Standort und Politik

Mehr Einwohner als gedacht

Fast 50 000 Menschen mehr werden 2045 in Nord-Westfalen leben. Doch nicht jede Region wird wachsen. Und sinken wird auf jeden Fall weiterhin die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter. | Text: Jutta Gogräfe

 
Entgegen früherer Prognosen wird die Bevölkerungszahl im IHK-Bezirk Nord Westfalen auch in den kommenden beiden Jahrzehnten weiter steigen - so eine neue Berechnung des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBSR). Als wesentlicher Treiber dieser Entwicklung gilt die Zuwanderung aus dem Ausland.  Dadurch gewinnen alle Kreise in Deutschland Einwohner. Zumindest teilweise werden so wachsende Sterbeüberschüsse kompensiert. Im Jahr 2045 dürften danach in Nord-Westfalen rund 2,68 Millionen Menschen leben, das sind rund 49 000 mehr als im Ausgangsjahr der Berechnungen 2021 mit 2,63 Millionen.
Dabei liegen in den Teilräumen des IHK-Bezirks, ebenso wie in anderen Regionen Deutschlands, Wachstum und Schrumpfung nebeneinander. So wird die Emscher-Lippe-Region mit knapp 970.000 Einwohnern in gut 20 Jahren auf niedrigerem Niveau stehen als heute, während das Münsterland auf 1,7 Millionen Einwohner zulegen dürfte. Dies trifft insbesondere auf die Stadt Münster zu, die von rund 318 000 Einwohner (2021) auf prognostizierte 358 000 Einwohner im Jahr 2045 steigen wird. Sie ist eine der wenigen Städte in Deutschland mit Geburtenüberschuss und Zuwanderungsgewinnen aus dem In- und Ausland.
 

Demografische Alterung

Weitaus gravierender aber sind die Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur: Die demografische Alterung setzt sich weiter fort, so dass der Anteil der älteren Altersgruppen kontinuierlich zunimmt. Nur wenige Kreise in Deutschland – dazu gehört wiederum die Stadt Münster – können sich dank ihrer Wanderungsgewinne von diesem Trend abkoppeln. Insgesamt wird die Zahl der Menschen im Rentenalter in Nord-Westfalen deutlich zunehmen - um rund 20 Prozent beziehungsweise 100 000 auf dann insgesamt über 590 000 Einwohner. Dies betrifft vor allem die Münsterland-Kreise Coesfeld, Borken und Steinfurt heraus, deren Durchschnittsalter nach den neuen Berechnungen weit überdurchschnittlich steigen wird.
Gleichzeitig schrumpft die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter, also die Altersgruppe der 20- bis 65-Jährigen. Hier ist ein Rückgang um rund 86 000 Menschen bis zum Jahr 2045 zu erwarten, davon entfallen minus 39 000 auf das Münsterland und minus 47 000 auf die Emscher-Lippe-Region.
Dies stellt die Städte und Gemeinden, aber auch die Wirtschaft vor enorme ökonomische und soziale Herausforderungen. „In den strukturstarken Städten und Kreisen mit anhaltendem Bevölkerungszuwachs, die meist auch Wachstumsmotoren der deutschen Wirtschaft sind, wird es vor allem um die Befriedigung einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum und sozialen Dienstleistungen wie zum Beispiel Bildungseinrichtungen, Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung oder Pflege gehen“, zieht Dr. Peter Jakubowski, Leiter der Abteilung Raum- und Stadtentwicklung im BBSR, ein Fazit. Hier ist der Fachkräftemangel eine Herausforderung, der schon heute zu den größten Wachstumsbremsen gehört.
Für Akteure in den strukturschwächeren Städten und Kreisen mit anhaltenden Bevölkerungsverlusten werde es dagegen immer herausfordernder, eine vielfältige und leistungsfähige Daseinsvorsorge sowie attraktive Arbeits- und Wohnungsmärkte abzusichern, so seine Prognose.

Methode

Die Bevölkerungsprognose des BBSR basiert auf der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung bis zum Jahr 2021. Die neuen Ergebnisse des Zensus 2022 konnten dabei noch nicht berücksichtigt werden.