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Chance für Champions
Die FFB-PreFab bietet einen Vorgeschmack auf die kommende Giga-Factory. Und Mittelständlern die Chance, sich noch einzuklinken in den Prozess zur nachhaltigen Herstellung von Batterien. | Text: Guido Krüdewagen
Ausgerechnet Münster. Die Dienstleistungsmetropole, der „Schreibtisch Westfalens“, ist neuer Hoffnungsträger der deutschen Industriepolitik. An der ungewohnten Rolle besteht kein Zweifel mehr seit der Eröffnung des ersten Bauabschnitts der Fraunhofer-Forschungsfertigung Batteriezelle, der sogenannten FFB PreFab. Das liegt ganz sicher an den rund 800 Millionen Euro, die Bund und Land in Münster investieren, damit Wissenschaft und Industrie hier gemeinsam die weltweit effizienteste und nachhaltigste Produktion von Batteriezellen erforschen und aufbauen. Hoffnung macht aber vor allem die Aufbruchstimmung, die die Wissenschaftler selbst an diesem 30. April 2024 vor den rund 600 Gästen der Eröffnungsfeier verbreiten.
Hier in Münster wird der Standort Deutschland gestärkt.Bettina Stark-Watzinger, Bundesforschungsministerin
Immer wieder wird die „BatteryCityMünster“ als Symbol für die Eigenständigkeit Deutschlands und Europas beschrieben. Und als Ort, wo „die Technologiesouveränität auch gegen alle Widerstände“ erreicht werden soll. Die Ministerin macht unmissverständlich klar: „Unsere Freiheit, die wird auch hier in Münster verteidigt. Wir müssen unabhängiger werden von Staaten, die unsere Werte nicht teilen.“
Legten den symbolischen Schalter zur Inbetriebnahme der FFB PreFab um (v.r.): Prof. Dr. Simon Lux, Prof. Dr. Jens Tübke und Prof. Dr. Achim Kampker (Mitglieder der Institutsleitung Fraunhofer FFB), Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka (Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft), Oberbürgermeister Markus Lewe, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes und NRW-Wirtschaftsstaatssekretärin Silke Krebs.
© Krüdewagen/IHK Nord Westfalen
Mit 500 Millionen Euro fördert der Bund den Aufbau der FFB. Auch Nordrhein-Westfalen „investiert hier als einzelnes Bundesland kräftig in die Unabhängigkeit des ganzen Landes“, betont kurz darauf der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst. 300 Millionen Euro gibt das Land für die FFB, um mit „dafür zu sorgen, dass industrielle Wertschöpfung in Deutschland und in NRW bleibt und wir die Klimaziele erreichen“. Fast schon schwurartig beteuern an diesem Tage Bund und Land, die Batterieforschung auch bei zukünftig knapper werdenden Mitteln finanzieren zu wollen. „Die Batterieforschung muss gestärkt werden. Heute und morgen. Wir werden Lösungen finden“, diktiert Stark-Watzinger öffentlich. Dabei applaudiert auch IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel, der später in einer Podiumsrunde die „herausragende Chance für die Wirtschaftsregion unterstreicht, eine führende Rolle in einer zentralen Zukunftstechnologie zu übernehmen und sich insgesamt noch stärker als Tech-Region zu positionieren“.
Pionierarbeit für die Zukunft der Batterieherstellung
Es schwingen viele Emotionen mit bei der Eröffnung der PreFab. Dabei liefert sie nur einen Vorgeschmack auf die sechs Mal so große eigentliche FFB Fab, die ab 2026 „Raum für praxisnahe Forschung im Giga-Maßstab“ bieten soll. Aber schon die PreFab weckt Appetit. Insbesondere die Innovationsmodule. Es sind Erprobungsflächen im industriellen Maßstab. Sie stehen Unternehmen zur Verfügung, um gemeinsam mit den Wissenschaftlern zu prüfen, ob ihr Prozessschritt zur Herstellung von Batteriezellen funktioniert: Separat wie auch bei der Integration in den Gesamtprozess. Prof. Dr. Simon Lux, der zusammen mit Prof. Dr. Achim Kampker und Prof. Dr. Jens Tübke die FFB leitet, greift auf eigene Erfahrungen aus der Automobilindustrie zurück und verdeutlicht den Vorteil des Konzepts: „Wir nehmen den Unternehmen den Schmerz, selbst Produktionslinien aufzubauen.“
Am Podiumsgespräch zur Eröffnung der FFB PreFab, das Tobias Häusler moderierte, nahmen FFB-Institutsleiter Prof. Dr. Simon Lux, Fraunhofer-Präsident Prof. Dr. Ing. Holger Hanselka, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, NRW-Wirtschaftsstaatssekretärin Silke Krebs und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel teil (v.r.).
© Krüdewagen/IHK Nord Westfalen
Legten den symbolischen Schalter zur Inbetriebnahme der FFB PreFab um (v.r.): Prof. Dr. Simon Lux, Prof. Dr. Jens Tübke und Prof. Dr. Achim Kampker (Mitglieder der Institutsleitung Fraunhofer FFB), Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka (Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft), Oberbürgermeister Markus Lewe, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes und NRW-Wirtschaftsstaatssekretärin Silke Krebs.
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Matthias Günnewig (Geschäftsleiter Technologieförderung Münster GmbH), Prof. Dr. Andreas Pinkwart (ehemaliger NRW-Wirtschaftsminister) und Dr. Fritz Jaeckel (Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen.
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Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, betonte: „Hier in Münster wird der Standort Deutschland gestärkt."
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NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Alle wollen das! Das ist hier keine satte Truppe, die ganze Region ist voll committed über alle Parteigrenzen hinweg.“
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IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel: „Die FFB PreFab ist eine herausragende Chance für die Wirtschaftsregion, eine führende Rolle in einer zentralen Zukunftstechnologie zu übernehmen und sich insgesamt noch stärker als Tech-Region zu positionieren.“
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v.r.: Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, NRW-Wirtschaftsstaatssekretärin Silke Krebs und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel.
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Mit der PreFab ist auf dem 17.000 m² großen Grundstück eine Musterlinie entstanden, die den gesamten Produktionsprozess abbildet und wichtige Grundlagen für das Upscaling liefert.
© Artur Krause | ARTVISU
Die Forschungsanlage entsteht auf zwei Grundstücken zwischen Dortmund-Ems-Kanal und Autobahn A1 im Hansa-BusinessPark.
© Artur Krause | ARTVISU
Die Produktion im Industriemaßstab wird dann später in der sog. FFB Fab in unmittelbarer Nachbarschaft zur PreFab im zweiten Bauabschnitt auf einer Fläche von ca. 39. 000 m² errichtet.
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„Es ist eine komplett durchgehende Fertigungsstrecke für Batteriezellen, in die sich der europäische Mittelstand mit einzelnen Prozessschritten einklinken kann“, erläutert Fraunhofer-Präsident Prof. Dr. Holger Hanselka. Kein Unternehmen aus dem Mittelstand sei allein in der Lage, die gesamte Prozesskette abzudecken. „Unsere Stärke und Aufgabe ist es, diese Hidden Champions und Spezialisten aus Europa hier in die Produktionskette einzubinden und zu vernetzen“, betont er.
Nationale Kooperation für zukunftsweisende Innovationen
Nicht anders ist es mit den Wissenschaftlern. Auch wenn in Münster die Fäden zusammenlaufen: Das „Team Batterie“ ist mindestens deutschlandweit aufgestellt. „Wir müssen alle mitnehmen, sonst funktioniert das nicht“, betont Hanselka. Das gesamte Wissen zur Batteriefertigung und Materialforschung, das in der Fraunhofer-Gesellschaft vorhanden ist, soll in Münster angewandt werden. So auch das aktuelle Know-how von Wissenschaftlern aus Dresden. Die hier entwickelte Trockenbeschichtung soll in Münster zum ersten Mal in einem industriellen Prozess angewandt werden. Es sei ein vertrauensvolles Miteinander notwendig, damit dieses Zusammenspiel funktioniere. „Halten Sie die Gruppe zusammen, schaffen Sie ganz viel Motivation“, appellierte der Fraunhofer-Präsident an das Leitungsteam der FFB.
Am Podiumsgespräch zur Eröffnung der FFB PreFab, das Tobias Häusler moderierte, nahmen FFB-Institutsleiter Prof. Dr. Simon Lux, Fraunhofer-Präsident Prof. Dr. Ing. Holger Hanselka, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, NRW-Wirtschaftsstaatssekretärin Silke Krebs und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel teil (v.r.).
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Die Euphorie in der Wissenschafts-Community blitzt immer wieder auf. Auch Prof. Tübke schwärmt: „Das ist einzigartig.“ Das Feedback aus der Industrie sei entsprechend. „Wir freuen uns, dass wir da jetzt durchstarten können“, sagt Tübke, der offenkundig kaum abwarten kann, in der Fabrik zu arbeiten. Die Aufbruchstimmung spüren auch Wüst und Stark-Watzinger. „Alle wollen das! Das ist hier keine satte Truppe, die ganze Region ist voll committed über alle Parteigrenzen hinweg“, resümiert der Ministerpräsident die Stimmung im Festzelt, während die Forschungsministerin den Blick in die Zukunft wagt und prognostiziert: „Wenn wir 2026 hier stehen, werden wir über einen dritten Bauabschnitt sprechen, da bin ich mir ganz sicher.“
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Redaktion Wirtschaftsspiegel