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Kornbrennerei Schlüter: zwischen Tradition und Zukunft

Die Suderwicher Kornbrennerei Schlüter in Recklinghausen ist weit mehr als nur eine Produktionsstätte für edle Spirituosen. Sie ist ein lebendiges Zeugnis einer langen Geschichte, die bis ins Jahr 1742 zurückreicht. Die Kornbrennerei gehört damit zu den ältesten Unternehmen nicht nur in der Emscher-Lippe-Region. Durch die Jahrhunderte hat sich der Familienbetrieb nicht nur behauptet, sondern immer wieder neu erfunden, um den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden. | Text: Arne Pöhnert

Ein Familienbetrieb mit Pioniergeist

Die Geschichte der Suderwicher Kornbrennerei Schlüter ist eng verbunden mit der Familie, die sie seit Generationen führt. Seit Elisabeth Wuttke, 55 Jahre alt, das Unternehmen übernommen hat, führt sie die Tradition ihrer Vorfahren fort, gleichzeitig aber auch mit Blick auf die Zukunft. Ihre Mutter, Marielis Schulte-Holthausen, hat sich als eine Pionierin in der Brennereibranche etabliert. Sie war die erste Frau, die in Deutschland zur Brennmeisterin ausgebildet wurde. Das war 1972. Noch heute ist die 77-Jährige im Betrieb aktiv und kümmert sich neben ihrer Tätigkeit in der Brennerei um den Anbau von Erdbeeren. Unterstützt wird sie dabei von Erntehelfern. Marielis Schulte-Holthausen: „Ich helfe überall da, wo ich gebraucht werde, und das möchte ich noch so lange wie möglich machen.“
Die nächste Generation steht bereits in den Startlöchern. Johannes Wuttke, der Sohn von Elisabeth Wuttke und 18 Jahre alt, leitet zusammen mit seiner Mutter die Geschäfte, obwohl er eigentlich als Betriebsleiter in einem Maschinenbauunternehmen angestellt ist. Seine Freundin, Milena Walas (22 Jahre alt), ist ebenfalls in der Brennerei tätig. So bleibt die Kornbrennerei Schlüter in der Hand der Familie, auch wenn sich die Aufgaben innerhalb der Familie verschieben.

Die Moderne zieht ein

Ein neues, modernes Brennereigebäude ist im Aufbau und soll in naher Zukunft den Betrieb aufnehmen. In der neuen Brennerei wird ein besonderes Augenmerk auf Nachhaltigkeit gelegt. Sie soll mit der Energie einer Photovoltaikanlage betrieben werden, statt wie bisher mit Kohle oder Heizöl. Dieser Schritt ist nicht nur ein notwendiger Anpassungsprozess angesichts des Klimawandels, sondern auch ein klares Bekenntnis der Familie Wuttke zur Nachhaltigkeit und zur Verantwortung gegenüber kommenden Generationen.
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Auf der Weltausstellung in Paris (1900) hat die „Suderwicher Goldperle" eine Goldmedaille erhalten. © Arne Pöhnert/IHK Nord Westfalen
So setzt sich die Kornbrennerei Schlüter für Kreislaufwirtschaft im eigenen Produktionsprozess ein: Aus dem Getreide entsteht während des Brennprozesses die sogenannte Schlempe, ein eiweißreiches Abfallprodukt. Sie wird an Vieh verfüttert, dessen Dung wiederum die Getreidefelder mit Nährstoffen versorgt. Die Schlempe wird aber nicht nur verfüttert, sondern auch in Biogasanlagen zur Erzeugung von Energie genutzt. „Für uns ist diese Kreislaufwirtschaft ganz wichtig, so sind ja zum Beispiel die Gaspreise mit Beginn des Ukrainekriegs stark gestiegen, was sich auf die Preise für Glasflaschen ausgewirkt hat. Wenn wir da einen Beitrag leisten können, auch wenn er klein ist, dann ist das gut“, so Johannes Wuttke.
Die historische Brennerei wird aber nicht einfach stillgelegt oder abgerissen. Stattdessen soll sie zu einem kleinen Museum umgebaut werden, das die 280-jährige Geschichte des Unternehmens für Besucher erlebbar macht. Dafür wird sie mit der alten Dampfmaschine ausgestattet, die früher beim Kornbrennen genutzt wurde.
Obwohl viele historische Dokumente und Gegenstände aus dem Familientresor während des Zweiten Weltkriegs und der amerikanischen Besetzungszeit zerstört oder entwendet wurden, konnten einige Relikte gerettet werden. Eins davon ist der hauseigene Doppelkorn „Goldperle“, der im Jahr 1900 auf der Weltausstellung in Paris die Goldmedaille gewann – ein Highlight, das auch im geplanten Museum eine Rolle spielen wird.

Innovation und Tradition verbinden

Korn ist nach wie vor die Grundlage für alle Produkte. „Wir lagern unseren Korn sehr aufwendig, zum Teil auch in Cognacfässern, so dass wir immer ein hochwertiges Produkt verkaufen. Durch die Lagerung steigt die Qualität“, erklärt Johannes Wuttke.
Um den Wünschen der Kunden gerecht zu werden, wird die Produktpalette immer wieder aktualisiert. „Für uns ist es ganz wichtig immer wieder innovativ zu sein. Wir arbeiten immer an neuen Produkten und schätzen das Feedback unserer Kunden“, so Elisabeth Wuttke. Dabei reicht das Angebot von gereiften Doppelkorn aus dem Cognacfass über Obstliköre bis zu Winterlikören, die nach Marzipan, Bratapfel oder Haselnuss schmecken.
Nachhaltigkeit ist den Unternehmern auch bei der Verpackung wichtig: Auf Plastik wird fast vollständig verzichtet, stattdessen setzt man auf Glas, Papier und Pappe. Außerdem veredelt Elisabeth Wuttke die Flaschen für den Korn und die Liköre selbst. „Ich habe mir den Umgang mit Glas angeeignet, möchte meine Technik aber nicht preisgeben“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. „Es ermöglicht uns sehr gezielt auf Kundenwünsche einzugehen und jede Flasche in einen Hingucker zu verwandeln.“
Neben dem Verkauf im Ladengeschäft bietet die Brennerei die Produkte auch im eigenen Onlineshop an. Dies ermöglicht es, die alkoholischen Getränke weit über die Region hinaus zu vertreiben und den guten Ruf der Kornbrennerei Schlüter in die Welt zu tragen. Darüber hinaus werden in den historischen Räumlichkeiten der Brennerei Veranstaltungen ausgerichtet. Johannes Wuttke: „Wir wollen unsere Aktivitäten in Zukunft noch ausbauen, aber trotzdem immer noch Familienbetrieb bleiben. Vor allem das Marketing für unsere Brennerei soll noch deutlich ausgebaut werden. Unsere Museumsbrennerei wird dabei eine wichtige Rolle spielen.“
Die Kornbrennerei Schlüter in Recklinghausen ist beispielhaft für ein traditionsreiches Familienunternehmen. Die Familie Wuttke zeigt, dass Tradition und Moderne keine Gegensätze sein müssen, sondern sich gegenseitig bereichern können.
Mehr zu den ältesten Unternehmen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region bietet das IHK-Magazin Wirtschaftsspiegel.