Praxis & Ratgeber

Digital den Anschluss verpasst?

Von Platz sechs auf Platz 24 - Deutschland ist beim Ranking der digitalen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Business School IMD in zehn Jahren stark abgefallen. Dänemark aber liegt im aktuellen Ranking auf Platz drei. Im Jahr 2022 erreichte Dänemark zum ersten Mal in der 34-jährigen Geschichte des Rankings den ersten Platz. Und in den Jahren davor mischte unser nordischer Nachbar stetig oben mit. Was kann Deutschland von Dänemark lernen?
Herr Wenzel, warum ist Dänemark so viel besser in der digitalen Wettbewerbsfähigkeit aufgestellt als Ihr Heimatland Deutschland?
Dänemark hat frühzeitig die Bedeutung der Digitalisierung erkannt und entsprechend gehandelt. Ein wesentlicher Faktor ist die staatliche Unterstützung und Förderung digitaler Initiativen. Dänemark hat eine Kultur der Innovation und Flexibilität, die es Unternehmen ermöglicht, sich schnell anzupassen. Das Land investiert in digitale Bildung und fördert digitale Kompetenzen in allen Altersgruppen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die enge Zusammenarbeit zwischen Regierung, Unternehmen und akademischen Einrichtungen. Rund 65 Prozent der dänischen Unternehmen kooperieren regelmäßig mit Universitäten, was die Entwicklung neuer Technologien beschleunigt. Zudem gibt es eine hohe Nutzung digitaler Lösungen im öffentlichen Sektor, die den Zugang zu Verwaltungsdiensten effizienter gestalten. Deutschland hingegen hat oft mit bürokratischen Hürden zu kämpfen, was die digitale Transformation verlangsamt. Trotz höherer Investitionen in Forschung und Entwicklung mangelt es häufig an der effektiven Umsetzung digitaler Technologien in die Wirtschaft.

Was kann die Bundesrepublik von Dänemark lernen, um im digitalen Wirtschaftswettbewerb wieder besser dazustehen?
Deutschland kann von Dänemark lernen, indem es eine effiziente digitale Verwaltung einführt, die bürokratische Prozesse beschleunigt und die Interaktion zwischen Bürgern und Behörden verbessert. Ein weiterer Aspekt ist die digitale Bildung. Dänemark investiert stark in digitale Bildung, von Schulen bis zu Weiterbildungsprogrammen. Deutschland könnte hier nachziehen, um die Arbeitskräfte besser auf die digitale Wirtschaft vorzubereiten. Auch die Infrastruktur für digitale Technologien ist in Dänemark gut ausgebaut. Deutschland sollte in den Ausbau der Breitband- und Mobilfunknetze investieren, um schnelle und zuverlässige Internetverbindungen zu gewährleisten. Schließlich gibt es in Dänemark viele staatliche Programme zur Innovationsförderung, die Deutschland adaptieren könnte, um die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu stärken.
Ranking der digitalen Wettbewerbsfähigkeit
Das IMD, das Institute for Management Development, erstellt seit 2017 das Ranking zur digitalen Wettbewerbsfähigkeit unter 67 Ländern. Dazu nutzt das Institut Informationen aus unterschiedlichen Quellen wie etwa Patentanmeldungen im High-Tech-Sektor, Nutzerdaten oder Statistiken. Aber auch weiche Daten, wie etwa Meinungsumfragen unter Managern, fließen in die Rangliste mit ein. Dafür wird untersucht, inwieweit Volkswirtschaften fähig sind, digitale Technologien zu erforschen und im Zuge des wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Wandels zu adaptieren.
Beide Länder sind stark internationalisiert und bereits heute wirtschaftlich eng miteinander verflochten. Sehen Sie da spezielle Anknüpfungspunkte, gerade im digitalen Bereich?
Ja, insbesondere im Bereich der grünen Technologien. Digitalisierung kann als Katalysator für die grüne Transformation wirken. Dänemark ist führend bei nachhaltigen Energielösungen, wie Windenergie. Deutschland kann von diesen Erfahrungen profitieren, indem es digitale Technologien zur Optimierung von Energiesystemen nutzt. Ein Beispiel ist die intelligente Vernetzung von Energiequellen und Verbrauchern durch Smart Grids. Gemeinsame Projekte im Bereich Wasserstofftechnologie und CO2-Reduktion könnten digitale Plattformen und Datenanalysen nutzen, um innovative Ansätze zu schaffen. Die Digitalisierung ermöglicht zudem die Optimierung von Produktionsprozessen und Lieferketten, was die Ressourceneffizienz steigert und den ökologischen Fußabdruck reduziert.
Können Unternehmen in der Zusammenarbeit mit Dänemark zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands beitragen?
Absolut. Unternehmen können durch die Zusammenarbeit mit dänischen Partnern von deren Best Practices im Bereich der Digitalisierung und Nachhaltigkeit profitieren. Dänemark kann als Inspiration dienen, insbesondere durch seine Kultur der Innovationsförderung und flexiblen Arbeitsmodelle. Diese Herangehensweisen können deutsche Unternehmen inspirieren und dabei helfen, innovative Lösungen zu entwickeln und effizienter zu arbeiten. Gemeinsame Projekte im Bereich grüner Technologien und digitaler Transformation können zu einem Wissenstransfer führen. Dänische Unternehmen sind oft Vorreiter in der Nutzung digitaler Plattformen zur Optimierung von Prozessen und Ressourceneffizienz. Deutsche Unternehmen könnten diese Ansätze adaptieren und dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die enge Zusammenarbeit zwischen deutschen und dänischen Unternehmen kann auch den Zugang zu neuen Märkten und Netzwerken erleichtern. Durch den Austausch von Know-how und die gemeinsame Entwicklung von Innovationen können beide Länder ihre Stärken bündeln und im internationalen Wettbewerb besser bestehen.

Welche konkreten Forderungen hätten Sie aus Wirtschaftssicht an die deutsche Politik?
Die deutsche Politik sollte bürokratische Hürden abbauen und eine innovationsfreundlichere Umgebung schaffen. Verwaltungsprozesse müssen vereinfacht und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, um Investitionen in die digitale Infrastruktur zu erleichtern. Digitale Kompetenzen sollten in allen Bildungsstufen gestärkt werden, von Schulen über die Berufsausbildung bis hin zu Weiterbildungsprogrammen. Dies würde die digitale Kompetenz der Arbeitskräfte erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken. Deutschland sollte in den Ausbau der Breitband- und Mobilfunknetze investieren, um flächendeckend schnelle und zuverlässige Internetverbindungen zu gewährleisten. Dies ist entscheidend für die Digitalisierung von Unternehmen und öffentlichen Diensten. Ein innovationsfreundliches Umfeld ist nötig, das Start-ups und innovative Unternehmen fördert. Steuererleichterungen, besserer Zugang zu Risikokapital und weniger bürokratische Hürden sind dabei hilfreich. Dies würde die Umsetzung neuer Ideen und deren Markteinführung beschleunigen. Schließlich ist die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungsinstitutionen wichtig. Anreize für öffentlich-private Partnerschaften und die Unterstützung von Innovationsclustern könnten die Entwicklung neuer Technologien beschleunigen und die Wettbewerbsfähigkeit stärken