18. Juni 2024

16 Kommunen heben Gewerbesteuer an

IHK-Umfrage unter 78 Städten und Gemeinden
Münsterland/Emscher-Lippe-Region. - Von den insgesamt 78 Städten und Gemeinden im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region haben 16 Kommunen die Gewerbesteuerhebesätze für 2024 erhöht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der IHK Nord Westfalen, die „einige gravierende Anhebungen“ festgestellt hat. Gleichzeitig hat im Gegensatz zu den vergangenen Jahren keine Kommune ihren Hebesatz gesenkt.
IHK-Vizepräsident Bernd Eßer, der die Debatte um Steuererhöhungen für Unternehmen schon seit einiger Zeit kritisch verfolgt, kennt die schwierige finanzielle Lage, in der sich viele der Städte und Gemeinden in der Emscher-Lippe-Region und im Münsterland befinden. Deshalb lobt er: „In den meisten Kommunen sind die Hebesätze für die Gewerbesteuer stabil geblieben.“ Eine Steuererhöhung solle „auch immer nur das allerletzte Mittel“ sein. Sie sollte nach Meinung Eßers immer erst dann erfolgen, wenn andere Maßnahmen zur Verbesserung des Einnahmen-Ausgaben-Verhältnisses gescheitert seien. Denn für die allermeisten Unternehmen gelte derzeit: „Sie haben mit vielen wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen und kaum noch finanziellen Spielraum“, so der IHK-Vizepräsident, der Geschäftsführer der Berief Food GmbH in Beckum ist.
Zumal die Hebesätze für die Gewerbesteuer in Nord-Westfalen vielerorts deutlich höher sind als im Bundesdurchschnitt. Während der durchschnittliche Hebesatz in Nord-Westfalen in den vergangenen Jahren bei 441 lag und nun auf 445 Prozent leicht angestiegen ist, beträgt er in Deutschland insgesamt nach den aktuell vorliegenden Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2022 nur 403 Prozent.
„Immerhin ist die Schere zwischen unserer Region und dem Bundesschnitt nicht noch weiter auseinandergegangen“, stellt IHK-Vizepräsident Bernd Eßer fest.
Geringe Erhöhungen meldeten bei der aktuellen IHK-Umfrage Oelde (413 Prozent, plus 1 Punkt), Sassenberg (416 Prozent, plus 1 Punkt), Sendenhorst (422 Prozent, plus 4 Punkte), Velen und Altenberge (jeweils 416 Prozent, plus 5 Punkte), Warendorf (432 Prozent, plus 5 Punkte), Neuenkirchen (410 Prozent, plus 10 Punkte) sowie Beckum (435 Prozent, plus 10 Punkte).
Erheblich stärker fielen die Steigerungen in folgenden Kommunen aus: Lotte (455 Prozent, plus 20 Punkte), Gronau (439 Prozent, plus 22 Punkte), Lienen (481 Prozent, plus 23 Punkte), Telgte (455 Prozent, plus 27 Punkte), Ibbenbüren (481 Prozent, plus 28 Punkte), Nottuln (460 Prozent, plus 30 Punkte) und Saerbeck (470 Prozent, plus 35 Punkte). In Drensteinfurt kletterte der Hebesatz um 43 Punkte auf 468 Prozent. Marl hat mit 530 Prozent weiter den höchsten Gewerbesteuerhebesatz im Bezirk der IHK Nord Westfalen. Den niedrigsten Hebesatz hat Wettringen mit 375 Prozent.
„Mit jeder Erhöhung der Gewerbesteuer sinkt die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts“, mahnt Eßer auch angesichts der kommenden Haushaltsdebatten, die die IHK kritisch im Blick behalten werde. Die Gewerbesteuerbelastung sei ein wichtiger Faktor, wenn Unternehmerinnen und Unternehmer über Neuansiedlungen oder Investitionen am Standort entschieden. „Eine Erhöhung kann dazu führen, dass ein Unternehmen dorthin abwandert, wo das Gesamtpaket stimmiger ist“, erklärt er. Besser sei es, Unternehmen die bestmöglichen Wettbewerbsbedingungen zu bieten: „Darin liegt für die Städte und Gemeinden langfristig der wichtigste Schlüssel zur Verbesserung der Finanzlage“, so Eßer.
Die Steuerbelastung der Unternehmen insgesamt sieht der IHK-Vizepräsident im nationalen wie im internationalen Vergleich als zu hoch an. Dabei richtet er auch den Blick auf die 2025 bevorstehende Umsetzung der Reform der Grundsteuer B, die auf bebaute Grundstücke und auf Gebäude erhoben wird und damit auch Unternehmen betrifft. Eßer hält es für sinnvoll, dass das Land NRW den Kommunen mehr Spielräume bei den Hebesätzen gewähren will. Ein geplantes Gesetz, das eine Differenzierung zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken erlaubt, dürfe aber „auf keinen Fall dazu führen, dass sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen verschlechtern“, warnt er. Allerdings zeigt sich Eßer darüber besorgt, dass immer mehr Städte und Gemeinden auf ihre Rücklagen zurückgreifen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. „Eine umfassende Reform der Kommunalfinanzierung und eine Lösung für das Problem der kommunalen Altschulden sind unumgänglich.“

Übersicht der Gewerbe- und Gewerbesteuerhebesätze

Eine Tabelle und eine Karte mit den Gewerbe- und Grundsteuerhebesätzen aller 78 Städte und Gemeinden im IHK-Bezirk Nord Westfalen steht online.