3 min
Lesezeit
Kaffee für das Homeoffice
Steffen Sciba hat das Kaffeestudio Münster von seinem früheren Chef übernommen. (Von Daniel Boss)
Während des Telefon-Interviews ist ein leises Zischen im Hintergrund zu hören. „Ich teste gerade ein Ventil, das ich neu in einen Kaffee-Vollautomaten eingebaut habe“, erklärt Steffen Sciba. Der 33-Jährige führt seit Sommer 2020 das Kaffeestudio Münster. Im Ladengeschäft an der Hammer Straße bieten der Einzelhandelskaufmann und sein dreiköpfiges Team verschiedene Geräte zur Espresso- und Kaffeezubereitung an - sowohl Vollautomaten als auch Siebträgermaschinen europäischer Hersteller. Bohnen und Pulver sowie Mühlen, Reinigungs- und Pflegemittel sowie sonstiges Zubehör umfasst das Sortiment außerdem. Bereits seit den 1990er-Jahren gehört eine Werkstatt für Elektronik und Feinmechanik zum Kaffeestudio. „Die Symbiose aus Verkauf und Reparatur der verkauften Geräte hat sich voll bewährt“, sagt Steffen Sciba.
Die Kundschaft besteht fast ausschließlich aus Privatleuten. Mitunter bringen sie ihre defekten Maschinen aus Gronau, Dortmund oder Bielefeld vorbei. Etwa wenn das Mahlwerk nicht mehr mahlt, die Ventile verstopft sind oder es aus Leckagen tröpfelt. „In Münster ist das kalkreiche Trinkwasser ein großes Problem“, so der Fachmann. „Wir sind stets bemüht, die Durchsatzzeit in unserer Werkstatt so kurz wie möglich zu halten“, sagt Steffen Sciba. Denn er weiß: „Wenn die Kaffeemaschine streikt, ist Drama daheim.“
Natürlich ist der Ladeninhaber selbst ein großer Kaffee-Fan. Drei Espressi kommen an einem Vormittag schnell zusammen. Den Traum vom eigenen Geschäft hat er mit Hilfe des sogenannten ERP-Kapitals für Gründung realisiert. Dabei übernimmt die KfW bis zu 30 Prozent der förderfähigen Kosten in Form eines Nachrangkredits mit 100 Prozent Haftungsfreistellung. Das bedeutet, dass die KfW statt der beantragenden Hausbank 100 Prozent des Kreditausfallrisikos übernimmt.
Steffen Sciba, der schon seine Ausbildung im Kaffeestudio absolvierte, hat insgesamt 400.000 Euro aufgenommen. Damit konnte er die Nachfolge seines „Altmeisters“ Michael Eggert antreten. Bis heute steht ihm sein ehemaliger Chef - trotz Ruhestand - gelegentlich mit Rat und Tat zur Seite. Neben dem Kaufpreis diente das Kapital für Liquiditätsreserven („Wir haben große Lagerschwankungen“) und für einige Investitionen, darunter neue Metallschränke und eine moderne Alarmanlage. Gut vier Monate dauerte es, bis die Finanzierung - koordiniert durch die Hausbank - stand. Auf Grundlage eines Unterlagenpakets, das unter anderem die wichtigsten Geschäftszahlen aus den Vorjahren enthielt, bestätigte die IHK mit einer neutralen Stellungnahme gegenüber der KfW-Bank die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Übernahmekonzeptes, ein üblicher Vorgang im Rahmen des Förderprogramms.
Am 1. Juli 2020 schloss Steffen Sciba zum ersten Mal als Besitzer die Ladentür auf - mitten in der Pandemie. „Ich hatte im Vorfeld wegen der Corona-Situation schon die eine oder andere schaflose Nacht“, erinnert er sich. Doch letztlich habe er die Sache „unbedingt durchziehen“ wollen. Schließlich sei die Übernahme von langer Hand geplant gewesen. Weil das Kaffeestudio auch ein Handwerksbetrieb ist, konnte das Team auch in Lockdown-Zeiten arbeiten. Durch den Homeoffice-Boom hat vor allem die Werkstatt so viel zu tun wie niemals zuvor. „Die Maschinen sind jetzt den ganzen Tag im Einsatz, das führt zu höherem Verschleiß“, erklärt Steffen Sciba. „Dagegen müssen wir jetzt anreparieren.“
Mehr Infos: Übersicht der öffentlichen Finanzierungshilfen bei Gründung
Kontakt
Redaktion Wirtschaftsspiegel