Praxis & Ratgeber

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz stärken

Die mentale Gesundheit von Mitarbeitenden rückt immer stärker in den Fokus der betrieblichen Gesundheitsförderung. Dr. Matthias Weniger und Tino Fuchs informierten am 22. Mai in der IHK Nord Westfalen über eine resiliente Unternehmenskultur.
Psychische Erkrankungen sind eine der häufigsten Ursachen für Arbeits- oder Berufsunfähigkeit und haben dadurch auch volkswirtschaftliche Auswirkungen. Neben den sich verändernden Anforderungen einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt wirken sich in diesen Zeiten vor allem auch gesamtgesellschaftliche Krisen auf das Wohlbefinden von Beschäftigten aus.
Besonders die Generation Z (Geburtenjahrgänge 1995 bis 2010) leidet vor diesem Hintergrund unter mentalem Druck, ist sich dessen aber auch bewusst. „Die jungen Menschen erwarten daher von ihrem Arbeitgeber Unterstützung und Verständnis für diese Probleme. Dazu gehören flexible Arbeitsmodelle, Unterstützung bei der Stressbewältigung sowie eine offene und empathische Unternehmenskultur, in der psychische Gesundheit kein Tabuthema ist“, erklärt Gesundheitsmanager Tino Fuchs.
Matthias Weniger © IHK/Stein
Dass Stress allerdings nicht grundsätzlich krank macht oder negativ zu betrachten sei, erläutert Dr. Matthias Weniger, Mediziner und Geschäftsführer vom Institut für Stressmedizin Rhein-Ruhr: „Stress ist eine gesunde und natürliche Reaktion unseres Körpers, die das Überleben unserer Vorfahren gesichert hat. Durch einen zunehmenden Stresspegel steigt auch unsere Leistungsfähigkeit. Allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Ist unser Stresspegel dauerhaft zu hoch, fällt unsere Leistungsfähigkeit signifikant ab“.
Beim Stressmanagement gehe es deshalb darum, den Mitarbeitenden dabei zu helfen, ihre optimale Leistungsfähigkeit zu erreichen und ihre Resilienz, also die psychische Widerstandsfähigkeit, zu stärken. Dr. Weniger: „Aufgrund der Zunahme an Komplexität und einer deutlich erhöhten Dynamik im Arbeitskontext, müssen Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende gemeinsam lernen, wie sie ihr Stresslevel positiv beeinflussen können.“
Da jeder Mensch hat ein anderes Stressempfinden hat, müssen Führungskräfte darauf Rücksicht nehmen und die Belastung entsprechend steuern können. Die Herausforderung besteht demnach darin, sowohl auf individueller als auch auf organisatorischer Ebene anzusetzen. „Wir arbeiten hier gerne mit der Idee: Vom Ich zum Du zum Wir. Eine konkrete Hilfestellung zum individuellen Umgang mit Stress fördert das starke Ich. Aber auch Führungskräfte müssen für diesen Umgang sensibilisiert werden, um schließlich zu einem gemeinsamen resilienten Wir zu gelangen“, so Weniger.
Tino Fuchs © IHK/Stein
Fuchs ergänzt: „In resilienten Unternehmen sind die Unterstützung und Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitenden und Teams von zentraler Bedeutung. Sie stellen sicher, dass jeder die Ressourcen und die Unterstützung erhält, die er benötigt, um seine Arbeit gut zu machen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Dadurch sind Mitarbeitende besser in der Lage, sowohl individuellen als auch organisatorischen Stress und Herausforderungen zu bewältigen.“
Letztendlich tragen ein systematisches Betriebliches Gesundheitsmanagement und eine darauf aufbauende resiliente Unternehmenskultur nicht nur zur Senkung des Krankenstandes und einer höheren Leistungsfähigkeit, sondern auch zur Fachkräftesicherung bei.
Drei Handlungsempfehlungen von Tino Fuchs

1. Awareness schaffen
Unternehmen sollten das Bewusstsein für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz erhöhen, indem sie Aufklärungsprogramme und Workshops anbieten, um die Stigmatisierung rund um das Thema zu reduzieren und Mitarbeitende dazu ermutigen, Unterstützung zu suchen, wenn sie sie benötigen.
2. Mitarbeitergespräche
Durch regelmäßige Mitarbeitergespräche und Feedbackrunden können Unternehmen ein klares Bild von der aktuellen Lage in Bezug auf die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden gewinnen. Diese Informationen können dann dazu verwendet werden, um gezielte Unterstützungsangebote zu entwickeln.
3. Role Model Campaign
Unternehmen sollten Vorbildkampagnen initiieren, bei denen Führungskräfte und andere Mitarbeiter offen über ihre eigenen Erfahrungen mit psychischen Herausforderungen sprechen. Dies kann anderen Mitarbeitenden helfen, sich weniger allein mit ihren Problemen zu fühlen und ermutigt sie, ebenfalls Unterstützung zu suchen.