Aus- und Weiterbildung

Nachteilsausgleich

Menschen mit Behinderungen können infolge ihrer individuellen Beeinträchtigungen Nachteile beim Erbringen von Leistungsnachweisen entstehen. Aus diesem Grund haben sie die Möglichkeit, bei einer Prüfung entsprechende Nachteilsausgleiche geltend zu machen, die dann zu einer Modifikation der Prüfung führen können. Modifikationen sind Veränderungen und sollen Nachteile ausgleichen, die durch die Behinderung entstehen. Die Prüfungsanforderungen selber bleiben aber gleich.

Wer kann einen Nachteilsausgleich beantragen?

Ein Nachteilsausgleich ist nur für Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung (vergleiche § 2 SGB IX) möglich.
Bei vorübergehenden Erkrankungen (zum Beispiel Knochenbrüche) kann kein Nachteilsausgleich gewährt werden. Der Antrag wird vom Prüfungsteilnehmer beziehungsweise der Prüfungsteilnehmerin gestellt.

Wie erfolgt der Antrag?

Der Antrag wird von der zu prüfenden Person vor Prüfungsbeginn, spätestens mit der Prüfungsanmeldung, gestellt. Der Anspruch auf Nachteilsausgleich ist durch ein aktuelles Gutachten vom Facharzt oder Therapeuten nachzuweisen und muss die ärztliche Einschätzung eines Facharztes enthalten. Bei jedem Antrag handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung.

Beschreibung der notwendigen Nachteilsausgleiche für die anstehende Prüfung

Grundlage für die Gewährung eines Nachteilsausgleichs ist immer eine entsprechende detaillierte Empfehlung eines Facharztes mit einer konkreten Angabe des zu gewährenden Nachteilsausgleich. Der behandelnde Facharzt / Psychologe / ärztliche Psychotherapeut soll für jeden beantragten Nachteilsausgleich genau beschreiben:
  • Warum ist der Nachteilsausgleich wichtig?
    Der Arzt soll die Beeinträchtigungen genau beschreiben (möglichst "quantifiziert"), zum Beispiel Verminderung der Wahrnehmung um …Prozent, Beeinträchtigung der Motorik, Verminderung der Lese- und Schreibgeschwindigkeit um …Prozent, eingeschränkte Beweglichkeit der Gliedmaßen, Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates
  • Was genau sollen die Nachteilsausgleiche sein?
    Der Arzt soll genau und für jedes Prüfungsfach einzeln beschreiben, wie der Nachteilsausgleich erfolgen soll, zum Beispiel Verlängerung der Prüfungszeit, separater Raum oder Einsatz technischer Hilfsmittel.
Psychische Störungen (wie zum Beispiel Prüfungsangst, Depressionen, ADHS) sowie vorübergehende Erkrankungen (wie zum Beispiel Infektionskrankheiten) sind nicht ausgleichsberechtigt. Kürzere Krankheiten (zum Beispiel Arm gebrochen) sind keine Behinderung, deshalb gibt es in diesen Fällen keinen Nachteilsausgleich.

Welche Ausgleiche kommen beispielsweise in Betracht?

Beispiele für Nachteilsausgleiche:
  • Änderungen bei der Prüfungszeit, zum Beispiel Zeitverlängerung, mehr Pausen, längere Pausen
  • Änderungen beim Prüfungsort, zum Beispiel allein statt
    in einem Saal mit anderen Personen
  • Hilfen bei der Prüfungs-Sprache (zum Beispiel Hilfs- oder Vertrauensperson, die Aufgaben erklärt)
  • Hilfen durch Personen, zum Beispiel eine Vertrauensperson oder ein Gebärdendolmetscher
  • "Vorleser" bei einer starken Lese- und Rechtschreibschwäche
Die besonderen Maßnahmen dürfen lediglich die behinderungsbedingte Benachteiligung ausgleichen. Die Prüfungsanforderungen dürfen dadurch qualitativ nicht verändert werden. Bei der Bewertung
der Leistung gibt es keinen Ausgleich. Hier werden bei Personen
mit und ohne Behinderung die gleichen Maßstäbe angelegt.
Wichtig: Einen Gebärdendolmetscher oder eine Vertrauensperson müssen Sie selber bestellen. Benötigen Sie besondere technische Hilfsmittel, müssen diese durch Sie funktionsfähig bereitgestellt werden. Die IHK ist nur für die Genehmigung zuständig.

Wie wird der Antrag aus Nachteilsausgleich bei der IHK bearbeitet?

Die Prüfungsbedingungen für einen Menschen mit Behinderung dürfen nicht schlechter und nicht besser sein als die Prüfungsbedingungen der anderen Prüfungsteilnehmer. Dies erfolgt unter dem Leitsatz:
Haben alle Prüfungsteilnehmer gleich gute Prüfungs-Bedingungen ("Grundsatz der Chancengleichheit")?
Die IHK prüft:
  • Hat die Prüfung mit Nachteilsausgleich die gleichen Prüfungsinhalte wie die Prüfung ohne Nachteilsausgleich? Man darf nur die Prüfungsform verändern. Die Prüfungs-Inhalte müssen gleich bleiben.
  • Wird die Prüfungsleistung bei allen Prüfungsteilnehmern gleich streng bewertet? Wenn die Prüfungs-Leistung gleich ist, dann müssen auch die Noten gleich sein.
  • Hat der behinderte Mensch mit den beantragten Nachteilsausgleichs-Maßnahmen weniger / keine Nachteile mehr in der Prüfung?
Nach Beschlussfassung informiert die IHK die zu prüfende Person sowie den Prüfungsausschuss über die Form des Nachteilsausgleichs.

Wer übernimmt die Kosten für den Nachteilsausgleich?

Die Kosten (zum Beispiel für die Textoptimierung in einfache Sprache) werden meist vom Integrationsamt oder der Arbeitsagentur übernommen. Bei der Zuständigkeitsklärung und Beantragung hilft das Integrationsamt oder der Integrationsfachdienst.

Um Leistungen zur Teilhabe an Bildung zu erhalten, können Sie einen Antrag auf Eingliederungshilfe bei Integrationsamt des LWL stellen. Für mehr Informationen zur Antragstellung klicken Sie hier.
Der LWL bietet Menschen mit Behinderungen eine individuelle Beratung rund um mögliche Unterstützungsleistungen. Sie können sich an die für Ihren Wohnort zuständige Ansprechperson beim LWL wenden. Ihre Ansprechpersonen sortiert nach Kreisen und kreisfreien Städten finden Sie, wenn Sie hier klicken.
Weitere Informationen bietet auch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales (MAGS NRW).