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Fließender Übergang in die City
In Stadtlohn wird gerade nah am Wasser gebaut: Der Mühlenplatz an der Berkel soll Anziehungspunkt werden und der Innenstadt frische Impulse geben. | Text: Dominik Dopheide
Bürgermeister Berthold Dittmann und Dr. Herbert Daldrup versprechen sich vom Areal zwischen historischer Mühle, neuer Wehranlage und um den Mühlenplatz belebende Impulse für die gesamte Stadt. Daldrup, Geschäftsführer des in Stadtlohn ansässigen Generalbauunternehmens Borgers, ist als Investor und Generalbauunternehmer in die Planung und Realisierung des Projektes „Berkelquartier“ eingebunden.
Der Anfang ist gemacht: Sanierung und Umbau der Mühle sind abgeschlossen. Im Parterre hat ein integratives Café eröffnet, im Obergeschoss ist die „Forschermühle“ eingezogen. Hier können Kinder spielerisch die Welt der Naturwissenschaft und Technik kennenlernen. Unter dem Dach der Mühlensaal – ein Veranstaltungsort mit Blick auf die Berkel. Darüber hinaus ist das Berkelquartier um den großzügigen Mühlenplatz bereits in Planung: ein viergeschossiges Gebäude für Gastronomie, Büros, Praxen, Handel, Dienstleistungen und Wohnungen, zudem ein eingeschossiges Forum mit Glasfassade sowie ein ansprechend gestalteter Außenbereich am Fluss, der Platz für kulturelle Events und Gastronomie bietet.
Neugierig geworden? – Am 16. Juni 2024 ist am Mühlenplatz in Stadtlohn Tag der offenen Tür.
„Hier stand schon immer eine Mühle“, sagt Daldrup. Er kennt das markante, am Flussufer gelegene Gebäude seit Kindestagen. Genau deshalb unterstützt er die Projekte, die das Stadtlohner Stadtentwicklungsteam um Bürgermeister Dittmann vorantreibt. Die Kommune hat sich einiges vorgenommen: Das Areal rund um die Berkelmühle, vor zehn Jahren noch ein potenzieller „Lost-Place“, soll zu einem Platz des pulsierenden Lebens werden.
Mindestens zweimal, nämlich 1911 und 1945, wurde die auf dem südlichen Ufer stehende Kornmühle zerstört und anschließend auf den mittelalterlichen Fundamenten neu aufgebaut. Bis 2014 wurde sie zum Mahlen genutzt. Die Stadt Stadtlohn erwarb dann das Gebäude in der Absicht, es zu sanieren und umzubauen. Ohnehin musste das benachbarte Wehr, dessen Geschichte ebenfalls ins Mittelalter zurückreicht, erneuert werden. Im Zuge der Regionale 2016 schließlich hat die Stadt unter dem Titel „natürlich berkel“ das größte Projekt in ihrer Geschichte angeschoben. Die Investitionssumme für alle Vorhaben beträgt mehr als 40 Millionen Euro, wobei der Löwenanteil auf den Hochwasserschutz entfällt. Weitere Ziele sind die Verbesserung des ökologischen Zustandes und der Fischdurchgängigkeit der Berkel sowie die Stadtentwicklung.
Die Wiederentdeckung des Wassers
Wasser ist das verbindende Element der einzelnen Vorhaben. Die Stadt hat es sozusagen wiederentdeckt. „Stadtlohn hat die Berkel in den zurückliegenden Jahren aus den Augen verloren, weil sie innerstädtisch verbaut war“, berichtet Dittmann. Mit den befreiten Flussabschnitten treten nunmehr Chancen zutage: „Wir haben erkannt, dass wir an der Berkelmühle ein hohes Maß an Aufenthaltsqualität schaffen und somit zugleich die Innenstadt beleben können“, erklärt der Bürgermeister. Zwar sei das Zentrum von Stadtlohn im Hinblick auf Aufenthaltsqualität und Gastronomie gut aufgestellt. „Aber insbesondere in einigen Straßenzügen im Randbereich haben auch wir mit Leerständen zu kämpfen“, räumt er ein. Deshalb hat die Kommune Städtebau-Fördertöpfe des Landes NRW angezapft: Rund 3,6 Millionen Euro Fördergelder kommen den Projekten zur Stadtentwicklung zugute – vor allem dem Umbau der Berkelmühle. Die meisten Städtebaumaßnahmen werden vom Bund und Land NRW mit einem Anteil von 60 Prozent, der Hochwasserschutz mit 80 Prozent der Gesamtkosten gefördert, berichtet Dittmann.
Hotel willkommen
Mit der offenen Architektur und der guten Sichtbarkeit wollen die Macher dem Wechselspiel zwischen Mühlenplatz und City den Weg bereiten. Die Menschen sollen sich eingeladen fühlen – hier wie da. Dabei denken Dittmann und Daldrup auch an Besucherinnen und Besucher aus anderen Regionen. „Die beliebten Fahrradrouten ‚Europaradweg R1‘ und ‚Flamingoroute‘ führen direkt durch das Berkelquartier“, erklärt Dittmann und verweist auf Erkenntnisse aus der Entwicklungsarbeit für das aktuelle Tourismus-Konzept. Demnach hat die Stadt ihr Potenzial im Bereich Nahtourismus noch nicht ausgeschöpft. Zudem finden auch die Gäste, die aus geschäftlichen Gründen anreisen, zurzeit kaum Übernachtungsmöglichkeiten, wie der Bürgermeister erzählt. Er sieht Handlungsbedarf: „Stadtlohn ist ein starker Wirtschaftsstandort, wir haben hier viele starke Unternehmen“, weiß Dittmann. Also passe ein Hotel gut ins Nutzungskonzept des viergeschossigen Gebäudes.
Noch zeichnet sich nicht ab, welche Mieter dort einziehen. Im Erdgeschoss sähe Daldrup gerne einen Ankermieter aus dem Einzelhandel. „Schön wäre es, wenn das Angebot zum Berkelquartier passt“, sagt der Unternehmer und denkt dabei beispielsweise an einen Fahrrad-Store. Derweil wird die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt weiter verbessert. „Wir haben im Zuge der Städtebauförderung unseren City-Manager eingebunden, der sich um das Thema Einzelhandel, Gastronomie, Leerstandsbekämpfung und Steigerung der Attraktivität in der Innenstadt kümmert und als Ansprechpartner fungiert“, sagt Dittmann und berichtet von Erfolgen der Leerstands-Bekämpfung genau in jener Zone, die zwischen City und Mühlenplatz liegt. Zudem sollen einige Verkehrswege und der Stadteingang „Mühlenbrücke“ so umgestaltet werden, dass sie sich gut einfügen ins Mühlenplatz-Konzept. So soll die Mühlenbrücke vom motorisierten Verkehr befreit und für den Fuß- und Fahrradverkehr neugestaltet werden. „Wir gehen davon aus, dass sich in der Region herumspricht, was hier für ein attraktiver Aufenthaltsort entsteht“, sagt Dittmann.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel