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Unternehmensnachfolge – leider oft Fehlanzeige
Für Unternehmerinnen und Unternehmer war es noch nie schwieriger, eine geeignete Nachfolge zu finden. Besonders alarmierend: Ein Viertel erwägt sogar, den Betrieb vorzeitig zu schließen. Hochgerechnet auf sämtliche Inhaberinnen und Inhabern ab 60 Jahren könnten in den kommenden fünf Jahren etwa eine Viertelmillion Unternehmen von solchen Schließungen betroffen sein.
Das ist das Ergebnis des aktuellen DIHK-Reports Unternehmensnachfolge 2023, für den rund 24.000 Kontakte von IHK-Beraterinnen und -Beratern aus dem vergangenen Jahr ausgewertet wurden. „Das sind einschneidende Entwicklungen für den Standort Deutschland. Immer mehr Unternehmen – gerade kleine und mittlere – verschwinden so und hinterlassen Lücken in Wirtschaft und Gesellschaft“, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian.
Inzwischen gibt es in der IHK-Nachfolgeberatung mehr als dreimal so viele Angebote wie Übernahmeinteressenten. Nicht einmal halb so viele potenzielle Nachfolger wie vor der Corona-Pandemie erkundigen sich bei ihrer IHK (2.017 nach 4.302 im Jahr 2019). Das ist ein historisches Tief seit Beginn der Statistik im Jahr 2007.
Verunsicherung, Bürokratie, steigende Kosten
Ein wichtiger Grund für das schwindende Interesse ist die demografische Entwicklung, die die Generation potenzieller Nachfolger ausdünnt. Allein dadurch ist aber der starke Rückgang in den letzten beiden Jahren nicht zu erklären. Die Unternehmen berichten den IHKs von starker Verunsicherung über die wirtschaftliche Zukunft, immer weiter steigenden Kosten für Energie, Fachkräftemangel sowie von enormer Regulierungsdichte. Die geplanten Initiativen im Wachstumschancengesetz, dem Vierten Bürokratieabbaugesetz oder auch im Beschleunigungspakt von Bund und Ländern sind zwar ein Anfang. Aber: „Ausschlaggebend ist, dass die Erleichterungen schnell in der Unternehmenspraxis ankommen. Die Betriebe müssen die Entlastung konkret spüren können.“ Beim Wachstumschancengesetz kommt es bei den Beratungen im Vermittlungsausschuss nun darauf an, die gerade auch für den Mittelstand guten Ansätze nicht zu verwässern. Zuletzt waren eine Reihe ursprünglich geplanter Verbesserungen bereits eingeschränkt worden, wie etwa bei den Anpassungen der Verlustverrechnung oder bei der Besteuerung von einbehaltenen Gewinnen in Personenunternehmen.
Nord-Westfalen: 40% der Familienunternehmer Ü55
„Im IHK-Bezirk Nord Westfalen sind fast 40 Prozent der Familienunternehmer im IHK-Bezirk Nord Westfalen älter als 55 Jahre“, weiß Sven Wolf, IHK-Geschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung und Weiterbildung. Mit jedem Unternehmen, das aufgegeben werde, weil ein Nachfolger fehlt gehen Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft verloren, so seine Befürchtung. Aufgrund der Corona-Pandemie, gestörter Lieferketten, Energieunsicherheit und hoher Inflation haben viele Unternehmen in den vergangenen Jahren den Generationenwechsel verständlicherweise nicht mit oberster Priorität verfolgt, so Wolf weiter. Damit Unternehmen beim Generationenübergang nicht in unruhiges Fahrwasser geraten und bei Bedarf ihre ersten Ideen und Wünsche anpassen können, ist es aber wichtig, „rechtzeitig den Prozess in Gang zu bringen und dabei Fachleute mit ins Boot zu holen“. Vielen Inhabern und potenziellen Nachfolgern wird erst so richtig bewusst, wie komplex der Generationenwechsel ist, wenn sie sich aktiv damit auseinandersetzten.
IHK-Serviceangebot Unternehmensnachfolge
Die IHK Nord Westfalen unterstützt Nachfolgeprozesse in Unternehmen seit vielen Jahren mit frühzeitiger Information, fachkundiger Einzelberatung bis hin zur vertraulichen Vermittlung von potenziellen Nachfolgern durch den IHK-Nachfolger-Club. Die Nachfolge-Generation kann zudem die vielfältigen Angebote der IHK-Weiterbildung zur Vorbereitung nutzen. Ziel der IHK ist es, den Unternehmensbestand der Region und damit die Arbeitsplätze so weit wie möglich zu erhalten.
IHK-Ansprechpartner zur Nachfolge:
Michael Meese
Raum: 1.206
Reinhard Schulten
Raum: B-104
Christian Seega
Raum: 1.207
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Redaktion Wirtschaftsspiegel