Finanzierungsformen
Mit Unternehmensanleihen können sich namhafte Unternehmen Fremdkapital am Kapitalmarkt beschaffen. Die wirtschaftliche Sicherheit besteht meist in der Substanz und Ertragskraft des jeweiligen Unternehmens. Das Instrument steht in der Praxis nur dem gehobenen Mittelstand zur Verfügung. Die Finanzierungskosten hängen von der Rating-Einstufung ab und setzen aufgrund der hohen Fixkosten einer Anleiheemission ein gewisses Mindestvolumen voraus. Als Richtwert wird ein Emissionsvolumen von 25 Millionen Euro angesehen.
Unternehmensanleihen
© matttilda/Fotolia
Was sind Unternehmensanleihen?
Die Unternehmensanleihe (Corporate Bond) ist eine Inhaberteilschuldverschreibung. Unternehmensanleihen, auch Obligationen oder Schuldverschreibungen genannt, stellen eine langfristige, verbriefte Fremdfinanzierung über die Börse dar. Davon zu unterscheiden sind Schuldscheine. Bei Anleihen handelt es sich um Fremdkapital, welches dem Unternehmen von Dritten (privaten und auch institutionellen Anlegern), in der Regel ohne Sicherheiten, mit einer festen Laufzeit und einem festen Zinssatz zur Verfügung gestellt wird. Die derzeit üblichen Laufzeiten betragen fünf bis sechs Jahre, maximal zehn Jahre. Die Zinszahlung erfolgt jährlich und die Rückzahlung in voller Höhe am Ende der Laufzeit.
Für wen sind Unternehmensanleihen geeignet?
Bei den Herausgebern der Anleihen handelt es sich meist um größere mittelständische Unternehmen, die eine Alternative zum klassischen Hausbankkredit suchen. Mit diesem Kapital sollen in der Regel Wachstums- oder Übernahmestrategien finanziert werden. Eine bestimmte Unternehmensrechtsform hierfür ist nicht festgeschrieben. Jedoch dominieren als Emittenten Kapitalgesellschaften, insbesondere Aktiengesellschaften. Zunehmend gelten auch große Mittelständler als kapitalmarktfähig, die einen Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro haben. Allerdings bieten Börsen oft eigene Mittelstandssegmente an, über die auch kleinere mittelständische Unternehmen eine Anleihe platzieren können.
Wie funktionieren Unternehmensanleihen?
Eine Anleihe ist ein Vertrag, in dem genau geregelt ist, dass im Zuge einer Anleihe-Emission (Ausgabe) mehrere Zeichner (Anleger) dem Emittenten (Ausgeber) für eine vereinbarte Laufzeit und Verzinsung ein bestimmtes Kapital überlassen. Es stehen sich ein Gläubiger und ein Schuldner gegenüber, wobei der Zeichner der Anleihe Gläubiger des Emittenten ist und ein Recht auf Verzinsung sowie auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals hat. Die Kapitalgeber haften aus diesem Grund nicht für Verbindlichkeiten des emittierenden Unternehmens.
Die Ausgabe (Emission) von Anleihen bedarf eines längeren Vorbereitungsprozesses. Dieser gliedert sich in vier Stufen:
1. Finanzierungsmöglichkeiten
Hausbank und Börse prüfen zunächst die Möglichkeiten einer Anleiheemission. Ausschlaggebend neben einem guten Rating, einer ausreichenden Unternehmensgröße und einer interessanten Investment-Story, sind eine nachvollziehbare Begründung des Finanzierungsanlasses sowie die Bereitschaft, das Unternehmen im Außenauftritt transparent zu machen. Letztlich ist für den Gang an die Börse entscheidend, dass das Unternehmen mit einem Kapitalmarktpartner bei der Präsentation vor Vertretern der Börse besteht. Kapitalmarktpartner sind an den jeweiligen Börsen zugelassene Banken, Wirtschaftsprüfer oder andere Personen, die eine besondere Zulassung zum Börsenparkett haben. An jedem Börsenplatz werden die mittelständischen Emittenten bei der Vorbereitung der Anleiheemission durch ausgewählte Kapitalmarktpartner begleitet. Mit diesem Partner wird das Konzept zur Umsetzung entwickelt.
2. Prüfung der Antragsvoraussetzungen
Für die Aufnahme von Anleihen sind üblicherweise folgende Unterlagen bei der Geschäftsleitung der Börse einzureichen:
- Satzung des Unternehmens
- Aktueller Auszug aus dem Handelsregister
- Jahresabschluss des letzten Geschäftsjahres
- BaFin-genehmigter Verkaufsprospekt
- Zusammenfassende Darstellung des Prospektes
- Factsheet mit Angaben zum Emittenten und zum Wertpapier
3. Ausgestaltung und Begleitung der Emission
- Prospekterstellung
- Zahlstellendienst
- Vertrieb
- Börseneinführung und Listing
- Skontoführung
- Funktion eines Spezialisten (bei Anleihen optional)
Bei der Begebung (Realisierung) einer Anleihe kommen auf die Unternehmen zahlreiche Anforderungen zu. Besonders wichtig ist, dass die Unternehmen vor der Auflage einer Anleihe ihre Organisation, das heißt ihre Bereiche Finanzen, Rechnungswesen, Controlling und Kommunikation, entsprechend strukturieren und ausrichten. Für diese Vorbereitungszeit sollten vier bis sechs Monate kalkuliert werden. Die Unternehmen müssen einen Emissionsprospekt anfertigen, der bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) einzureichen ist. Damit aus haftungsrechtlicher Sicht alles reibungslos läuft, ist eine juristische Unterstützung unverzichtbar. Dies gewährleistet, dass der Prospekt richtig und vollständig ist und dass das Billigungsverfahren bei der BaFin durchgeführt wurde. Voraussetzung dafür ist eine aktuelle Bilanz, die nicht älter als drei Monate sein darf. Die meisten Mittelständler bilanzieren nach dem Handelsgesetzbuch (HGB). Zur Emission einer Anleihe können sie ihr Rechnungswesen auf den internationalen Standard IFRS umstellen, müssen dies aber nicht.
Um die notwendige Liquidität aus dem Kapitalmarkt zu schöpfen, muss das Unternehmen zudem ein externes Rating einholen. Dort wird das Unternehmen beurteilt, indem das Geschäftsmodell darauf untersucht wird, welche Geschäftsrisiken das Unternehmen eingeht und ob es über ausreichend Eigenkapitalpuffer verfügt, um diese Risiken abzufangen. Es ist üblich, dass das Rating jährlich erneuert werden muss, so dass Folgekosten entstehen. Die Einmalkosten sind zwischen drei und fünf Prozent des Anleihebetrages anzusetzen. Die Anforderungen an ein Rating können je nach Börsenplatz unterschiedlich sein.
Voraussetzung für die Emission einer Anleihe ist auch, dass die Unternehmen über gute betriebliche Strukturen verfügen. Die Investoren sehen es gern, wenn die Emittenten zum Beispiel eine Segment-Berichterstattung einführen. Zu den Grundvoraussetzungen zählt zudem die Bereitschaft, sich gegenüber der Öffentlichkeit zu öffnen und stets die Investoren im Blick zu behalten. Wichtig ist, dass im Unternehmen ein kontinuierlicher Informationsfluss für die Anleger sichergestellt wird, dessen Notwendigkeit nicht in Frage gestellt wird.
4. Folgepflichten
Zu den Folgepflichten zählen die Veröffentlichung von Nachträgen zum Prospekt, des geprüften Jahresabschlusses innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres, eines Finanzkalenders sowie eines jährlich aktualisierten Unternehmenskurzporträts. Ferner hat der Emittent preisbeeinflussende Tatsachen entsprechend § 15 WpHG mitzuteilen und zu veröffentlichen.
Weitere Informationen
Banken unterstützen Unternehmen bei der Beschaffung von Fremdkapital am Kapitalmarkt. Da die meisten Unternehmer, die sich für eine Anleiheemission über die Börse interessieren, bisher nur geringe Erfahrungen mit dem öffentlichen Kapitalmarkt haben, sollten sie bereits in einem sehr frühen Stadium fachkundiges Know-how einholen. Sie können sich direkt an den Börsen in Deutschland informieren. Am Mittelstandsmarkt der Börsen sind zahlreiche Kapitalmarktpartner zugelassen, die über vielfältige Erfahrungen bei der Begleitung von Anleiheemissionen verfügen. Darüber hinaus informieren auch Wirtschaftsprüfer über die Möglichkeiten eines Börsengangs.