Finanzierung
Sustainable Finance
Nachhaltigkeit entwickelt sich zunehmend zu einem zentralen Bestandteil zukunftsfähiger Unternehmensstrategien. Nicht nur die Bevölkerung legt einen immer größeren Wert auf Transparenz über Nachhaltigkeit und deren Leistung, auch die Politik und die Wirtschaft z.B. über öffentliche Vergabekriterien, Rahmenbedingungen von Förderprogrammen und Kreditvergaben.
- Aktuelles: Gemeinsamer ESG-Datenkatalog der Banken- und Versicherungsbranche
- Welche Ziele verfolgt die EU?
- EU-Regulierungen im Überblick
- Alle Unternehmen sind betroffen!
- Herausforderungen für den Mittelstand
- Erleichterungen durch einen freiwilligen KMU-Standard (VSME)?
- Chancen des Nachhaltigkeitsmanagements und -berichtswesens
- Nachhaltiges Wirtschaften jetzt angehen: Die IHK hilft!
Aktuelles: Gemeinsamer ESG-Datenkatalog der Banken- und Versicherungsbranche
Die Verbände der privaten und öffentlichen Banken (Bankenverband & VÖB) sowie der Versicherungswirtschaft (GDV) haben einen gemeinsamen ESG-Datenkatalog als Orientierungshilfe für Großunternehmen veröffentlicht, die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind.
Die Harmonisierung der Datenabfragen zu ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) soll dazu beitragen, den Daten- und Berichtsaufwand für Firmenkunden zu reduzieren und den aufsichtsrechtlichen Anforderungen in den verbandszugehörigen Banken und Versicherungen gerecht zu werden.
Der sektorübergreifende ESG-Datenkatalog orientiert sich an den Regeln und Methoden der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bzw. der dahinterstehenden Berichtsstandards (ESRS) und berücksichtigt weitere banken- und versicherungsspezifische Regulierungen, die vor allem die Offenlegung und das Risikomanagement betreffen.
Die herausgebenden Verbände weisen darauf hin, dass die Nutzung freiwillig und nicht mit einem standardisierten Bewertungssystem verknüpft ist. Kleine und mittelständische Unternehmen sind keine unmittelbaren Adressaten dieses ESG-Datenkatalogs.
Nähere Informationen und den gemeinsamen ESG-Datenkatalog sind jeweils auf den Seiten der herausgebenden Verbände hinterlegt:
Welche Ziele verfolgt die EU?
Mit dem Maßnahmenpaket „Sustainable Finance“ möchte die EU-Kommission Kapitalströme in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten lenken, um den „Europäischen Green Deal“ umzusetzen. Dabei kommt dem Finanzsektor eine Schlüsselrolle zu, unter anderem durch die Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte bei der Kreditvergabe an Geschäftskunden. Neben Umwelt- und Klimaziele werden auch Soziale Standards und Aspekte der Unternehmensführung (ESG = Environmental, Social, Governance) in die Nachhaltigkeitsbetrachtung einbezogen.
EU-Regulierungen im Überblick
Das komplexe EU-Regelwerk zur Umsetzung der Sustainable Finance - Ziele enthält ein Bündel von Einzelvorschriften, die miteinander verzahnt sind und den Finanzsektor, aber auch die Unternehmen der Realwirtschaft betreffen. Hierzu gehören insbesondere:
- SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation): EU-Offenlegungsverordnung für Finanzmarktteilnehmer zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsthemen in ihren Strategien, Prozessen und Produkten
- EU-Taxonomieverordnung: Umfangreicher Kriterienkatalog zur Einstufung, ob eine Wirtschaftsaktivität nachhaltig ist
- CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive): EU-Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen.
- ESRS (European Sustainability Reporting Standards): Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung; konkretisieren die CSRD; enthalten über 1.000 Datenpunkte, unterteilt nach den Kriterien E-S-G. Der Ausgangspunkt für die Umsetzung liegt in der Wesentlichkeitsanalyse.
- MiFiD II, Solvency II, EU-Green Bond Standard und weitere spezifische Regelungen für Finanzinstitute zur Berücksichtigung der Nachhaltigkeit im Risikomanagement oder bei Anlageentscheidungen
- CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive): Europäische Lieferkettenrichtlinie.
Alle Unternehmen sind betroffen!
Die direkten Berichtspflichten nach CSRD und ESRS sowie die EU-Taxonomie gelten für große Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, mindestens 50 Mio. Euro Umsatz oder 25 Mio. Euro Bilanzsumme (wenn zwei Kriterien zutreffen) sowie für kapitalmarktorientierte KMU mit schrittweiser Einführung ab dem Geschäftsjahr 2024.
Die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) gilt für große EU-Unternehmen, die mehr als 1.000 Beschäftigte und einen jährlichen Nettoumsatz von mehr als 450 Millionen Euro haben; für ausländische Unternehmen gilt sie, wenn diese mehr als 450 Millionen Euro Nettoumsatz in der Union generiert haben. Die Richtlinie sieht ein gestaffeltes Inkrafttreten in 3 Phasen vor.
Banken, Sparkassen und Versicherungen sowie sonstige Finanzdienstleister müssen zusätzlich die spezifischen Regulierungen für Finanzinstitute beachten.
Aber auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind betroffen: Über Kaskadeneffekte (Trickle-Down-Effekte) werden sie als Teil der Lieferkette oder bei Finanzierungsvorhaben zunehmend aufgefordert, Nachhaltigkeitsdaten zu erfassen, bereit zu halten und offenzulegen.
Viele KMU erhalten bereits heute eine Vielzahl unterschiedlichster Fragebögen von ihren Geschäftspartnern oder öffentlichen Auftraggebern, mit denen sie Auskunft über ihre Energieverbräuche oder Nachhaltigkeitsaktivitäten geben sollen.
Herausforderungen für den Mittelstand
Die regionalen Mitgliedsunternehmen der IHK Nord Westfalen unterstützen die nachhaltigen Ziele der EU größtenteils aktiv, einige sehen sich in einer Vorreiterrolle.
Herausforderungen und Gefahren ergeben sich jedoch aufgrund der Komplexität und Art der Umsetzung des EU-Regelwerks. Befürchtet werden insbesondere:
- Bürokratieaufbau und hohe Kosten für Datenerhebungen und -management zur Erfüllung der Berichtspflichten und Taxonomie-Anforderungen
- Gefahr der Überforderung und Benachteiligung des Mittelstands
- Erschwernisse und Konditionsverschlechterungen bei Finanzierungen und Fördermittelanträgen, Benachteiligung einzelner Branchen
- Benachteiligung im internationalen Wettbewerb
In Ihrem Positionspapier „Sustainable Finance – Nachhaltigkeit fördern, mit Augenmaß regulieren“ erläutert die IHK Nord Westfalen Zusammenhänge und Auswirkungen aus Sicht der Realwirtschaft.
Erleichterungen durch einen freiwilligen KMU-Standard (VSME)?
Mit dem Entwurf des Voluntary SME-Standards (VSME) beabsichtigt die EU-Kommission, die mittelbare Belastung für kleine und mittlere Unternehmen aus den Trickle-Down-Effekten des EU-Regelwerks abzumildern.
Der modular aufgebaute freiwillige Standard soll – entsprechende Akzeptanz vorausgesetzt - KMU dabei unterstützen und entlasten, die Informationsanforderungen der nachhaltigkeitsberichtspflichtigen Unternehmen und möglichst auch der Finanzinstitute zu erfüllen. Die KMU sollen in die Lage versetzt werden, ihre Nachhaltigkeitsziele und -projekte einfacher zu dokumentieren.
Die IHK-Organisation hat sich über die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) an der Konsultation zum VSME-Entwurf beteiligt. Hier haben wir die DIHK-Stellungnahme zum VSME-Entwurf hinterlegt.
Chancen des Nachhaltigkeitsmanagements und -berichtswesens
Mittlerweile beschäftigen sich schon viele Betriebe aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit und binden ESG-Ziele systematisch in Unternehmensstrategie, -management und -berichtswesen ein. Dabei bestätigen Sie den nicht zu unterschätzenden Umsetzungsaufwand, erkennen jedoch auch zunehmend die Potentiale und Chancen einer nachhaltigen unternehmerischen Ausrichtung:
- Imagegewinn durch Kommunikation nachhaltiger Unternehmensausrichtung
- Größere Chancen bei der Gewinnung von Fachkräften
- Besserer Zugang zu Eigen- und Fremdkapital sowie zu Fördermitteln
- Positive Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten
- Umsatzchancen und Margenvorteile durch hochwertige nachhaltige Produkte
- Mittel- und langfristige Kosteneinsparungen
- Erkennen und Minimierung von Umweltrisiken für das Unternehmen
- Unternehmerischer Beitrag zum Gemeinwohl
Nachhaltiges Wirtschaften jetzt angehen: Die IHK hilft!
Alle Unternehmen sollten sich jetzt aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit und den ESG-Kriterien beschäftigen. Auch wenn Sie aufgrund der Unternehmensgröße nicht den EU-Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit unterliegen, werden Sie Ihre Geschäftspartner im Rahmen der Wertschöpfungsketten und Kreditinstitute bei Finanzierungen danach fragen.
Erkennen und nutzen Sie die Chancen aus einer nachhaltigen Ausrichtung Ihres Unternehmens. Wir helfen mit zahlreichen Unterstützungsangeboten.
Auf unseren Internetseiten haben wir eine Fülle von Informationen rund um das Thema „Nachhaltigkeit“ zusammengestellt.
Schauen Sie auch in unseren IHK-Veranstaltungskalender und informieren sich über IHK-Weiterbildungsangebote zum Thema.
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