Kommunale Finanzen 

Raus aus dem Teufelskreis 

Es wird immer deutlicher: Eine umfassende Reform der Kommunalfinanzen ist dringend notwendig, damit die Städte und Gemeinden starke und attraktive Wirtschaftsstandorte bleiben. | Text: Bernd Eßer
Die Städte und Gemeinden in Deutschland stehen unter einem enormen finanziellen Druck. Das verdeutlichen die gerade veröffentlichten Ergebnisse der Haushaltsumfrage von Städtetag NRW und Städte- und Gemeindebund NRW genauso wie das aktuelle KfW-Kommunalpanel 2024. Die große Mehrheit der Kämmereien bewertet die derzeitige Finanzlage negativ. Sogar rund 90 Prozent blicken pessimistisch auf die Entwicklung in den nächsten fünf Jahren. Die Lage dürfte demnach eher schlechter als besser werden. Das ist alarmierend.
Während sich die Finanzlage der Kommunen weiter verschlechtert, steigt der Investitionsrückstand. Die Daten und Analysen der KfW machen klar, wie groß die Kluft zwischen den finanziellen Bedürfnissen und den verfügbaren Mitteln auf kommunaler Ebene inzwischen geworden ist. Insbesondere die steigenden Ausgaben bei den Sozial-, Personal- und Sachkosten sind langfristige Herausforderungen für die Kommunalhaushalte, die die Investitionsspielräume zur Instandhaltung und Verbesserung der Infrastruktur dauerhaft weiter verringern.
Dabei sind die Investitionsausgaben in den Kommunen auf den ersten Blick aktuell sogar moderat gestiegen. Allerdings resultiert der Anstieg aus den drastisch gestiegenen Baukosten, so dass bei näherer Betrachtung tatsächlich ein realer Rückgang der Investitionstätigkeit festzustellen ist.
Nach einer bundesweiten Hochrechnung beläuft sich der wahrgenommene Investitionsrückstand der Kommunen auf insgesamt 186 Milliarden Euro. Das sind rund 20,5 Milliarden Euro oder 12,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Zu den gestiegenen Baukosten als Ursache kommen langwierige Genehmigungsverfahren und Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft. Dringende Projekte lassen sich so auf absehbare Zeit nicht realisieren.
Das Resultat ist ein weiter wachsender Investitionsrückstand, der besonders für die Verkehrsinfrastruktur, aber auch für die Schulgebäude, die Erreichung der Klimaziele und den Katastrophenschutz gravierende Folgen hat. Und damit auch für die Unternehmen, für die eine leistungsfähige Infrastruktur eine entscheidende Grundlage ist, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.
Zur vielerorts sinkenden Leistungsfähigkeit der Infrastruktur und kommunaler Dienstleistungen kommt erschwerend hinzu, dass sich viele Städte und Gemeinden gezwungen sehen, die Grund- und Gewerbesteuern zu erhöhen, um die wachsenden Finanzierungslücken zu schließen. Auch das hat unmittelbare negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Städte und Gemeinden als Wirtschaftsstandorte.
In Nordrhein-Westfalen liegen die durchschnittlichen Hebesätze für die Gewerbesteuer deutlich über dem Bundesdurchschnitt, was unsere Unternehmen stark belastet. Die Folge: eine zunehmende Standortunsicherheit, die bestehende Unternehmen vor Herausforderungen stellt und Investoren abschreckt. Mehr noch: Ein sich immer schneller drehender Teufelskreis aus steigenden Steuern und sinkender Leistungsfähigkeit droht.
Jüngst räumte der NRW-Landtag den Städten und Gemeinden die Möglichkeit ein, bei der Grundsteuer künftig unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Nicht-Wohngrundstücke zu erheben. Trotz der angespannten Finanzlage der Kommunen darf das jedoch nicht weitere zusätzliche Belastungen und noch mehr Bürokratie für die ohnehin im Vergleich überdurchschnittlich stark belasteten Betriebe in Nordrhein-Westfalen zur Folge haben.
Mit jedem Jahr, das vergeht, wird deutlicher: Ohne eine umfassende Reform der Kommunalfinanzen und eine nachhaltige Lösung für die kommunalen Altschulden wird es immer schwieriger, die Grundlagen für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand zu sichern.
Die IHK Nord Westfalen setzt sich deshalb für eine Reform der Kommunalfinanzierung und eine Lösung der kommunalen Altschuldenfrage ein. Die Kommunen müssen ihre Investitionen planbar und nachhaltig finanzieren können. Eine Reform der Gewerbesteuer ist notwendig. Für eine bessere Finanzausstattung müssen die Steueranteile der Kommunen an allen Steuereinnahmen angehoben werden. Auf der anderen Seite müssen die Städte und Gemeinden von Bürokratie entlastet werden. Es muss geprüft werden, welche Regeln es wirklich braucht und wie sich bestehende Aufgaben effizienter lösen lassen. Auch hierdurch ergeben sich finanzielle Spielräume. Alle künftigen und bestehenden Aufgaben und Kostenabwälzungen vom Land auf die Städte und Gemeinden müssen auf den Prüfstand. Im föderalen Staat muss diejenige Ebene, der die Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe obliegt, auch für die damit verbundene Finanzierung verantwortlich zeichnen.
Unsere Städte und Gemeinden stehen vor großen Problemen und Herausforderungen. Aber es besteht hier auch die Chance, durch gezielte Maßnahmen und strukturelle Reformen die Weichen für eine nachhaltige Zukunft für die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zu stellen. Die IHK Nord Westfalen engagiert sich deshalb im Verbund mit den IHKs in Nordrhein-Westfalen für die Zukunftsfähigkeit und Sicherung der kommunalen Standorte in NRW. Die Kommunen müssen als starke Partner für unsere Wirtschaft attraktiv und handlungsfähig bleiben sowie in der Lage, ihre Zukunft selbst zu gestalten.

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