Standort & Politik

Wettbewerbsnachteil durch Standortkosten

Der FMO zeigt sich sehr gut von Corona erholt. Die schwierigen Standortbedingungen sind aber auch hier spürbar. Diskutiert wurde darüber auf dem 4. IHK-Luftverkehrsforum. | Text: Tobias Hertel
Der Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) ist für die Regionen Nord-Westfalen und Osnabrück–Emsland–Grafschaft Bentheim ein unverzichtbarer Teil der Verkehrsinfrastruktur und ein wichtiger Standortfaktor. Auf dem 4. Luftverkehrsforum der IHKs Nord Westfalen und Osnabrück–Emsland–Grafschaft Bentheim kamen rund 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung zusammen, um sich über die Entwicklung des Flughafens und die Herausforderungen der Zukunft auszutauschen.

Deutschland hinkt in Europa hinterher

Diese Herausforderungen liegen vor allem in den hohen Standortkosten für Flughäfen und Fluglinien. „Der Luftverkehr in Deutschland hat sich seit Corona zwar weiter erholt“, erläuterte Dr. Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Doch dabei hinke der heimische Markt weit hinter dem restlichen Kontinent zurück. „Europa hat zu 99 Prozent das Niveau von 2019 erreicht, Deutschland erst zu 83 Prozent“, rechnete er vor.
„Dafür gibt es Gründe, für die wir selbst verantwortlich sind“, erklärte er. „Nirgendwo in Europa sind die Luftverkehrssteuer und andere nationale Sonderbelastungen so hoch wie in Deutschland.“ Der Abstand habe sich sogar immer weiter vergrößert. Lang hatte Beispiele mitgebracht: Während sich die staatlichen Standortkosten für einen typischen Mittelstreckenflug von einem deutschen Flughafen auf bis zu 4.400 Euro summieren, liegen sie in Madrid bei rund 660 Euro, in Rom bei etwa 2.200 Euro. Den größten Anteil daran hat die Luftverkehrssteuer, die Schweden, wie der BDL-Hauptgeschäftsführer anmerkte, im kommenden Jahr ersatzlos streicht.
Wenn zusätzlich noch eine „überbordende Bürokratie“ und deutsche Regelungen, „die weit über EU-Recht hinausgehen“, hinzukämen, dann wanderten Airlines ab. „Das hat existenzielle Auswirkungen“ – für die Flughäfen, aber auch die Wirtschaft. Airlines reduzieren Flugverbindungen und ziehen Flugzeuge ab, wichtige deutsche Wirtschaftsregionen werden schlechter angebunden. Seinen Appell an die Wirtschaft, sich geschlossen für eine wettbewerbsfähige Luftverkehrs-Infrastruktur einzusetzen, griffen die Präsidenten der IHKs, Dr. Benedikt Hüffer (Nord Westfalen) und Uwe Goebel (Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim), auf: „Der FMO ist für viele Unternehmen unverzichtbar, gerade weil er Zugang zu internationalen Märkten bietet“, wie Hüffer betonte.

Über eine Million Passagiere erwartet

Dabei entwickeln sich die Fluggastzahlen sehr positiv: FMO-Geschäftsführer Prof. Rainer Schwarz begrüßt schon in Kürze den ein Millionsten Passagier des Jahres. Etwa 1,25 Millionen Passagiere sollen es 2024 insgesamt werden. Das Vor-Corona-Niveau von 2019 ist damit wieder erreicht und wird sogar übertroffen, was noch längst nicht jedem Flughafen gelungen ist. Damit einher gehe aber eine Strukturveränderung, die sich auch an anderen Airports bemerkbar mache, so Schwarz: Am FMO seien seit 2019 etwa 70.000 Geschäftsreisende weniger abgeflogen, dafür sei der Tourismus ein Treiber – Mallorca und Antalya kommen auf ein Plus von zusammen mehr als 300.000 Fluggästen. „Das touristische Flugangebot stärkt die Attraktivität der Region“, meinte IHK-Präsident Hüffer dazu und ergänzte: „Die erfreulichen Fluggastzahlen zeigen, dass das Angebot des FMO richtig ist.“
Ab dem Winterflugplan stellt die Lufthansa die Verbindung zum Drehkreuz Frankfurt mangels Nachfrage und Wirtschaftlichkeit ein, stärkt aber gleichzeitig die verbliebene Verbindung ab FMO zum Drehkreuz München. „Von 60 Umsteigezielen über Frankfurt sind 58 auch über München erreichbar“, unterstrich der FMO-Chef – die Ausnahmen Innsbruck und Salzburg fallen da kaum ins Gewicht. Trotz vieler Gespräche: Andere Netzfluggesellschaften wie Turkish Airlines, KLM, Air France und British Airways bauen keine zusätzlichen Kapazitäten in Deutschland oder gar Münster/Osnabrück auf. „Die Standortkosten sind zu hoch“, bestätigte Schwarz die klaren Aussagen des BDL-Hauptgeschäftsführers.

Unternehmen brauchen Drehkreuzverbindung

Wie wichtig deshalb die Lufthansa-Drehkreuzverbindung nach München ist, betonte Andreas Busacker, CFO der Schmitz Cargobull AG aus Horstmar in der Podiumsdiskussion: „Der FMO stellt für unser Unternehmen einen ortsnahen Zugang aus der Region zu den Wirtschaftsmetropolen weltweit her.“ Die Sicherung und Stärkung der verbliebenen Drehkreuzverbindung nach München sei daher für Schmitz Cargobull und die gesamte Wirtschaftsregion – mit ihren vielen mittelständischen Unternehmen – von großer Bedeutung“. Auch im Sinne der Arbeitgeberattraktivität habe der FMO eine Strahlkraft die Region.
Vor diesem Hintergrund hob Hüffer in seinem Beitrag hervor, wie wichtig es sei, „dass wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und des FMO sichern“. Der Flughafen ist ein Standortfaktor, was Schwarz mit Zahlen untermauert: 2023 erwirtschaftete der Airport ein Betriebsergebnis (EBITA) von über fünf Millionen Euro. „Dies geht einher mit einem echten Bilanzgewinn – dem ersten seit 2011. Damit erfüllt der FMO alle EU-Anforderungen für kommunal getragene Flughäfen“, so Schwarz. Bedeutsam ist der Grevener Airport auch als Jobmotor: 2.900 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von ihm ab. 69 Betriebe am Standort erzielen eine jährliche Wertschöpfung von 77 Millionen Euro. Der Flughafen sei damit „ein bedeutender Treiber der Leistungsfähigkeit der Region“.
Einen weiteren Aspekt sprach der Präsident der IHK Nord Westfalen an: „Hinzu kommen die vielfältigen Forschung- und Entwicklungsaktivitäten für nachhaltigen Luftverkehr durch Forschungseinrichtungen und vielfältige Aktivitäten kleiner und großer Flugzeughersteller“, erläuterte Hüffer. Der FMO biete für solche Aktivitäten mit seiner derzeitigen Infrastruktur bereits gute Rahmenbedingungen. Wie weit der FMO selbst bei Projekten zur Nachhaltigkeit vorangehe, verdeutlichte Schwarz. Im Vergleich zum Bezugsjahr 2008 hat der Flughafen bereits 90 Prozent der von ihm selbst beeinflussbaren CO2-Emissionen reduziert. „Im nächsten Schritt müssen wir das Fliegen selbst klimaneutral machen. Das braucht elektrisch betriebene Flugzeuge und eigene PV-Anlagen. Damit starten wir 2026“, freut sich Schwarz. Geplant ist auf einer Fläche von 70 Hektar nicht weniger als die größte Photovoltaik-Anlage in NRW.