17. Dezember 2024

41.000 Firmen vor der Übergabe

IHK stellt Nachfolgereport vor
Emscher-Lippe-Region/Münsterland. – In der Emscher-Lippe-Region stehen 13.000 eigentümergeführte Familienbetriebe mit rund 60.000 Beschäftigten in den nächsten zehn Jahren vor der Herausforderung, geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger für die Unternehmensspitze zu finden. Im Münsterland sind es 28.000 Familienbetriebe mit rund 161.000 Beschäftigten. „Der Generationswechsel ist eine Herausforderung für die Unternehmen. Wir brauchen jetzt mehr Mut zur Selbstständigkeit und gleichzeitig mehr Wertschätzung für unternehmerisches Handeln“, unterstreicht Sven Wolf, Geschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung und Weiterbildung der IHK Nord Westfalen, bei der Vorstellung der Zahlen im Nachfolgereport NRW für die Emscher-Lippe-Region und das Münsterland.
Im Vergleich zur Erhebung vor fünf Jahren hat sich die Lage weiter zugespitzt. Nach Berechnungen im Auftrag der IHK liegt die Zahl der übergabereifen Unternehmen aktuell um 1.000 höher als noch 2019. Nahezu jeder zweite Inhaber ist inzwischen älter als 55 Jahre. „Besonders hoch ist der Druck bei den knapp 8.000 Betrieben, deren Inhaberinnen und Inhaber 60 Jahre oder älter sind“, so Wolf.
Der Nachfolgereport NRW, in dem Antworten vieler Unternehmen aus der Emscher-Lippe-Region eingeflossen sind, macht einmal mehr deutlich, dass der Nachfolgeprozess in der Regel nicht nur komplex ist, sondern auch störanfällig ist. Mehr als die Hälfte der Befragten sehen die stetig wachsende Bürokratie als Hauptverzögerungsfaktor. Bei 39 Prozent hemmt der Fachkräftemangel den Generationsübergang. Viele Unternehmen klagen zudem, dass wirtschaftliche Unsicherheiten, etwa durch aktuelle Krisen oder hohe Energiekosten, langfristig angelegtes unternehmerisches Engagement erschweren. „Dies alles zeigt den dringenden Handlungsbedarf der Politik. Bürokratische Hemmnisse müssen identifiziert und abgebaut werden, zudem braucht Wertschöpfung wieder mehr Wertschätzung“, so Wolf.
Besonders besorgt ist er darüber, dass zwölf Prozent der Inhaberinnen und Inhaber ihre Unternehmen übergeben wollen, weil ihre Motivation nachgelassen hat. Zehn Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer sind sogar überzeugt, dass eine Stilllegung oder Liquidation des Unternehmens unumgänglich sein wird. „Wir können es uns aber nicht leisten, Unternehmen zu verlieren, weil die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen einfach keine Lust mehr auf Selbstständigkeit machen“, warnt Wolf und ergänzt: „Eigentümergeführte Unternehmen mit ihrer Individualität und Innovationskraft prägen und stärken den Standort.“
Die rechtzeitige und professionelle Planung sei ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Gelingen der Nachfolgeregelung. Ab einem Alter von 55 Jahren sollte die abgebende Generation beginnen, die Übergabe zu planen, rät Wolf. Fünf bis zehn Jahre Vorbereitungszeit seien keine Seltenheit.
Als eine gute Entwicklung bewertet er deshalb, dass sich deutlich mehr Unternehmerinnen und Unternehmer zu einem früheren Zeitpunkt mit der Nachfolgeregelung beschäftigen als noch vor Jahren. „Trotzdem wird es für die abgebende Generation in den kommenden Jahren schwieriger, das Unternehmen in gute Hände zu übergeben“, prognostiziert Wolf. Denn die klassischen Gründerjahrgänge der 25- bis 45-Jährigen schrumpften und die frühere Selbstverständlichkeit einer familieninternen Übernahme durch Tochter oder Sohn existiere nicht mehr. „Nur noch 40 Prozent der Unternehmer planen, ihren Betrieb innerhalb der Familie zu übergeben“, so Wolf.
Die IHK Nord Westfalen unterstützt Unternehmen mit Informationsveranstaltungen, Expertensprechtagen zu Finanzierung, Förderung oder Firmenbewertung, fachkundiger Einzelberatung sowie vertraulicher Vermittlung von potenziellen Nachfolgerinnen oder Nachfolgern durch die nexxt-change Unternehmensbörse und den IHK-Nachfolge-Club. Eine zusätzliche Hilfe bietet die digitale Plattform Unternehmenswerkstatt NRW. Sie stellt Tools und Hilfen für die strukturierte Nachfolgeplanung bereit. Dabei vereint sie digitale Möglichkeiten mit individueller Betreuung. Zudem können die Beteiligten die Nachfolgeangebote der IHK-Weiterbildung zur Vorbereitung nutzen.