Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Rekrutierung im Ausland

Wenn Sie neue Rekrutierungswege gehen, bewegen Sie sich oft auf zunächst unbekanntem Terrain. Rechtliche Besonderheiten sind zu beachten. Auch kulturelle Aspekte sowie die Sprache spielen beim Finden und Binden internationaler Fachkräfte eine wichtige Rolle. Informieren Sie sich über die wichtigsten Aspekte der Rekrutierung im Ausland und planen Sie die Anwerbung und Einstellung Schritt für Schritt.
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Überblick: Was müssen Sie bei der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland beachten?

Konkurrenz um Fachkräfte:

Sie konkurrieren mit Betrieben aus vielen Staaten um fähige Köpfe. Es reicht daher nicht aus, auf die wirtschaftliche und soziale Attraktivität Deutschlands zu vertrauen – zumal die deutsche Sprache international weniger verbreitet ist und als eher schwer erlernbar gilt.

Vorlaufzeit:

Gehen Sie davon aus, dass die Suche gerade in Drittstaaten außerhalb von EU und EFTA schon aus formalen Gründen deutlich länger dauern kann.

Kultursensibler Auswahlprozess:

Achten Sie darauf, Missverständnissen und unbewusste Verzerrungen aufgrund länder- und kulturspezifischer Unterschiede möglichst zu vermeiden. Vertiefende Hinweise erhalten Sie hier sowie im Kapitel „Integration ausländischer Fachkräfte“.

Systematischer Rekrutierungsprozess

Im Rekrutierungsprozess hilft ein systematisches Vorgehen – von der Personalsuche bis zur Einarbeitung der neuen Fachkraft. Sie können auf Unterstützung von vielen Seiten zurückgreifen. Weiterführende Hinweise hierzu erhalten Sie nachfolgend.
Tipp: Stellen Sie der Fachkraft für den gesamten Bewerbungsprozess einen Ansprechpartner aus der Personalabteilung oder aus dem späteren Einsatzbereich zur Seite – am besten mit entsprechenden Sprachkenntnissen.

Schritt 1: Personalbedarfsanalyse und Personalplanung

Welchen Personalbedarf haben Sie derzeit? Und welche Mitarbeiter werden Sie in den kommenden Jahren brauchen? Zu diesen Fragen sollten Sie unbedingt Klarheit haben. Berücksichtigen Sie hierbei auch den demografischen Wandel in Deutschland und die Digitalisierung in Produktion und Verwaltung.

Schritt 2: Anforderungsprofil erstellen

Ins Anforderungsprofil für eine zu besetzende Stelle gehören Informationen zu den wichtigsten fachlichen und persönlichen Anforderungen. Zumindest die Kernpunkte gehören dann auch in die Stellenausschreibung. Existiert ein Anforderungsprofil bereits, sollten Sie prüfen, ob es noch aktuell und für eine internationale Bewerbersuche geeignet ist.

Schritt 3: Zielgruppenanalyse und Festlegung des Ziellandes

Typische Zielgruppen sind: internationale Fachkräfte aus dem Ausland, internationale Studierende an deutschen Hochschulen sowie Geflüchtete und Asylsuchende in Deutschland. Zunächst sollten Sie prüfen, welche Länder bzw. Nationalitäten für Ihr Unternehmen besonders gewinnbringend sein können.
Hierbei sollten Sie prüfen:
  • Mit welchen Ländern hält Ihr Unternehmen bereits Kunden- oder Zulieferbeziehungen?
  • Inwieweit bestehen über Ihre Mitarbeiter z.B. durch deren Migrationshintergrund Kontakte zu bestimmten Ländern?
  • Wie ist die Situation auf dem dortigen Arbeitsmarkt? Können die gewünschten Qualifikationen gefunden werden?
  • Sind deutsche oder zumindest englische Sprachkenntnisse verbreitet?
  • Welche rechtlichen Voraussetzungen sind bei der Rekrutierung zu beachten?

Schritt 4: Stellenausschreibung formulieren

Bei der Ableitung der Stellenausschreibung aus dem Anforderungsprofil sollten Sie unter anderem diese wichtigen formalen und inhaltlichen Aspekte beachten:
  • Sprache: Die Ausschreibung sollte in den Amtssprachen aller Länder verfasst sein, in denen Sie ausschreiben wollen – zumindest aber auf Englisch. Beachten Sie dabei, dass die Prüfung von Bewerbungsunterlagen je nach Landessprache schwierig sein kann. Bitten Sie daher um beglaubigte Übersetzungen von Zeugnissen auf Deutsch oder Englisch.
  • Bewerbungsunterlagen: Die gewünschten Kompetenzen sollten Sie klar benennen. Gleichzeitig sollten Sie deutlich machen, welche Nachweise Sie dazu erwarten. Selbst in unseren Nachbarländern gibt es teilweise Abweichungen von den in Deutschland üblichen Standards für Bewerbungsunterlagen.
  • Landestypische Bewerbungsverfahren: Informieren Sie sich im Voraus über landestypische Unterschiede der Bewerbungsverfahren und -unterlagen. So wissen Sie, was in anderen Ländern üblich und erwartbar ist und können die Qualität der Bewerbungen besser einschätzen.
  • Deutsche Besonderheiten: Bei Ihrer Stellenausschreibung sollten Sie berücksichtigen, dass es Besonderheiten etwa auf dem deutschen Arbeitsmarkt und beim deutschen Arbeitsrecht gibt – wie die Absicherung durch Beiträge zur Sozialversicherung oder den Unterschied von Brutto- und Nettogehalt.
  • Entwicklungsmöglichkeiten: Weisen Sie auf finanzielle und berufliche Entwicklungschancen hin, soweit vorgesehen.
  • Eigenwerbung: Gibt es enge geschäftliche oder persönliche Verbindungen Ihres Unternehmens zu bestimmten Ländern? Bieten Sie neben den „üblichen“ Zusatzleistungen für Ihre Mitarbeiter beispielsweise die Freistellung zu und die Vermittlung von Sprachkursen? Helfen Sie internationalen Fachkräften anderweitig, damit sie gut in Deutschland und in Ihrem Betrieb ankommen?
  • Zusatzinformationen: Für Bewerber können auch Informationen interessant sein, die nicht direkt Ihr Unternehmen betreffen – etwa Verkehrsanbindungen, Schulen und Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder Freizeitangebote in der Region. Dazu können Sie beispielsweise auf die Internetangebote Ihrer Kommune, lokaler Tourismusorganisationen oder der regionalen Wirtschaftsförderung hinweisen bzw. verlinken.
Mehr Hinweise zur Erstellung einer Stellenanzeige finden Sie in dem Artikel “Die perfekte Stellenazeige in Netz”.

Schritt 5: Stelle ausschreiben und Ausschreibungskanäle

Folgende Verbreitungswege sollten Sie im Blick haben:
Gerade kleine und mittlere Unternehmen sollten bei der Stellenausschreibung das Serviceangebot der Bundesagentur für Arbeit (BA) nutzen: Deren örtliche Niederlassung arbeitet mit der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der BA zusammen. Vorteile für Unternehmen:
  • Europaweite Veröffentlichung von Stellenangeboten über EURES (EUropean Employment Services). Dieses Netzwerk bietet Unternehmen zudem kostenlose Informations-, Beratungs- und Vermittlungsdienstleistungen für die Beschäftigung von internationalen Fachkräften an. Sie können sich auf dem EURES-Portal als Arbeitgeber registrieren, in vielen europäischen Ländern nach Bewerbungsunterlagen suchen und bei Interesse Bewerber kontaktieren
  • Kontaktvermittlung zu Hochschulen in Europa
  • Teilnahme-Möglichkeit an Jobmessen im Ausland, die von der ZAV gemeinsam mit Partnerorganisationen veranstaltet werden
  • Präsentation von Stellenangeboten auf Auslandsmesse
Tipp: Die BA präsentiert Ihnen Bewerber in ihren regelmäßig erscheinenden Internationalen Bewerberanzeigern. Darin finden Sie Kurzprofile qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland, die eine Anstellung in Deutschland suchen. Sie bringen Qualifikationen für Berufe mit, in denen in Deutschland ein Fachkräftemangel besteht.
Sie können offene Stellen auch über die  Auslandshandelskammern im gewünschten Land ausschreiben lassen. Der Vorteil dabei ist, dass die Zielgruppe bereits eine Affinität zu Deutschland hat.

Schritt 6: Bewerberauswahl

Die ersten Bewerbungen liegen vor. Bei der Bewertung sollten Sie neben den Kriterien aus Ihrer Stellenausschreibung, auch folgenden Punkte berücksichtigen:
  • Beachten Sie, dass in anderen Ländern beispielsweise der Aufbau von Lebenslauf und Anschreiben oft anders sind als in Deutschland. So sind Bewerbungsfotos in englischsprachigen Ländern unüblich. Seien Sie also offen für formale Abweichungen.
  • Versuchen Sie den Bewerber nicht nur anhand seiner formalen Qualifikationen oder Zeugnisse einzuschätzen, sondern beziehen Sie auch belegbare Kompetenzen zum Beispiel aus der Lebens- und Berufserfahrung mit ein.

Schritt 7: Bewerbungsgespräche führen

Für eine erste Kontaktaufnahme mit den Bewerbern bieten sich das Telefon oder – besser und preiswerter – ein (Video-)Telefonat per Internet an. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob ein Kandidat grundsätzlich überhaupt infrage kommt, sollte man bereits beim Erstkontakt neben fachlichen Themen auch folgende Fragen anzusprechen:
  • Welche Motive hat der Bewerber nach Deutschland zu kommen?
  • Welche Vorstellungen von Arbeit und Leben hat der Bewerber?
  • Welche Unterstützungsangebote können Sie für die Integration der Fachkraft und ggf. ihrer Familie leisten?
  • Falls es zum Bewerbungsgespräch kommt: Wird für die Einreise ein Visum benötigt? Wie können Sie bei der Anreise (z.B. in finanzieller Hinsicht) unterstützen?
Besonders wichtig sind solche Themen, wenn Sie die Fachkraft langfristig binden wollen. Beachten Sie bei der Vorstellung außerdem mögliche kulturelle Unterschiede, sowohl in der verbalen als auch der non-verbalen Kommunikation.

Schritt 8: Internationale Fachkräfte einstellen

Sie haben eine passende ausländische Fachkraft für Ihr Unternehmen gefunden? Herzlichen Glückwunsch! Bieten Sie Ihr die Stelle offiziell an, vereinbaren Sie den konkreten Arbeitsbeginn und senden Sie ihr den Arbeitsvertrag zu, am besten (auch) in einer qualifizierten englischen Übersetzung. Ziehen Sie dazu, wenn nötig, spezialisierte Übersetzer heran.
Bieten Sie an, einzelne Punkte auf Nachfrage gemeinsam zu besprechen. Worauf Sie noch achten sollten:
  • Rechtliche Fragestellungen: Informieren Sie Ihre neue Fachkraft bei Vertragsabschluss auch über Rechtliches, wie zum Beispiel die gesetzlichen Pflichtversicherungen und die Steuerpflicht in Deutschland. Diese können nämlich im Herkunftsland Ihrer neuen Fachkraft ganz anders geregelt sein. Eine gültige Krankenversicherung wird bereits ab dem ersten Tag der Einreise benötigt. 
  • Formalitäten: Übermitteln Sie Informationen zu den notwendigen Formalitäten: Sozial- und Krankenversicherung, Steuernummer, Anmeldung etc.
  • Schriftverkehr: Alle schriftlichen – und auch telefonischen – Kontakte erfolgen vorzugsweise durch Ansprechpersonen, die im Bewerbungsprozess eng eingebunden sind (Unternehmensführung, Personalleiter, Mentor).
  • Visum: Eine Fachkraft aus einem Nicht-EU-Land kann den Arbeitsvertrag (unter Vorbehalt) unterschreiben, bevor sie ein gültiges Visum hat. Der Arbeitsvertrag ist häufig Voraussetzung für die Erteilung eines Visums zum Zweck der Erwerbstätigkeit.

Schritt 9: Die Startphase

Ein neuer Job in einem neuen Land – für internationale Fachkräfte kann das mit einigen Herausforderungen verbunden sein. In den ersten Arbeitswochen sollte Ihr neuer Mitarbeiter deshalb eine intensive Einführung in seine Aufgabe erhalten.
Geben Sie Ihrer Fachkraft Zeit, sich im Betrieb zurechtzufinden und planen Sie die ersten Arbeitswochen am besten systematisch und aufeinander aufbauend. Hilfreich kann es sein, wenn Sie für die Einarbeitungsphase „Meilensteine“ definieren. Was Sie in den Startphase auch beachten sollten:
  • Die neue Fachkraft erhält Informationen zu Arbeitsabläufen, Organisationsstrukturen, Verhaltensregeln etc.
  • Sie lernt die neuen Kollegen sowie ggf. externe Mitarbeiter und wichtige Kunden und Geschäftspartner kennen.
  • Flexible Arbeitszeiten oder Freistellung für Behördengänge sowie eine Finanzierungshilfe für die ersten Monate können die Fachkraft in der Anfangsphase unterstützen.
  • Je nach Bedarf sollte frühzeitig an einem Deutschkurs teilgenommen werden – eventuell bereits im Herkunftsland und ggf. finanziert durch das Unternehmen.

Eine gute Willkommenskultur nutzt allen Beteiligten

Schon für neue Fachkräfte aus Deutschland spielt die Willkommenskultur in Ihrem Unternehmen eine große Rolle. Bei der Integration internationaler Fachkräfte gilt das erst recht: Zeigen Sie Ihrer neuen Fachkraft, dass sie willkommen ist.