Wettbewerbsrecht

Gewinnspiele, Verlosung und Preisausschreiben

Gewinnspiele, Preisausschreiben, Verlosungen, Lotterien et cetera sind beliebte Werbemittel. Sie sprechen die Risikobereitschaft und die Spielfreude der Kunden an und sollen den Verkauf fördern. Um den Verbraucher hier vor einer übermäßigen Beeinflussung zu schützen, werden im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bestimmte Voraussetzungen an die Zulässigkeit solcher Gewinnspiele geknüpft.

Weil Gewinnspiele in der Praxis sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können, muss die Anwendung dieser Regeln für jeden Einzelfall gesondert erfolgen und bietet vielfach Anlass für rechtliche Auseinandersetzungen. Trotzdem lassen sich einige Grundregeln aufstellen, die im Nachfolgenden erläutert werden:

Keine Kostenpflicht

Die Teilnahme an einem Gewinnspiel darf nicht von der Entrichtung eines Einsatzes abhängig gemacht werden. Kostenpflichtige Gewinnspiele müssen behördlich genehmigt werden. Eine derartige Genehmigung ist an strenge Vorgaben geknüpft. Als Einsatz versteht man eine Geldleistung, die in der Hoffnung erbracht wird, eine höherwertige Leistung zu gewinnen. Der typische Fall eines solchen Einsatzes ist der Kauf eines Loses. Ein Einsatz liegt dagegen nicht vor, wenn zum Beispiel der Einkauf in einem Supermarkt gleichzeitig die Teilnahme an einer vom Supermarkt veranstalteten Verlosung ermöglicht. Zwar wird mit dem Einkauf die Berechtigung zur Spielteilnahme erworben, die Kosten des Einkaufs wären aber ohnehin unmittelbar für die erworbenen Gegenstände angefallen. Der Verbraucher hat so einen Gegenwert erhalten, der objektiv den gezahlten Preis wert ist.
Speist der Unternehmer hingegen die Kosten des Gewinnspiels in den Verkaufspreis seiner Ware ein oder legt die Kosten anders auf den Verbraucher um, veranstaltet er ein verdecktes kostenpflichtiges (und genehmigungspflichtiges!) Gewinnspiel.
Im Fall eines offenen oder verdeckten kostenpflichtigen Gewinnspiels ohne behördliche Genehmigung macht sich der Veranstalter strafbar nach den Paragraphen (§§) 284 und 286 des Strafgesetzbuches (StGB).

Kopplung mit Warenabsatz nicht immer zulässig

Das generelle Kopplungsverbot von Gewinnspiel und Warenabsatz existiert nicht mehr. Ein an einen Kauf gekoppeltes Gewinnspiel ist nur noch im Ausnahmefall unzulässig, nämlich dann, wenn die Kopplung nicht der unternehmerischen Sorgfalt enstpricht und dazu geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
Ein Verstoß gegen diese Sorgfaltsanforderungen liegt dann vor, wenn die Anlockwirkung des Gewinnspiels den Kunden so sehr beeinflusst, dass er eine Entscheidung trifft, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dies hängt vom Gewinnanreiz, der Gewinnhöhe und der Gewinnwahrscheinlichkeit ab. Wird die Fähigkeit des Kunden, eine „informierte“ Entscheidung zu treffen, ausgeschlossen, liegt eine unzulässige Beeinflussung vor.
Beispiel:
Ein Möbelkaufhaus verspricht im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft für den Fall des Gewinns der deutschen Mannschaft, den gesamten Kaufpreis von Einbauküchen, die in einem bestimmten Zeitraum erworben wurden, zurückzuerstatten. Es handelt sich hier um einen sehr hohen geldwerten Anreiz, für den recht hohe Gewinnchancen bestehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Verbraucher aufgrund dieser Aktion zum Kauf einer Küche entscheidet, ist groß. Eine solche Werbung wäre daher unzulässig.
Gegenbeispiel:
Ein Supermarkt veranstaltet anlässlich seines 10jährigen Jubiläums eine Aktion, bei der er jedem 1000. Käufer den Kaufpreis zurückerstattet. Diese Aktion ist zulässig. Zum einen ist die Gewinnchance von 1 zu 1000 gering. Ein vernünftig denkender Kunde wird sich nicht allein zum Einkauf entscheiden, weil eine 0,1 Prozent hohe Chance besteht, seinen Einkaufspreis zurückzuerhalten. Zum anderen ist der Wert des Einkaufs, um den es hier geht, regelmäßig im unteren Bereich anzusiedeln (Gewinnhöhe unter 100 Euro).

Keine irreführenden oder intransparenten Angaben

Der Veranstalter eines Preisausschreibens oder Gewinnspiels hat die Teilnahmebedingungen der Aktion klar und eindeutig anzugeben, §§ 5 und 5a UWG. Der Teilnehmer einer solchen Aktion muss wissen, worauf er sich einlässt und womit er rechnen kann. Dazu gehört, dass die Teilnahmebedingungen leicht für ihn zugänglich sind. Dies gilt sowohl für den elektronischen als auch den nicht-elektronischen Geschäftsverkehr.
Beispiel:
Ein Versandhandel veranstaltet ein Preisausschreiben im Internet. Die Teilnahmebedingungen können auf der Seite des Preisausschreibens angeklickt und heruntergeladen werden. Die Anforderungen der §§ 5 und 5a UWG sind erfüllt, der Internetnutzer kann ohne weitere Zwischenschritte den Text zur Kenntnis nehmen.
Gegenbeispiel:
Ein Schuhgeschäft hat ein Gewinnspiel ausgeschrieben. Ein Kunde möchte die Teilnahmebedingungen einsehen und wird gebeten, seinen Namen und Adresse zu hinterlassen. Hier wird die Kenntnisnahme von den Bedingungen an weitere Voraussetzungen geknüpft, die den Kunden möglicherweise davon abhalten, an seinem Wunsch festzuhalten. Die Bedingungen sind für ihn nicht mehr leicht zugänglich.
Darüber hinaus muss der Inhalt der Teilnahmebedingungen eindeutig sein. Dazu gehört unter anderem, dass der Teilnahmezeitraum des Gewinnspiels angegeben wird und die Art und Weise der Ermittlung des Gewinners.
Die Angaben über das Gewinnspiel dürfen den Verbraucher nicht irreführen. Der Veranstalter ist rechtlich zwar nicht verpflichtet, die Höhe der Gewinnchance oder die Zahl der ausgesetzten Gewinne oder der vorgesehenen Gewinnlose anzugeben. Macht er hierzu jedoch Angaben, müssen diese stimmen und klar formuliert sein.
Beispiel:
Ein Reisebüro veranstaltet ein Gewinnspiel, mit dem laut Werbetext Luxusreisen gewonnen werden können. Tatsächlich gehören zu den Gewinnen hauptsächlich Warengutscheine im Wert von fünf Euro. Die Hauptgewinne, die Luxusreisen, beinhalten lediglich die Übernachtung. Die Anreise muss der Gewinner selbst bezahlen. Die Angaben zu diesem Gewinnspiel sind für den Verbraucher irreführend. Zum einen wird er über den Wert der Gewinne getäuscht (nicht nur Luxusreisen), zum anderen sind mit den Hauptgewinnen weitere verdeckte Kosten verbunden.

Kein psychologischer Kaufzwang

Da der Kunde in seiner Entscheidung, ob er eine Ware kaufen möchte oder nicht, möglichst frei sein soll, darf seine Unbefangenheit und Entschlussfreiheit nicht spürbar beeinträchtigt werden. Es darf daher nicht so auf ihn eingewirkt werden, dass er sich moralisch zum Kauf verpflichtet fühlt oder er in eine sonstige psychische Zwangslage gerät. Die Beurteilung, wann ein solcher psychologischer Kaufzwang vorliegt, ist immer einzelfallspezifisch vorzunehmen. Wettbewerbsrechtlich problematisch kann es sein, wenn der Kunde das Geschäftslokal des Veranstalters besuchen muss und hier auf ihn eingewirkt wird.
Beispiel:
Ein großer Supermarkt veranstaltet ein Preisausschreiben, für das ein Pappaufsteller mit Teilnahmekarten und einem Kasten für den Einwurf der ausgefüllten Karten im Eingangsbereich des Supermarkts platziert wurde. Dies ist zulässig. Der Kunde kann anonym ohne weitere Beobachtung eine Teilnahmekarte ausfüllen und abschicken.
Gegenbeispiel:
Der Kunde hat bei einem Preisausschreiben eines Frisörladens ein Haarpflegeprodukt gewonnen, das er im Laden abholen soll. Bei der Abholung wird dem Kunden zu verstehen gegeben, dass mit der Aushändigung des Gewinns auch die Vereinbarung eines Termins für einen Haarschnitt erwartet wird. Hier wird auf den Kunden, der sich möglicherweise aus moralischem Pflichtgefühl zu einer Terminvereinbarung angehalten fühlt, unzulässig eingewirkt.

Keine progressive Kundenwerbung

Unter progressiver Kundenwerbung werden die sogenannten Schneeball- oder auch Pyramidensysteme verstanden, die auf dem Prinzip der Anwerbung immer neuer Teilnehmer beruhen. Diese Spielsysteme sind sittenwidrig, da die zuletzt teilnehmenden Kunden keine Gewinnchance mehr haben. Weiterhin ist die Überschaubarkeit nicht gewährleistet, so dass die Teilnehmer nicht über den aktuellen Stand des Spiels informiert sind.

Einzelprobleme

  • Internetgewinnspiele oder Preisausschreiben im Netz: Es gelten die vorangegangenen Ausführungen. Allerdings werden sie um die Informationspflichten nach §§ 5 fortfolgende Digitale-Dienste-Gesetz ergänzt, das heißt der Veranstalter muss unter anderem die Niederlassungsanschrift, seinen Namen, eine Kontaktadresse sowie – falls vorhanden – seine Handelsregisternummer angeben.
    Hat der Veranstalter eines Internetgewinnspiels seinen Sitz im EU-Ausland und wendet sich mit seinem Spiel auch an Nutzer in Deutschland, gilt in Hinblick auf das Wettbewerbsrecht das Marktortprinzip. Es gilt also das Recht des Staates, auf dessen Markt der Unternehmer werblich in Erscheinung tritt.
  • Bei Gewinnspielen auf Social Media Plattformen (zum Beispiel Instragram) sind die entsprechenden Promotionsrichtlinien des Plattformbetreibers zu beachten.
  • Gewinnspiele in Printmedien: Hier ist insbesondere das Verbot redaktioneller Werbung zu beachten!
  • Gewinnspiele in der Arzneimittelwerbung: Preisausschreiben oder Gewinnspiele sind in der Heilmittelwerbung für Verbraucher verboten, wenn durch sie der Arzneimittelkonsum gefördert werden kann, § 11 Nr. 13 Heilmittelwerbegesetz (Beispiel: Eine Apotheke veranstaltet ein Preisausschreiben, bei dem Kopfschmerztabletten zu gewinnen sind).
  • Gewinnspiele, die an besonders schutzbedürftige Personen gerichtet sind: Vorsicht ist geboten, wenn das Gewinnspiel einen besonders schutzbedürftigen Personenkreis, wie Kinder oder Jugendliche, ansprechen soll. Diese sind leichter zu beeinflussen, sodass die vorgenannten Regeln enger zu ziehen sind.

Datenschutz und Werbung

Oftmals werden Gewinnspiele auch zu dem Zweck veranstaltet, Daten zu gewinnen. Hier sollte stets sorgfältig geprüft werden, ob die sich aus Datenschutz- und Wettbewerbsrecht ergebenden Verpflichtungen erfüllt sind.
Werden die Daten ausschließlich zum Zwecke des Gewinnspiels erhoben und nicht anderweitig genutzt, ist dies grundsätzlich zulässig, (Artikel 5 Absatz 1 Ziffer b EU-DSGVO, § 28 Absatz 1 Nr. 1 BDSG). Wichtig ist hier, dass nur die für das Gewinnspiel auch wirklich erforderlichen Daten abgefragt werden (Art. 5 Absatz 1 Ziff. b EU-DSGVO). Spezielle Regelungen gelten jedoch für Online-Gewinnspiele. Hier muss der Teilnehmer stets über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Nutzung seiner Daten informiert werden, vergleiche Artikel 13 EU-DSGVO.
Sollen die Daten dagegen für Werbezwecke verwendet werden, müssen die Teilnehmer des Gewinnspiels gesondert in diese Nutzung einwilligen (sogenanntes Double-Opt-In-Verfahren).
Für die Teilnehmer muss ersichtlich sein, auf welche Art (Brief, E-Mail, Telefon, Fax und ähnliches) und für welche Produkte und Dienstleistungen geworben werden soll und welche Unternehmen werben. Wird die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen abgegeben, so ist die datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung drucktechnisch besonders hervorzuheben.
Bei Werbung per Post kann es unter gewissen Umständen möglich sein, dass ein Hinweis auf die Nutzung zu Werbezwecken unter Verweis auf die Möglichkeit des Widerrufs zulässig ist (sogenanntes Opt-Out-Verfahren).
Stets kritisch zu sehen ist die Kopplung von der Teilnahme am Gewinnspiel an die Einwilligung in die Werbung, so dass ohne Einwilligung in die Werbung nicht am Gewinnspiel teilgenommen werden kann. Ob eine solche Kopplung zulässig ist, ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt, teilweise wurde dies gerichtlich verneint.

Folgen unzulässiger Preisausschreiben/Gewinnspiele

Folge eines unzulässigen Preisausschreibens/Gewinnspiels ist in aller Regel eine Abmahnung von Mitbewerbern oder Wettbewerbsvereinen, verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Daraus folgt, dass das Preisausschreiben/Gewinnspiel beendet werden muss. Noch vorhandene Materialien wie Teilnahme-scheine oder Werbemittel müssen vernichtet werden. Da regelmäßig keine Frist zur Beendigung der Aktion gewährt wird, bedeutet das auch, dass die versprochenen Gewinne nicht mehr ausgegeben werden dürfen. Gerade diese Folge ist wegen des damit verbundenen Image-Verlustes besonders schmerzhaft für die betroffenen Unternehmen.
Hinweis
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.