Beratungsprogramm Wirtschaft NRW

Businessplan noch vor dem Abi

Dank Landesförderung konnten sich zwei Jungunternehmer professionell beraten lassen. (Von Daniel Boss)
Ein kleiner Selbstversuch für Eigentümer von Gewerbeimmobilien: Wie würden Sie reagieren, wenn sich zwei Studenten der Unternehmenslogistik bei Ihnen melden, um langfristig 400 Quadratmeter Produktionsfläche anzumieten? Und zwar mit dem Ziel, IT-Hardware in beleuchtete Alufelgen zu montieren und als extravagante Rechner zu verkaufen? Die Antwort muss sich natürlich jeder Vermieter selbst geben. Doch es ist zumindest zu vermuten, dass die Mehrheit „reifere“ Mieter und „ausgereiftere“ Projekte bevorzugen würde.
Dass Ben Richter und Niklas Toporysek ihre Firma dennoch im vergangenen Sommer aus den Kinderzimmern ihrer Elternhäuser in Marl in adäquate Räumlichkeiten in Gelsenkirchen-Resse verlagern konnten, liegt nach eigener Einschätzung nicht zuletzt an ihrem professionellen Businessplan. „Dank ihm nehmen uns Banken und Vermieter ernst“, sagt Ben Richter. Erstellt haben sie ihn - noch als Schüler - mit einer Steuerberaterin. Zur finanziellen Unterstützung griffen sie auf das Beratungsprogramm Wirtschaft NRW, kurz BPW, zurück. Die Bereitstellung von Informationen und Antragsabwicklung erfolgte über die IHK Nord Westfalen als sogenannte Kontaktstelle. Das BPW bezuschusst bei positiven Bescheiden die Beratung zur Entwicklung, Prüfung und Umsetzung von Gründungskonzepten vor der Realisierung. Die Hälfte des Tagessatzes, maximal 400 Euro, werden übernommen.
Für das junge Unternehmer-Duo, dass seit Kindergarten-Tagen befreundet ist, war die Beratung nicht nur für die Außenwirkung des Businessplans von hoher Bedeutung. „Wir hatten selbst keinerlei Erfahrung, etwa was die steuerliche Belastung angeht, oder wie Preisverhandlungen mit Lieferanten üblicherweise ablaufen“, erklärt Ben Richter. Inzwischen hätten sie ein Gespür für die Sache entwickelt. Und ihr Geschäft nimmt weiter Fahrt auf. Bis Jahresende wollen sie rund 150 Produkte verkauft haben. Der Vertrieb ihres „GamingWheel“ läuft über den eigenen Online-Shop sowie die Plattformen von MediaMarktSaturn. Nach Deutschland nehmen die 20-Jährigen nun auch den österreichischen Markt ins Visier.
Eigentlich hatten sich die beiden begeisterten Gamer und Autofans 2018 nur einen „coolen Rechner“ für den Eigenbedarf basteln wollen. Sie nutzten Felgen vom Schrottplatz und billige Spanplatten. „Das Ergebnis war aber so überzeugend, dass wir schnell an eine Vermarktung gedacht haben“, erzählt Ben Richter. Reichlich Motivation bekamen sie von TV-Moderator und Unternehmer Jean Pierre Kraemer („Die PS-Profis“). „Er war von unserem Prototyp begeistert.“ So kam es, dass sie noch zu Schulzeiten geschäftsführende Gesellschafter einer neu gegründeten GmbH wurden. Natürlich verwendet Ritomoc, so der Firmenname, keine Gebrauchtkomponenten mehr. Die hochwertigen Felgen kommen aus den USA, zum Einpassen der Elektronik kommen gelaserte Aluminiumteile zum Einsatz. Die Vorfertigung erfolgt teilweise in den Recklinghäuser Werkstätten der Diakonie. Ansonsten bauen Ben Richter und Niklas Toporysek noch alles allein zusammen. Ihre Kunden können aus 60 Kombinationsmöglichkeiten wählen, die Preise bewegen sich zwischen 2.000 und 4.000 Euro.
Das Startkapital stellten die Familien als private Darlehen zur Verfügung. Derzeit bemühen sich die Gründer um KfW-Darlehen, um weiter wachsen zu können. In der ersten Zeit half ihnen das Gründerstipendium.NRW: Ein Jahr lang gab es 1.000 Euro monatlich. „Das war sehr hilfreich, weil wir andernfalls hätten jobben müssen“, sagt Ben Richter. „So konnten wir unsere gesamte Freizeit ins Unternehmen stecken.“ Mit den Härten des Business sind sie bereits bestens vertraut: „Der allgemeine Chip-Mangel macht natürlich auch uns zu schaffen.“
Mehr zum Thema in der Ausgabe des IHK-Magazins Wirtschaftsspiegel Dezember 2021/ Januar 2022
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