Unternehmensführung

Notfallhandbuch

Ob Sie auf Notfälle vorbereitet sind, können Sie mit dem Online-Check prüfen. Darüber hinaus bekommen Sie das Notfallhandbuch bei uns in Printform oder als beschreibbares pdf zum herunterladen. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1745 KB)

Rettungsanker für Unternehmen: IHK-Notfallhandbuch

Ein Unternehmer erklärt, warum ihm dieser Leitfaden sogar hilft, gesund und munter zu bleiben.
Wenn Paul Zumbült in die Zukunft blickt, sieht er vor allem eines: Chancen, die genutzt werden wollen. „Ich bin ein Mensch, der grundsätzlich positiv und nach vorne denkt“, sagt der geschäftsführende Inhaber der LetterServiceAgentur. Sein beruflicher Werdegang ist der beste Beweis: Er absolviert erst eine landwirtschaftliche Ausbildung, dann eine weitere zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel. Er legt eine Aufstiegsfortbildung zum Geprüften Handelsfachwirt nach und übernimmt eine Führungsposition als Büroleiter in einem namhaften Vertriebsunternehmen der Versicherungsbranche. Schließlich macht sich Zumbült vor rund acht Jahren als Personaldienstleister in Coesfeld-Lette selbstständig.
Dass im April 2017 neue rechtliche Rahmenbedingungen für seine Branche in Kraft treten, nimmt der 60-Jährige zum Anlass, erneut Zukunftspläne zu schmieden. Weil er Leistungsportfolio und Marktanteile ausbauen will, recherchiert er nach einem strategischen Partner. Alternativ könnte er auch ein passendes Unternehmen kaufen, dessen Inhaber sich zurückziehen will oder gestorben ist. Deshalb nimmt Zumbült Kontakt zu Reinhard Schulten von der IHK Nord Westfalen auf. Der Referent für Unternehmensförderung, der Übergabeprozesse in den Kreisen Borken und Coesfeld begleitet, hat viele Tipps parat – und eine Frage, die Paul Zumbült überrascht: Wie würde es eigentlich mit seinem eigenen Unternehmen in einem Notfall weitergehen? „Ich hatte das Thema, was mit der LetterSerciveAgentur passiert, wenn ich plötzlich schwer erkranken oder sterben sollte, immer verdrängt“, räumt der Geschäftsführer ein.
Damit ist er nicht allein: „Umfragen haben ergeben, dass rund 60 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer keinen professionellen Notfallplan erstellt haben“, berichtet Reinhard Schulten. Erst vor kurzem wieder habe sich ein Angehöriger mit einem Hilferuf an die IHK gewandt: Er stehe im Unternehmen und wisse nicht, was zu tun sei, weil der verstorbene Inhaber keinen Notfallplan hinterlassen habe. Ohne Weisungen, Vollmachten und Verfügungen aber, betont der IHK-Nachfolgeexperte, stehen alle Räder erst einmal still. „Im schlimmsten Fall ist das Unternehmen über Wochen und Monate hinweg handlungsunfähig“, warnt Schulten. In einem solchen Fall müsse ein Amtsgericht einen „Fremdbetreuer“ einsetzen, was nicht unbedingt im Eilverfahren über die Bühne gehe. Paul Zumbült muss nicht lange darüber nachdenken, was eine solche Situation für seine Firma bedeuten würde: „Chaos“, stellt er fest. Allerdings lasse das Tagesgeschäft ihm einfach zu wenig Zeit, sich mit dem Thema Notfallplan eingehend zu beschäftigen. Schulten schickt Zumbült das Notfall-Handbuch der IHK Nord Westfalen zu. Somit hat Zumbült sämtliche Fragen vor Augen, die für eine Vorsorge relevant sind. „Schneller kann man sich über das Thema nicht informieren“, freut er sich.

Entlastungs-Effekt

Schon beim ersten Durchblättern verbucht Zumbült „einige Aha-Effekte.“ Sofort beginnt er, erste Seiten und Positionen der Checklisten auszufüllen: Wer soll im Bedarfsfall informiert werden? Wer ist jeweils verantwortlich für die Abwicklung aller laufenden Zahlungsverhältnisse, Dienstleistungsprozesse und Personalentscheidungen? Ist die eigene Familie wirtschaftlich ausreichend abgesichert? Und wer hat überhaupt die Bankvollmachten und Passwörter, um fundamentale Abläufe im Betrieb aufrecht zu erhalten? Bei weitem zu wenige, erkennt der Unternehmer – im Grunde ist er der einzige. Zumbült zieht die Personen seiner Wahl im privaten und beruflichen Umfeld ins Vertrauen. „Die müssen ja unter anderem wissen, wie das mit den täglichen Finanzen ist, was also wie und wann gebraucht wird“, sagt er.
Positiv, aber zugleich auch erstaunt hätten die Ansprechpartner reagiert, erzählt der Geschäftsführer. „Du bist doch noch gesund“: Dieser Satz sei mehr als einmal gefallen. Der Unternehmer erklärt daraufhin, dass er sich von dem Druck entlasten wolle, nicht zu wissen, was passiert, wenn ein Notfall eintrete. Bald hat er schwarz auf weiß, dass die Vertrauenspersonen dann Verantwortung übernehmen werden. Viel schneller als erwartet hat Zumbült den Leitfaden mit den Informationen gefüllt, die den Fortbestand seines Unternehmens sichern, wenn er selbst nicht mehr eingreifen kann – auch im Falle einer externen Nachfolgeregelung. Sie zeichnet sich ab, weil die Kinder des Inhabers andere berufliche Pläne haben. „Ich hatte zwar einige der Informationen bereits verfasst, aber nicht gesammelt, auf einem Fleck“, erklärt Zumbült. Gemeinsam mit einem Anwalt, der mit einer Vollmacht ausgestattet ist, könnte nun ein externer Nachfolger das gedruckte oder digital gespeicherte Notfallbuch aus dem Bankschließfach holen und direkt loslegen. Zurzeit arbeitet Zumbült mit der Digitalversion. „Das hat den großen Vorteil, dass ich durch die Seiten-Verlinkungen wichtige Erläuterungen gefunden habe“, begründet er.
Nach Einschätzung des Unternehmers hat die Publikation das Potenzial, den gesamten Nachfolgeprozess zu verbessern und zu verkürzen. Zudem hat Zumbült festgestellt, dass sich der Nutzwert des Handbuches nicht erst im Notfall zeigt, sondern sofort. „Wer es sauber ausfüllt und jährlich aktualisiert, hat die Gewissheit, dass alles gut geregelt ist und somit den Kopf frei für neue Dinge“, erklärt er und fügt hinzu: „In unserem Fall sind das Expansionspläne.“ Seitdem der Leitfaden im Schließfach schlummert – und das hoffentlich für sehr lange Zeit – kann Zumbült buchstäblich besser schlafen.
Maximal zehn Jahre will er noch die Geschäfte führen. Dann werde das Notfall-Handbuch auch ohne Notfall gute Dienste bei der Übergabe leisten, ist er sich sicher. Bundesweit habe sich das Instrument bereits bestens bewährt, betont auch Reinhard Schulten. Er gehört zum Redaktionsteam der IHK-Publikation und wird in Kürze wieder 2.000 Exemplare bestellen. Jedes IHK-Mitgliedsunternehmen kann ein gedrucktes Exemplar anfordern oder herunterladen (PDF). (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1745 KB) Auch jungen Unternehmerinnen und Unternehmern empfiehlt Schulten ausdrücklich, das Angebot zu nutzen und verweist dabei auf einen besonderen Aspekt: „Die Banken bewerten es positiv, wenn sich eine Geschäftsleitung, und sei sie noch so jung, mit dem Thema Risikomanagement auseinandergesetzt hat“, erklärt er und fügt hinzu: „Ein Notfall kommt eben immer ohne Ankündigung.“