Positionspapiere
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Fünf Thesen für einen erfolgreichen Innovationsstandort
Insbesondere für KMU ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Rahmenbedingungen zur Nutzung innovativer Technologien einfach handhabbar sind. Der politische Diskurs ist leider allzu oft von grundsätzlichem Misstrauen gegenüber der Wirtschaft geprägt. Darum hat die Vollversammlung der IHK Nord Westfalen in ihrer Sitzung vom 14. März 2024 das Positionspapier „5 Thesen für einen erfolgreichen Innovationsstandort“ beschlossen.
- 1. Innovation braucht kluge Köpfe
Fachkräfte sichern
© christianchan/AdobeStockDer Fachkräftemangel, besonders im MINT-Bereich, stellt die Unternehmen nicht nur im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region vor große Herausforderungen. Die Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften ist Grundvoraussetzung, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Innovationen voranzutreiben. Laut einer Studie der IHK Nord Westfalen sind fehlende personelle Ressourcen eines der zentralen Innovationshemmnisse für die Unternehmen in der Region. Um dieser sich in Zukunft noch weiter verschärfenden Herausforderung entgegenzutreten, sind insbesondere folgende Ansätze zu verfolgen:- MINT-Fächer müssen in der Schule stärker gewichtet werden. Insbesondere IT-Grundkenntnisse und digitale Kompetenzen sind heute in nahezu allen Branchen und Berufsbildern erforderlich, um Innovationen zu entwickeln und zu verstehen.
- Es müssen Anreize geschaffen werden, um das vorhandene Potenzial an Arbeitskräften auszuschöpfen. Dazu müssen die Vollzeitquote sowie die Frauenerwerbsquote erhöht werden. Neben steuerlichen Anreizen für Teilzeitbeschäftigte, ihre Arbeitszeit zu erhöhen, braucht es zusätzliche Ganztagesbetreuungsangebote für Kinder. Gleichzeitig erkennen die Unternehmen in Nord Westfalen ihre Verantwortung, wo möglich flexible Arbeitszeitmodelle anzubieten und ggf. in Kooperation mit Kommunen unternehmensnahe Betreuungsangebote zu schaffen.
- Die Zuwanderung von Fachkräften muss weiter vereinfacht und entbürokratisiert werden. Eine konsequente Digitalisierung von Visa- und Verwaltungsverfahren könnte hier die in der Praxis häufig zu Verzögerungen führenden Abstimmungsprozesse der beteiligten Behörden beschleunigen. Auch die IHK Nord Westfalen strebt an, weiter gemeinsam mit dem Ehrenamt Lösungen zu entwickeln, etwa die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen zu vereinfachen und zu beschleunigen.
- 2. Innovation braucht Kooperation
Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft stärken
© REDPIXEL/AdobeStockEine starke öffentliche und private Forschung sowie der Transfer von Forschungsergebnissen in die Wirtschaft sind von entscheidender Bedeutung für die Innovationskraft einer Region. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sind bei FuE-Projekten häufig auf die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen angewiesen. Im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region ist das Potenzial angesichts der zahlreichen Hochschulen und Forschungsinstitute besonders hoch. Allerdings gibt es bei der Zusammenarbeit Hemmnisse aufgrund verschiedener Zielsetzungen sowie unterschiedlicher Kulturen in beiden Bereichen.Neben dem Aufbau und der Pflege regionaler Transfernetzwerke braucht es bürokratiearme Kooperationsanreize, etwa in Form geeigneter Förderprogramme. Als Positivbeispiel ist hier die DATIpilot-Förderung zu nennen, deren unbürokratisches Auswahlverfahren als Vorbild für weitere Förderprogramme dienen sollte.Darüber hinaus sollten die Rahmenbedingungen für Ausgründungen verbessert werden. Insbesondere gilt das für beihilferechtlich erforderliche Anzeigepflichten, die im Rahmen der EU-rechtlichen Möglichkeiten vereinfacht und auf ein Mindestmaß reduziert werden sollten.
- 3. Innovation braucht Daten
Chancen von Big Data und KI nutzen
© Nabugu/AdobeStockDie Bedeutung von Daten für die Entwicklung von Innovationen nimmt stetig zu. Das prominenteste Beispiel hierfür bildet die Zukunftstechnologie der Künstlichen Intelligenz. Für die Entwicklung von KI-Modellen sind große Mengen an Trainingsdaten erforderlich. Das Datenschutzrecht darf nicht zum Verhinderer von Innovationen in diesem Bereich werden.Daher sollte der bestehende Rechtsrahmen mit Blick auf datengetriebene Wettbewerbsveränderungen angepasst werden. Im Fokus sollten dabei Freiräume für Unternehmen, Sicherheit, Transparenz und der vertrauensvolle Umgang mit Daten stehen.Auf nationaler Ebene sollten sich Bund und Länder um eine Harmonisierung der Auslegung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bemühen. Unterschiedliche Auslegungen in den Bundesländern erhöhen die Komplexität für Unternehmen zusätzlich unnötig.Die öffentliche Hand sollte eigene wirtschaftlich nutzbare Daten zur Verfügung stellen und so die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle und die Trainingsdatenlage für KI-Modelle fördern. - 4. Innovation braucht Investitionen
Öffentliche Fördermittel und privates Kapital mobilisieren
© number1411/AdobeStockEin verschärfter technologischer Wettbewerb, kürzere Produktlebenszyklen und globale Entwicklungen wie die Digitalisierung, der Klimawandel und die Anforderungen an nachhaltiges Wirtschaften erhöhen den Innovationsdruck auf die Unternehmen. Insbesondere KMU verfügen in der Regel über hohes Spezialwissen und tiefes Know-how. Häufig sind sie aber auf zusätzliche finanzielle Mittel angewiesen, um neben dem Tagesgeschäft Forschungs- und Entwicklungsprojekte voranzutreiben.Bund und Länder sollten erfolgreiche Förderprogramme daher weiterführen, die Fördervolumina auf hohem Niveau verstetigen und Anforderungen an die Vergabe externer Sicherheiten reduzieren.Damit Förderprogramme von einer größeren Zahl an Unternehmen verwendet werden können, sollten Antragsverfahren vereinfacht und Bearbeitungszeiten verkürzt werden.Neben öffentlichen Fördermaßnahmen müssen private Investitionen stärker mobilisiert werden, um Innovationen zu entwickeln. Während die Finanzierungsbedingungen für Start-ups in der Gründungsphase in Deutschland und Europa durchaus als gut bezeichnet werden können, fallen Deutschland und Europa bei der Wachstumsfinanzierung und damit der Skalierung innovativer Lösungen und Geschäftsmodelle im globalen Vergleich stark ab. Hier braucht es zum Beispiel steuerliche Anreize, etwa die Vermeidung der Doppelbesteuerung von Wagniskapitalfonds oder die Vereinfachung sog. Exits, insbesondere von Börsengängen. - 5. Innovation braucht Freiräume
Reallabore ermöglichen
© guteksk7/AdobeStockReallabore ermöglichen die Erprobung von Innovationen in der Realität innerhalb bestimmter geographischer und zeitlicher Grenzen. So wird der Transfer von Innovationen in die Praxis gefördert. Zudem lassen sich regulatorische Hürden identifizieren, die bei erfolgreicher Erprobung auch über die Grenzen des Reallabors hinweg entsprechend abgebaut werden können.Um das Potenzial von Experimentierräumen voll auszuschöpfen, braucht es übergreifende Standards für Reallabore, um zeitlich begrenzt innerhalb der rechtlichen Spielräume neue Innovationen zu testen. Außerdem sollten die Voraussetzungen für die Schaffung zusätzlicher Freiräume für Unternehmen nach dem Vorbild britischer „Enterprise Zones“ geschaffen werden. In Nordrhein-Westfalen sollten solche Experimentierräume auf Ebene der Bezirksregierungen umgesetzt werden.Zudem muss sichergestellt werden, dass regulatorische Anpassungen nach erfolgreichen Experimenten tatsächlich zügig stattfinden.Außerdem sollte die Verzahnung mit der europäischen Ebene weiter vorangetrieben werden, da viele Technologiethemen von EU-Recht geprägt sind.
Die IHK Nord Westfalen bietet allen Interessierten Zugang zu den beschlossenen Positionspapieren.