Praxis & Ratgeber

Bundesregierung plant Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2019 und das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Herbst letzten Jahres die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung durch Urteil feststellten, hat der Gesetzgeber nun einen Entwurf für die Änderung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt.
Auf Arbeitgeber könnte dabei eine weitreichende Umstellung der Arbeitszeiterfassung auf elektronische Systeme zukommen. Nach dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Bearbeitungsstand: 18.04.2023) sollen verpflichtende Regelungen für die elektronische Aufzeichnung der gesamten Arbeitszeit von Arbeitnehmern geschaffen werden.
Bisher sind Arbeitgeber nach Paragraf 16 Absatz 2 Satz 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) lediglich verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Eine bestimmte Art und Weise der Aufzeichnung wird nicht vorgeschrieben. Dies soll sich nun ändern.

Umfassende elektronische Aufzeichnungspflicht

Der Referentenentwurf sieht die Pflicht zur tagesaktuellen Aufzeichnung der gesamten Arbeitszeit vor. Die Aufzeichnung hat darüber hinaus elektronisch zu erfolgen.
Eine bestimmte Art der elektronischen Aufzeichnung soll hingegen nicht vorgeschrieben werden. Neben den bereits gebräuchlichen Zeiterfassungsgeräten kämen also auch andere Formen der elektronischen Aufzeichnung mit Hilfe von Anwendungen wie Apps auf einem Mobiltelefon oder die Nutzung herkömmlicher Tabellenkalkulationsprogramme in Betracht. Die Möglichkeit einer analogen Aufzeichnung und Aufbewahrung wäre dann nicht mehr zulässig.
Arbeitszeiterfassung
© khosrork/AdobeStock
Die Aufzeichnung muss nicht zwingend durch den Arbeitgeber erfolgen. Vielmehr kann diese auch von Dritten oder sogar dem Arbeitnehmer selbst durchgeführt werden. Zwar soll es auch die Möglichkeit geben, eine sogenannte Vertrauensarbeitszeit zu vereinbaren. In diesem Fall verzichtet der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Er „vertraut“ dabei darauf, dass die Arbeitnehmer der vertraglichen Arbeitsverpflichtung nachkommen, ohne dies im Einzelnen zu überprüfen. Allerdings muss er trotzdem die grundsätzliche Überprüfbarkeit und damit auch die Aufzeichnung gewährleisten. Wie dies in der Praxis umgesetzt kann, wirft Fragen auf, da die Vertrauensarbeitszeit eine echte Kontrolle eigentlich ausschließt.

Archivierungspflicht

Darüber hinaus soll der Arbeitgeber auch einer Archivierungspflicht unterliegen. Er muss die erforderlichen Aufzeichnungen im Inland für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre in deutscher Sprache bereithalten.

Übergangsfristen

Für die Umsetzung der elektronischen Aufzeichnungspflicht enthält der Entwurf Übergangsfristen. Welche Fristen genau gelten sollen, wird in dem Entwurf jedoch noch nicht festgelegt. Für die Dauer der jeweiligen Frist kann die Aufzeichnung der Arbeitszeiten auch in nicht-elektronischer Form geschehen. Je nach Anzahl der Arbeitnehmer, die ein Arbeitgeber beschäftigt, fällt der Zeitraum länger aus und kann bis zu fünf Jahre nach Ablauf des Jahres des Inkrafttretens des geplanten Gesetzes betragen. Ebenso sieht der Entwurf Ausnahmen von der elektronischen Arbeitszeiterfassung für bestimmte Arten von Arbeitgebern vor.