27. November 2023
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„Die Hürden für Gründerinnen und Nachfolgerinnen gleichen natürlich größtenteils denen ihrer männlichen Kollegen“, so Wolf. Dazu gehöre beispielsweise die Bürokratie oder auch der falsch eingeschätzte Finanzierungsbedarf. Frauen gründen allerdings häufiger im Nebenerwerb oder sind Geschäftsführerinnen von vergleichsweise kleinen Unternehmen. „Gerade kleine Unternehmen aber sind von Bürokratie besonders betroffen“, macht Wolf deutlich. Die hier geltenden bürokratischen Anforderungen müssten daher „in einem angemessenen Verhältnis zur Unternehmensgröße stehen und Kleingewerbetreibende stärker entlastet werden“, fordert er, „damit aus dem Nebenerwerb als Unternehmerin auch ein erfolgreicher Vollerwerb werden kann“.
Mehr Frauen für Existenzgründung begeistern
IHK-Studie liefert Ansätze: Vom Neben- zum Vollerwerb
Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Die Zahl der Neugründungen von Unternehmen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region ist seit 2012 von jährlich fast 9.000 auf rund 6.400 zurückgegangen. „Das liegt zu einem erheblichen Teil daran, dass es nicht gelingt, mehr Frauen für eine Gründung oder eine Nachfolge zu begeistern“, betont Sven Wolf von der IHK Nord Westfalen. Der Geschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung verweist dabei auf eine aktuelle Studie, die die nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern gemeinsam mit der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt haben.
„Nur rund ein Drittel aller Selbstständigen ist weiblich“, resümiert Wolf. Im Bereich der Start-ups liegt der Anteil der Gründerinnen landesweit sogar nur bei 20 Prozent. „Wir verzichten damit auf zusätzliches Wachstum“, verdeutlicht Wolf. „Denn Gründerinnen sind nach einer internationalen Untersuchung statistisch betrachtet sogar erfolgreicher als Männer“, unterstreicht er die große Bedeutung von Frauen für die wirtschaftliche Entwicklung.
Umso mehr freut sich der Geschäftsbereichsleiter, dass die neue IHK-Studie Ansätze liefert, wie mehr Frauen als Gründerinnen und Nachfolgerinnen gewonnen werden können. Untersucht wurden Motive und Barrieren für Gründungsvorhaben von Frauen in Nordrhein-Westfalen. Für die Studie wurden insgesamt 1.400 Gründerinnen und Nachfolgerinnen befragt.
Will die Zahl der Unternehmensgründungen durch Frauen erhöhen: Sven Wolf, Leiter des Geschäftsbereichs Unternehmensförderung bei der IHK Nord Westfalen.
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„Das Potenzial ist da“, weiß IHK-Gründungsexpertin Michaela Ehm, eine der Mitautorinnen der Studie. Denn von den bislang 1.000 Personen, die an der IHK-Webinarreihe „Gründen im Nebenewerb“ teilgenommen haben, waren rund 80 Prozent Frauen. „Eine nebenberufliche Selbstständigkeit ist eine hervorragende Möglichkeit, unternehmerisches Handeln auszuprobieren und dabei weiter finanziell und sozial abgesichert zu sein“, so Ehm. Sie weiß: „Je geringer die Barrieren hier sind, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass aus dem Nebenerwerb ein Vollerwerb wird.“
Allerdings stoßen Frauen auch auf spezifische Gründungsbarrieren wie Vorurteile oder sogar Diskriminierung. Deutlich wurde laut Studie auch, wie wichtig Vorbilder und erfolgreiche Gründungsbeispiele sind. „Vorbilder aufzuzeigen ist sehr wichtig, um das Bewusstsein in der Gesellschaft zu verändern und Frauen auch individuell anzusprechen“, verdeutlicht Ehm. Vor allem wenn familiäre Verpflichtungen bestehen, sehen sich Frauen immer noch vor besondere Herausforderungen gestellt. „Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Selbstständigkeit und flexiblere Lösungen – sowohl für Mütter als auch Väter – könnte ein bedeutender Hebel sein, um das Potenzial für mehr Selbständigkeit zu fördern", so Ehm.