Jahresbericht 2020

Recht und Steuern

Rechtliche Informationen und Stellungnahmen

Auch in 2020 hat die IHK Nord Westfalen die Unternehmen über relevante rechtliche Änderungen informiert. So hat zum Beispiel das novellierte Geldwäschegesetz die Meldepflichten im Transparenzregister verschärft. Seit dem 1. Januar 2020 müssen Unternehmen (Kapital- wie Personenunternehmen) nicht mehr nur die wirtschaftlichen Berechtigten benennen sowie die Art und den Umfang des wirtschaftlichen Interesses – sondern beispielsweise auch die Staatsangehörigkeit. Bei Nichtbeachtung drohen Bußgelder. Zudem ist das Register seit Jahresbeginn öffentlich einsehbar.
Ab Mitte Juli 2020 ist auch die europäische Plattform-to-Business-Verordnung (P2B-Verordnung) in der gesamten EU verpflichtend. Die Verordnung beinhaltet unter anderem Transparenzregeln, die einen gerechteren Wettbewerb erlauben sollen.
Die IHK hat darüber hinaus über den DIHK auch zu laufenden Gesetzgebungsverfahren Stellung genommen, so zum Beispiel zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie im Gesellschafts- und Handelsregisterrecht, zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts sowie zum Referentenentwurf für ein Unternehmensstrafrecht.
Die IHK-Organisation setzt sich in ihren Stellungnahmen für schlanke und unbürokratische Regelungen im Interesse der Wirtschaft ein.

Beratung zu rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Coronapandemie 

Beherrschend waren in der rechtlichen Beratung und Information der Mitglieder in 2020 die zahlreichen neuen Fragestellungen in Zusammenhang mit der Pandemie. Dabei ging es unter anderem um die Auslegung sich ständig ändernder Rahmenbedingungen und Schutzverordnungen oder um Fragen zu Schadensersatz und Vertragsrücktrittsrechten in einigen besonders betroffenen Branchen. Auch hinsichtlich Mitarbeiterschutz, Vorsorgemaßnahmen und dem Umgang mit Quarantäneanordnungen kamen viele Fragen auf. Ebenso im Datenschutz, sei es wegen vermehrter Home-Office-Maßnahmen, aber auch wegen der immensen Steigerung der Nutzung digitaler Medien im Geschäftsverkehr gab es viel Beratungsbedarf. Ganz konkret mussten wegen der Schließungsanordnungen in vielen Bereichen zahlreiche Unternehmer Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter beantragen. Hierbei hat die IHK Hilfestellung gegeben, um in enger Zusammenarbeit mit den Agenturen für Arbeit eine schnelle und unbürokratische Bearbeitung der Anträge zu unterstützen.

Steuerliche Hilfen in Corona-Zeiten

Die gravierenden Umsatzausfälle während der Corona-Krise gefährden die Liquidität sehr vieler Unternehmen. Die IHK hat sich von Beginn der Pandemie an dafür stark gemacht, dass die Betriebe durch steuerliche Maßnahmen finanziell entlastet werden.
Die IHK-Organisation hat dabei laufend zahlreiche konkrete steuerpolitische Vorschläge und Forderungen in die politische Diskussion eingebracht. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist dabei als Spitzenorganisation
der Industrie- und Handelskammern gefragter Gesprächspartner auf Bundesebene – nicht zuletzt auch bei der praxisorientierten betrieblichen Umsetzbarkeit der
Maßnahmen. Das geschieht stets in sehr enger Abstimmung mit den regionalen Industrie- und Handelskammern – natürlich auch der IHK Nord Westfalen.
Zu den besonders vordringlichen Themen gehörten etwa Steuerstundungen, bessere Verlustverrechnungsmöglichkeiten, Herabsetzung von Steuervorauszahlungen, Verschiebung von geplanten neuen Steuergesetzen – etwa der Kassenrichtlinie, Verbesserungen bei Abschreibungsregeln und vieles weitere mehr. Hier konnten zahlreiche Erfolge erzielt werden.
So konnten etwa die gesetzlichen Regelungen zum Verlustrücktrag mehrfach verbessert werden. Diese steuerliche Maßnahme, die früh, insbesondere auf intensives Betreiben der IHK-Organisation hin umgesetzt worden ist, schafft die Möglichkeit, zumindest einen Teil der coronabedingt im Jahr 2020 entstehenden Verluste unmittelbar steuerlich geltend zu machen.
Die IHK-Organisation setzt sich trotz aller bisherigen Verbesserungen mit Nachdruck dafür ein, dass die neuen Verlustverrechnungsmöglichkeiten noch weiter optimiert werden, damit alle Unternehmen ihre (voraussichtlichen) Verluste vor allem zeitnah und angemessen bei der Steuer berücksichtigen können: das Rücktragsvolumen sollte noch deutlich erhöht, der Verlustverrechnungszeitraum erweitert und die Mindestbesteuerung zumindest temporär ausgesetzt werden.
Hierbei handelt es sich um keinerlei „Subvention“ der Wirtschaft. Eine schnelle Verlustverrechnungsmöglichkeit ist „lediglich“ die sofortige Berücksichtigung von betrieblichen Verlusten. Dieses Geld steht den Unternehmen nach dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ohnehin zu. Allerdings würden sie es nach dem heutigen Steuerrecht erst in den Folgejahren erhalten.
Auch auf nordrhein-westfälischer Ebene sind zahlreiche fruchtbare Gespräche der NRW-IHKs mit dem Landesfinanzministerium geführt worden, um geeignete steuerliche Hilfen und deren bürokratiearme Umsetzung für die Unternehmen zu erreichen.
Zusätzlich - neben der oben beschriebenen Interessenvertretung der regionalen Wirtschaft - hat die IHK Nord Westfalen selbstverständlich regelmäßig umfassend über wichtige steuerliche Maßnahmen im Zuge der Corona-Krise informiert – vor allem auf ihren Internetseiten, im Wirtschaftsspiegel als auch bei den häufigen Telefonanfragen.
Zur bundesweiten Abstimmung zwischen dem DIHK und den einzelnen IHKs haben sehr erfolgreich laufend Telefon- und Videokonferenzen stattgefunden. Durch den Live-Austausch von teilweise bis zu 60 IHKs gleichzeitig konnten vielfältige Probleme besprochen und erfolgreich Lösungen gefunden werden. Die bundesweit gute Vernetzung der IHKs, bei teilweise unterschiedlichen landesspezifischen gesetzgeberischen Initiativen und Regelungen, förderten dabei die Erarbeitung von erfolgversprechenden steuerpolitischen Lösungsvorschlägen der IHK-Organisation.

Steuerpolitische Positionen zur Corona-Krise

Im Juni 2020 hat die IHK-Vollversammlung eine Position der IHK Nord Westfalen zur Sicherung und Förderung der regionalen Wirtschaft anlässlich der Corona-Pandemie verabschiedet („Wirtschaft erhalten – Wachstum fördern“). Zentrale Forderungen waren auch steuerpolitischer Natur. Bei den empfohlenen Maßnahmen sollte es sich um besonders vordringliche handeln, die aus der Sicht der nordwestfälischen Wirtschaft kurzfristig zur Überwindung der Krise ergriffen werden sollten.
Zu den geforderten steuerlichen Maßnahmen gehörten zum Beispiel: die vollständige und sofortige Verlustverrechnung ermöglichen, Fristen für Investitionsabzugsbetrag und Reinvestitionsrücklage verlängern, Erbschaftsteuerregelungen anpassen (Aussetzung der Lohnsummenregel und Behaltefrist bei der Erbschaftsteuer), Forschungsförderung deutlich ausbauen, Wiedereinführung der degressiven AfA, die kurzfristige Aussetzung bürokratischer Vorgaben sowie von Nachweis- und Dokumentationspflichten (etwa Kassenrichtlinie, Bonpflicht, erstmalige Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen oder die OECD-Pläne zur Digitalwirtschaft und neue internationale Besteuerungsregeln); weiterhin eine Verkürzung von Aufbewahrungspflichten, eine temporäre Anhebung der Abschreibungsgrenze für geringfügige Wirtschaftsgüter auf 5000 Euro oder die Erhöhung der Ist-Besteuerungsgrenze bei der Umsatzsteuer auf vorläufig zwei Millionen Euro.