Ausgabe einzurahmen und an einem Ehrenplatz auszustellen. Denn sie hat geweckt, was in ihm steckt: purer Unternehmergeist. „Ich habe mich gefragt, warum es keine Zeitung gibt, die Nachrichten speziell für junge Menschen aufbereitet“, erinnert er sich. „Ich mach das einfach“, beschließt er damals – und meint es ernst. Tagelang tüftelt der Schüler in den Ferien an Kreuzworträtseln, verfasst Artikel, ringt am PC mit dem Textverarbeitungsprogramm.
„Ich war immer schon ein Mensch, der aus keinem Euro einen oder zwei machen will“, sagt Janus. Zwar fehlen ihm 1998 noch ganze fünf Jahre zur Geschäftsfähigkeit. Von seiner Geschäftstüchtigkeit indes ist die gesamte Nachbarschaft bereits überzeugt. Schließlich hat der kleine Sebastian an jeder Tür geklingelt, um seine Zeitung zu vertreiben. Genau 15 Exemplare werden gekauft – aus Mitleid, vermutet Janus heute. Schnell merkt er, dass er diesen Markt nicht aufrollen kann und beendet das Projekt. Sein Leben als Unternehmer aber hat gerade erst begonnen. Denn statt aufzugeben entwickelt er ein anderes Geschäftsmodell: Mit einem CD-Brennservice für seine Mitschüler bessert er sein Taschengeld auf. „Die wichtigste Eigenschaft für einen Unternehmer ist Beharrlichkeit“, sagt der heute 33-Jährige im Rückblick auf seinen Werdegang. Seine erste Empfehlung für Gründer und Start-ups: „Es gibt immer Gegenwind, es läuft immer etwas schief, aber genau dann kommt es darauf an, an seine Ideen zu glauben.“

Eine Idee schneller

Mit der nächsten Idee ist er früh genug am richtigen Ort: im Internet. Auf einer großen Auktionsplattform bietet Janus, inzwischen geschäftsfähig, per Sofortkauf Handys an, die er zuvor für einen geringen Preis ebendort ersteigert hat. Die Digitalisierungswelle trägt ihn nach oben: „Das Geschäft hat sich sehr schnell sehr gut entwickelt“, berichtet er. Gemeinsam mit einem Freund steigt Janus noch tiefer ein ins Online-Business, nimmt Textilien und Schmuckaccessoires ins Portfolio. Wäre es nicht besser gewesen, eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen? „Warum?“, entgegnet Janus. Die beiden Jungunternehmer jedenfalls zieht es an den Markt, nicht in den Hörsaal. Eine bessere berufliche Basis, glauben sie, könne man ohnehin nicht legen. „Wir wollten uns vor dem Studium etwas aufbauen“, erklärt Janus. Der Plan geht auf. Zum einen, weil sie konsequent auf den stetig weiterwachsenden Onlinehandel setzen. Ein anderer Faktor ist ihr feines Gespür für den Markt. „Wir haben Trends früh erkannt“, erklärt Janus. Und sie sofort in Geschäftserfolg umgemünzt, wäre hinzuzufügen. Ein Beispiel: Als David Beckham in Madrid ein Faible für Rosenkranzketten als Mode-Accessoire zeigt, reagieren die beiden Geschäftsleute blitzschnell: Sie kaufen Rosenkränze in rauen Mengen an und können liefern, als der Boom beginnt. „Wenn ich eine Idee habe, will ich sie einen Tag später umsetzen“, sagt Sebastian Janus. In einem Hörsaal würde er wohl wirklich nicht glücklich werden.

Erfolg mit Expertenteam

Er selbst bereut den direkten Start von der Schulbank ins Unternehmerdasein nicht. „Ich habe keine Ausbildung, ich habe kein Studium, aber ich habe die Eigenschaft, Autodidakt zu sein“, erklärt er. Genug Wissen habe er sich angeeignet, um unternehmerische Entscheidungen zu fällen. Das bedeutet aber nicht, dass er seine Start-ups im Alleingang auf den Weg bringt. Im Gegenteil: „Zu meinem Erfolgsrezept gehört immer ein Expertenteam“, erklärt Janus. Seine Strategie etwa, mit dem eigenen Onlineshop in jeder Preissuchmaschine den ersten Platz zu erobern, wird von ausgewählten Programmierern umgesetzt.
Im nächsten Schritt nehmen Janus und sein Partner den Lagerverkauf der damaligen Runners Point GmbH unter ihre Fittiche – mit einem Onlinekonzept, das die Reichweite des in Recklinghausen ansässigen Unternehmens über Nacht drastisch erhöht. Schließlich verantworten beide in der eigens gegründeten Tredex GmbH das gesamte E-Business der Runners Point GmbH. „Wir waren 28, hatten 30 Millionen Umsatz und circa 150 Mitarbeiter“, blickt Janus zurück. Als die US-Handelskette Foot Locker Runners Point und Tredex 2013 übernimmt, wird er als Chief Financial Officer mit dem E-Commerce-Geschäft in Europa betraut. „Ich hatte ein gutes Gehalt und einen tollen Firmenwagen“, erzählt Janus. Sein Unternehmergeist aber fühlt sich eingesperrt in der Komfortzone. „Mit ist die Freiheit, selbst entscheiden zu können, am allerwichtigsten.“ Er hat die Stelle gekündigt und erstmal gemeinsam mit seiner Frau an sozialen Projekten in Kolumbien und Laos teilgenommen. In Asien entdecken sie ein Mittel, das ihnen hilft mit Belastungen umzugehen: Meditation. Gegen Zeitdruck nämlich und die Angst vorm Scheitern ist auch Sebastian Janus nicht gefeit. „Ich habe auch heute noch schlaflose Nächte“, räumt er ein. Im Zweifel hält er sich an einen Lehrsatz aus Laos: „Meditiere jeden Morgen und Abend zehn Minuten, hast du keine Zeit, dann zwei Mal eine Stunde.“
Die beiden Stunden kann Janus schon mal einplanen: Gleich zwei Gründungen halten ihn zurzeit auf Trab. Zum einen bringt er die Unternehmensberatung Janus Digital auf den Weg. Start-ups, Grow-ups, aber auch etablierte mittelständische Unternehmen will er bei der digitalen Transformation des Finanzbereiches unterstützen. Zum anderen stellt er, gemeinsam mit seiner Frau, die Onlineplattform Beautyself auf die Beine. „Wer Hautpflegeprodukte kaufen will, soll die Customer Journey bei Beautyself beginnen“, erklärt Janus. Rund 800 Marken stehen bei der Preissuchmaschine auf der Liste. Eine Idee entwickeln, die Zielgruppen befragen, dann ab auf den Markt: Diese Marschroute empfiehlt er allen, die ein Unternehmen gründen wollen, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. „Heute ist es auch nicht mehr nötig, für Software und Website ein Vermögen auszugeben, es gibt viele kostengünstige Tools, die gut funktionieren“, weiß der Unternehmer. Natürlich könne auf dem Markt ein Zwischenstopp bei externen Experten sinnvoll sein. „Die IHK zum Beispiel ist immer eine gute Adresse, die haben ein ganzes Netzwerk“, sagt Janus, der im Zuge der beiden aktuellen Gründungen zum Thema Markenrecht Rat von der IHK eingeholt hat. „Man kann seine Kompetenzen nicht überall haben“, sagt er. Antrieb und Leidenschaft allerdings seien Qualitäten, die in jedem Unternehmerleben gefordert werden. „Gründer haben ein Strahlen in den Augen“, sagt Janus. Ein guter Blick für den Markt, das hat er selbst bewiesen, ist auch von Vorteil.