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Nur Green Advertising oder schon Greenwashing?
Das Werben mit der Umweltverträglichkeit eines Produktes oder eines Unternehmens ist zu einem allgegenwärtigen Marketing-Phänomen geworden. Doch nicht immer stimmen die grünen Attribute wie „klimaneutral“, „umweltschonend“ und „ökologisch“ mit der Realität überein. Die Grenzen des Green Advertising sind deshalb Gegenstand einer Vielzahl aktueller Gerichtsentscheidungen. | Text: Andreas Karsten
Green Advertising oder Greenwashing?
Green Advertising ist eine Marketing-Strategie, bei der die Informationen über die Nachhaltigkeit eines Produktes positiv hervorgehoben werden. Greenwashing ist hingegen eine kritisierende Bezeichnung für den Versuch von Unternehmen, ihren Produkten oder ihrer Firma ein grünes Image zu verleihen, ohne dass dementsprechende Maßnahmen etabliert sind.
Beim Green Advertising ist das Produkt oder die Marke also tatsächlich „grün“, wohingegen beim Greenwashing lediglich der Anschein der Nachhaltigkeit erzeugt wird.
Grüne Werbebegriffe nicht klar definiert
Das Spannungsfeld zwischen Green Advertising und Greenwashing beruht darauf, dass die grünen Attribute nicht klar definiert sind. Dem gegenüber steht das große Verbraucherinteresse an einer Aufklärung über die Umweltbelastungen durch Unternehmen.
Grenzen des Green Advertising
Rechtlich wird das Spannungsfeld zwischen Green Advertising und Greenwashing durch das Wettbewerbsrecht, vor allem durch die Irreführungstatbestände in Paragraf 5 und Paragraf 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gestaltet.
In einer Entscheidung aus dem Jahr 2023 stützte das Landgericht Düsseldorf die Unzulässigkeit der Werbung mit der Formulierung „CO2-kompensiert“ zum einen auf falsche tatsächliche Angaben und zum anderen auf die mangelnde Kausalität, weil nicht nachweisbar war, dass die gewählte Kompensationsmaßnahme tatsächlich der CO2-Konzentration entgegenwirkt (LG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2023 – 38 O 92/22).
Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Düsseldorf, des Landgerichts Karlsruhe und des Landgerichts Berlin sind Waldschutzprojekte keine tauglichen Mittel für die Co2-Kompensation (LG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2023 – 38 O 92/22; LG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2023 – 13 O 46/22; LG Berlin, Urteil vom 19.09.2023 – 102 O 15/23).
Dem Oberlandesgericht Frankfurt zufolge ist unter dem Begriff „klimaneutral“ eine ausgeglichene CO2-Bilanz zu verstehen. Allerdings müssen – unabhängig davon, ob sich die Werbung an Verbraucher oder Fachkreise richtet – der Bezugspunkt, die Bewertungsgrundlage und die Kriterien dieser Bewertung transparent gemacht werden (OLG Frankfurt/M., Urteil vom 10.11.2022 – 6 U 104/22). Ob diese Angaben unmittelbar auf dem Produkt oder in der Werbung erfolgen müssen oder ein Hinweis auf die Website oder ein QR-Code ausreicht, wird aufgrund einer divergierenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte demnächst durch den Bundesgerichtshof geklärt werden.
Tipps für grüne Werbung von Unternehmen
Aus den immer zahlreicheren Gerichtsentscheidungen lassen sich Rahmenbedingungen ableiten, die ein Unternehmen bei der Gestaltung seiner Werbung beachten sollte. Statt grüne Attribute und Siegel blind zu nutzen, sollte man bei der Gestaltung der Werbung folgende Fragen klären:
- Ist mein Unternehmen/Produkt „grüner“ als die Konkurrenz?
- Bezieht sich das grüne Label auf mein Unternehmen oder nur auf ein Produkt?
- Fußt die Umweltverträglichkeit auf Kompensationsmaßnahmen? Ist die Kausalität der Kompensationsmaßnahmen nachweisbar?
- Werden sämtliche Emissionen – insbesondere sogenannte Scope-3-Emissionen – bei der Bewertung berücksichtigt?
- Nach welchen Kriterien erfolgt die Bewertung meines Unternehmens/Produktes als umweltschonend?
Die entsprechenden Antworten sind bei jedweder Verwendung der grünen Attribute oder Gütesiegel zu beachten beziehungsweise anzugeben.
Vorsorglich sollte man der strengeren Rechtsprechung folgen, nach der es nicht genügt, lediglich auf die Website zu verweisen (OLG Frankfurt/M., Urteil vom 10.11.2022 – 6 U 104/22). Die vorgenannten Informationen sind untrennbar mit der Nutzung der grünen Keywords verbunden und müssen demnach in gleicher Weise auf dem Produkt oder in der Werbung zugänglich gemacht werden. Auf diese Weise wird eine transparente Informationsgrundlage für den Adressaten der Werbung geschaffen, die letztlich den Unterschied zwischen Green Advertising und Greenwashing ausmacht.
Weitere Tipps zu der Gestaltung von Werbung sind auf der Website der IHK Nord Westfalen zu finden.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel