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Frauen in Führungspositionen für eine starke Gesellschaft
Der Businessclub Frauen u(U)nternehmen (FuU) feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Mit rund 230 Mitgliedern ist der Verein ein wichtiges Netzwerk für Unternehmerinnen und Führungskräfte in der Region Münster und darüber hinaus. Im Interview spricht die Vorsitzende des Clubs, Margret Homann, über die Rolle von Frauen in Führungspositionen früher und heute gehen. Und sie zeigt auf, warum auch Vorbilder im Scheitern extrem wichtig sind.
Wirtschaftsspiegel: Wie hat sich generell die Rolle von Frauen in Führungspositionen in den vergangenen 25 Jahren verändert?
Homann: Wir sehen schon Verbesserungen, nicht zuletzt durch die Quote. Ich persönlich bin kein Freund der Quote aber ich weiß, wir brauchen sie, weil es eben sonst noch nicht funktioniert. Es ist ein notwendiges Übel, mit dem wir momentan leben müssen.
Wer vor 25 Jahren als Frau in die Selbstständigkeit gegangen ist, musste sich oft durchboxen. Mittlerweile ist im allgemeinen Bewusstsein angekommen, dass Frauen auch führen können. Die Arbeitszeitmodelle verändern sich, also auch die Möglichkeit, Kinderbetreuung oder Seniorenbetreuung in den Arbeitsalltag einzubringen. Durch die Pandemie haben wir gelernt, dass man Arbeitszeit flexibel regeln kann und dass Arbeiten im Homeoffice funktioniert. Und wenn wir uns anschauen, wann und warum Frauen gründen, stellt man fest, dass es häufig mit der eigenen Familienplanung zusammenhängt. Denn in der Selbstständigkeit können sie flexibler agieren. Bei Führungskräfte in Unternehmen ist noch Luft nach oben: mit Jobsharing könnten Unternehmen z.B. Kapazitäten als auch Kenntnisse besser auszunutzen. Ich finde eine Führungskraft muss nicht alles können. Sie hat Kernkompetenzen, in der sie besonders gut ist. Durch ein Jobsharing könnte sie sich darauf konzentrieren, während jemand anders die anderen Aufgabenbereiche erfolgreicher meistert.
Wirtschaftsspiegel: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für beruflich erfolgreiche Frauen von heute?
Homann: Die tägliche Herausforderung bleibt, Karriere und Privatleben zu vereinbaren und die Arbeitszeit effizienter zu nutzen. Wir Frauen dürfen das, was wir uns in den vergangenen 100 Jahren mühsam erarbeitet haben, nicht wieder preisgeben. Wenn Akzeptanz und Wertschätzung für erfolgreiche Frauen schwinden und sich steinzeitlich-konservatives Denken durchsetzt, dann bekommen wir ein Problem. Dabei können es sich Unternehmen schlichtweg nicht leisten, andere auszugrenzen. Wer doch ausgrenzt, wird vermutlich nicht überlebensfähig sein. Denn die allgemeine Vielfalt, nicht nur der Geschlechter ist die Basis dafür, dass es zum Schluss auch wirtschaftlichen Erfolg gibt. Und wenn wir gut durchmischt sind, dann haben wir eine wirklich gute Basis, um unsere Wirtschaft auch in die Zukunft zu führen und mit den Störfaktoren von links und rechts klarzukommen.
Wirtschaftsspiegel: Und wie geht man mit unterbewusst manifestierten Rollenbilder um? Wie bricht man die auf? Oder muss man da einfach durch und die Zeit wird es regeln?
Homann: Ich hoffe, dass die Zeit helfen wird – aber darauf können wir nicht warten. Wir müssen also nach wie vor Ungleichheiten ansprechen. Wir Frauen müssen für unsere Rechte einstehen. Zugeständnisse fliegen uns leider nicht einfach zu. Nicht umsonst gibt es die Frauenquote. Auf der anderen Seite glaube ich aber auch, dass Unternehmen, die nicht aus ihren veralteten Denkstrukturen rauskommen, sich zukünftig schlechter am Markt positionieren werden. Wenn man als weibliche Führungskraft zum Beispiel merkt, dass es beim anderen Arbeitgeber viel besser ist, dann bleibt man ja auch nicht bei dem Betrieb, sondern verändert sich. Frauen ziehen übrigens Frauen an. Bedeutet, Frauen gehen gerne dorthin, wo Frauen in Führungspositionen sind.
Abgesehen davon, müssen wir zusehen, dass die typischen von Männern geprägten Berufe für Frauen geöffnet werden. Und wir müssen Frauen motivieren, in diese Berufe hineinzugehen. Das gilt insbesondere für die MINT-Berufe oder Handwerksbetriebe. In den Berufsgruppen, in denen man eher Männer findet, kann eine Frau trotzdem den Betrieb führen.
Generell möchten wir Frauen motivieren, sich den MINT-Bereich mehr erschließen. Es gibt keine biologische Erklärung, warum wir in Mathe, Physik, Chemie schlechter sein sollten als Männer. Häufig werden noch immer in den Schulen die falschen Anreize gegeben.
Wirtschaftsspiegel: Sie sprachen gerade die Quote an. Die gilt nur für DAX-Unternehmen. Davon gibt es in Nord-Westfalen nur wenige. Geht es dabei um Sichtbarkeit und die Hoffnung, dass sich Frauen in Führung von oben in die KMUs vererbt?
Homann: Auf jeden Fall. Es ist einfach essentiell, dass Frauen Vorbilder bekommen und sehen, dass es funktioniert. Und wenn man dann die Fakten vergleicht, dass mehr weibliche Start-ups überleben, als männliche oder die von Frauen geführten Unternehmen weniger oft Pleite gehen, als die von Männern geführten, dann sind das doch alles Punkte, die motivieren. Wobei ich finde, dass wir hier im Münsterland schon relativ weit sind.
Wirtschaftsspiegel: Brauchen Frauen auch Vorbilder im Scheitern?
Homann: Ja. Wir müssen auch zeigen, dass heute erfolgreiche Unternehmerinnen auch früher schon mal gescheitert sein können. Frauen haben häufig Angst davor, was die anderen sagen. Wir hadern und hadern und hadern und trauen uns nicht, nochmal all in zu gehen. Und dann kommt dazu, dass eine Pleite in Deutschland nie etwas Gutes ist. In den USA ist das ganz anders. Scheitern gehört hier zur Lernkurve. Fehler sind nicht das Ende! Fehler gehören zum Wachsen dazu. Frauen dürfen sich nicht entmutigen lassen, sondern sollten selbstbewusst weitermachen.
Wirtschaftsspiegel: Was raten Sie Frauen in den 30-ern, die sich für Selbstständigkeit interessieren?
Homann: Sie sollten zu allererst von ihrem Konzept überzeugt sein. Und dann sind Kontakte sind das A und O. Darum sollte man sich möglichst frühzeitig vernetzen. Auch wenn man noch keine Führungskraft ist, können Netzwerke Chancen und Optionen aufzeigen. Ich empfehle, dran zu bleiben und nach Unterstützung zu fragen, um dem Ziel näher zu kommen. Genau das machen wir bei Frauen u(U)nternehmen: Uns gegenseitig unterstützen. Manchmal muss man auch einfach mal ins kalte Wasser springen. Wir Frauen sind meist gut ausgebildet, uns fehlt manchmal die nötige Selbstsicherheit. Aber wir können es! Und wer selbstsicher auftritt, wird auch als kompetent wahrgenommen.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel