Steuerrecht Aktuell

Investitions­abzugsbetrag und Sonder­abschreibung nach § 7g EStG

1. Allgemeines

Stand: Januar 2019. Die Regelung des § 7g EStG (Einkommensteuergesetz) soll die Investitionsfähigkeit speziell kleiner und mittlerer Unternehmen erhöhen. Sie ermöglicht kleinen und mittleren Betrieben zum einen die Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes. Sofern die Steuersätze in den einzelnen Jahren gleich sind, findet auf diese Weise eine Steuerstundung statt und es ergeben sich Zins- und Liquiditätsvorteile. Erwartet der Unternehmer für die folgenden Jahre einen geringeren Gewinn, kann es aufgrund des progressiven Steuersatzes neben dem Zinseffekt auch noch zu einer Minderung der Steuerlast kommen. Zum anderen sieht § 7g EStG für kleine und mittlere Betriebe spezielle Sonderabschreibungsmöglichkeiten vor.

2. Begünstigte Betriebe

Die Regelung des § 7g EStG dient speziell der Förderung kleiner und mittlerer Betriebe. Hierfür dürfen die folgenden Betriebsgrößenmerkmale nicht überschritten werden:
Bilan­zierende Gewerbe­treibende
Betriebs­vermögen
235.000
Euro
Bilan­zierende Freiberufler
Betriebs­vermögen
235.000
Euro
Land- und Forst­wirtschaft ohne Einnahme-Überschussrechnung
Wirtschafts-/ Ersatzwirtschaftswert
125.000
Euro
Einnahme-Überschuss­rechner
Gewinn (ohne Berück­sichtigung des Investitions­abzugs­betrages)
100.000
Euro
Die Betriebsgrößenbegrenzung gilt jeweils betriebs- und nicht personenbezogen. Ist ein Steuerpflichtiger Inhaber mehrerer Betriebe, ist für jeden Betrieb eine gesonderte Prüfung der Betriebsgrößenmerkmale möglich.
Stichtag für die Betriebsgrößenermittlung sind die Größenmerkmale am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wird.
Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ist ausschließlich bei Betrieben möglich, die aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen und eine in diesem Sinne werbende Tätigkeit ausüben. Allerdings ist unter erhöhten Voraussetzungen bereits in Jahren vor der Betriebseröffnung ein Investitionsabzugsbetrag für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsgutes in Anspruch genommen werden.

3. Einzelheiten zum Investitionsabzugsbetrag

Der Investitionsabzugsbetrag ermöglicht den begünstigten Betrieben eine Vorverlagerung von Abschreibungspotential in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes. Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG setzt voraus, dass ein bestimmtes abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren „voraussichtlich“ angeschafft oder hergestellt werden soll. Der Begriff „voraussichtlich“ besagt, dass eine Prognoseentscheidung getroffen werden muss. Ein Investitionsplan oder eine feste Bestellung ist nicht erforderlich.
Seit dem 1. Januar 2016 ist weder eine Investitionsabsicht zu dokumentieren noch eine Funktionsbenennung des anzuschaffenden oder herzustellenden begünstigten Wirtschaftsgutes erforderlich. Bis zum 31. Dezember 2015 war es notwendig, das geplante Wirtschaftsgut seiner Funktion nach zu benennen und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzugeben.
Neben der Anschaffung bzw. Herstellung muss der Steuerpflichtige beabsichtigen, das Wirtschaftsgut bis mindestens zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich (90 Prozent) zu nutzen.
Von den voraussichtlichen Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungkosten können bis zu 40 Prozent als Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen werden. Sofern ein Unternehmer den in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes enthaltenen Vorsteuerbetrag geltend machen kann, ist hier der Netto-Betrag der zu erwartenden Kosten maßgeblich (§ 9b Abs. 1 EStG).
Die Summe aller am Bilanzstichtag nach § 7g EStG gebildeten Rücklagen darf höchstens 200.000 Euro betragen. Nach unten sind keine Grenzen gesetzt. Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags ist auch dann zulässig, wenn durch ihn ein Verlust entsteht oder erhöht wird. Der Höchstbetrag ist betriebsbezogen. Ist ein Steuerpflichtiger Inhaber mehrer Betriebe, kann der Höchstbetrag somit für jeden Betrieb in Anspruch genommen werden. Wurden bereits nach altem Recht Ansparabschreibungen gebildet, die noch nicht aufgelöst sind, reduziert sich der für den Investitionsabzugsbetrag geltende Höchstbetrag von 200.000 Euro um die noch vorhandenen Ansparabschreibungen.
Achtung: Nach dem BMF-Schreiben vom 15. Januar 2016 kann ein Investitionsabzugsbetrag in einem Folgejahr innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums bis zum gesetzlichen Höchstbetrag aufgestockt werden. Rn 6 des BMF-Schreibens vom 20. November 2013 ist nicht mehr anzuwenden. Das BMF folgt damit der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 12. November 2014).
Der Investitionsabzugsbetrag kann auch für die geplante Anschaffung gebrauchter Wirtschaftsgüter gebildet werden. Nicht erfasst sind aber weiterhin unbewegliche Wirtschaftsgüter (wie zum Beispiel Grundstücke und Markenrechte) und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (Wirtschaftsgüter, die zum Verbrauch oder Absatz bestimmt sind). Steuertechnisch ist der Investitionsabzugsbetrag bei Bilanzierenden außerhalb der Bilanz zu berücksichtigen.

4. Investitionsfrist/Auflösung des Investitionsabzugbetrags

Unterbleibt die beabsichtigte Investition in den dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden drei Wirtschaftsjahren oder ist diese geringer als geplant, ist die Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrages wieder rückgängig zu machen. Gleiches gilt, wenn die beabsichtigte und die tatsächlich durchgeführte Investition nicht gleichartig sind. Die Korrektur hat auch dann zu erfolgen, wenn der Steuerbescheid des betreffenden Wirtschaftsjahres bereits bestandskräftig geworden ist. Die nach der alten Regelung geltende Verzinsungsregelung, nach der in diesen Fällen ein Gewinnzuschlag in Höhe von 6 Prozent des aufgelösten Rücklagenbetrages erfolgte, ist entfallen. Allerdings kann es durch die nachträgliche Korrektur zu Steuernachforderungen nebst Verzinsung gemäß § 233a AO (Abgabenordnung) kommen.
Erfolgt die geplante Investition innerhalb der Investitionsfrist, ist im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes der Investitionsabzugsbetrag gewinnerhöhend außerhalb der Bilanz oder Einnahme-Überschussrechnung hinzuzurechnen. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten können um bis zu 40 Prozent, höchstens um den Hinzurechnungsbetrag gemindert werden. Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen sind die geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Erfolgt zwar die geplane Investition, wird aber in der Folge die gesetzlich vorgeschriebene Nutzung bzw. der gesetzlich vorgeschriebene Nutzungszeitraum nicht eingehalten, ist sowohl der Abzug des Investitionsabzugsbetrags als auch die außerbilanzielle Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags sowie die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und die Verringerung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen wieder rückgängig zu machen. Die Berichtigungen sind auch dann vorzunehmen, wenn die entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheide bereits bestandskräftig geworden sind.
Die wiederholte Beanspruchung von Investitionsabzugsbeträgen für bestimmte Investitionen nach Ablauf des vorangegangenen Investitionszeitraums ist nur zulässig, wenn der Steuerpflichtige ausreichend begründet, weshalb die Investitionen trotz gegenteiliger Absichtserklärung bislang noch nicht durchgeführt wurden, aber dennoch weiterhin geplant sind. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige bei der erneuten Geltendmachung die Anzahl dieser Wirtschaftsgüter erhöht oder vermindert.

5. Die Sonderabschreibung nach § 7 g EStG

Kleine und mittlere Unternehmen, die die oben genannten Betriebsgrößenmerkmale am Ende des Wirtschaftsjahres, das dem Wirtschaftsjahr einer Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes vorangeht, nicht überschreiten, können im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung eines neuen oder gebrauchten Wirtschaftsgutes und in den folgenden vier Jahren eine Sonderabschreibung nach § 7 g Abs. 5 EStG von insgesamt bis zu 20 Prozent der Kosten geltend machen.
Die Sonderabschreibung kann neben der normalen Abschreibung geltend gemacht werden. Voraussetzung ist jedoch, dass das Wirtschaftsgut ab dem Tag der Lieferung oder Herstellung mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des (begünstigten) Betriebs des Steuerpflichtigen verbleiben muss. Außerdem muss der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut in diesem Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich nutzen. Das bedeutet nach Ansicht der Finanzverwaltung, dass das Wirtschaftsgut nicht zu mehr als zehn Prozent außerbetrieblich genutzt werden darf. Dies kann vor allem bei auch privat genutzten Pkws problematisch sein.
Stellt sich später heraus, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden, sind entsprechende Steuer- und Feststellungsbescheide zu ändern. Dies gilt auch, wenn sie bereits bestandskräftig geworden sind.
Macht ein Steuerpflichtiger im Investitionsjahr zusätzlich zum Investitionsbetrag eine Sonderabschreibung der bereits um 40 Prozent verminderten Anschaffungs- und Herstellungskosten (siehe oben) geltend, beträgt die Gesamtabschreibung bis zum Ende des Erstjahres 52 Prozent zuzüglich lineare Afa.

6. Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums zu § 7g EStG

Das Bundesfinanzministerium hat zu Zweifelsfragen zu den Investitionsabzugsbeträgen Stellung genommen und ein Schreiben vom 20. März 2017 veröffentlicht, in dem Details zur Anwendung von § 7g EStG beschrieben werden.
Quelle: Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart