Jour-Fixe-Interview

Wir sind ein Familienunternehmen

IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub im Gespräch mit
Felix Casper und Malte Lüking, Geschäftsführer der Karl Casper GmbH & Co. KG
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Wie würden Sie Ihr Unternehmen beschreiben?

Felix Casper: Mein Ururgroßvater hat die Gießerei Casper 1877 gegründet, damals noch in Pforzheim. Nach Remchingen kam das Unternehmen 1954, als mein Großvater hier auf der grünen Wiese neu baute und damit den Grundstein für die Gießerei Casper an diesem Standort legte. In den 1970er-Jahren kamen unsere Väter in den Betrieb. Maltes Vater war Ingenieur, mein Vater war Ingenieur, die beiden haben das Unternehmen rund 40 Jahre miteinander geführt. 
Malte Lüking: Als Gießerei sind wir heute spezialisiert auf Eisengussteile für den Werkzeugmaschinenbau mit Stückgewichten zwischen 100 Kilogramm und drei Tonnen. Unsere Kunden bauen klassische Werkzeugmaschinen wie Fräsmaschinen, Kunststoffspritzgussmaschinen, Drehmaschinen und Schleifmaschinen. Wir liefern die Gusskomponenten für diese Maschinen. Dabei sind wir spezialisiert auf druckdichte Gussteile mit hohen Anforderungen. Je höher die technischen Anforderungen an das Gussteil, desto besser passt das Gussteil zu uns.

Themen wie Umweltschutz oder Industrie 4.0 wurden bei Casper Guss schon sehr früh angepackt. Wie kam das?

Malte Lüking: Industrie 4.0 haben wir ab 2010 eingeführt, das heißt, da haben wir begonnen, alle Systeme durchgängig zu vernetzen. IT ist ein Steckenpferd von mir und ich hatte das Know-how, so haben wir uns auf den Weg gemacht. Die Planung und die Steuerung sämtlicher Prozesse erfolgen heute zentral. Dank der Vernetzung aller betrieblichen Einrichtungen ist unsere Produktion schnell, flexibel und sehr präzise. Jeder unserer Produktionsschritte ist zu hundert Prozent rückverfolgbar. Alle qualitätsrelevanten Daten vereinen sich in der eingegossenen Stücknummer jedes Gussteils. Und unsere Kunden sind vom ersten Schritt der Produktion an dabei: Unser Extranet-Portal erlaubt ihnen in Echtzeit Einblick und Eingriff in die Herstellung jedes einzelnen Auftrages. Das ist meines Wissens einmalig in unserer Branche der handgeformten Gussteile, das hat keine andere Gießerei in Deutschland.

Ab 2010, sagen Sie? Da waren Sie wirklich früh dran … 

Malte Lüking: Ja, da gab es das eigentlich noch gar nicht. Irgendwann hat man plötzlich überall gelesen: Industrie 4.0. Wir beide haben uns angeschaut und gesagt: „Das machen wir doch schon!“

Was hat es mit dem Claim „Die weiße Gießerei im Grünen“ auf sich?

Felix Casper: Mein Großvater hat die Gießerei hier gebaut mit der Vision einer sauberen Gießerei. Man muss sich vor Augen führen, wo Gießereien herkommen. Gießereien vor 50, 60, 70 Jahren waren im wahrsten Sinne des Wortes „Drecksbuden“. Weiß verstand er als Synonym für saubere Arbeitsplätze, damit die Mitarbeitenden gerne herkommen und gute Arbeit abliefern. Als mein Vater in den 1970er-Jahren eingestiegen ist, sind Themen wie Ökologie, Umweltschutz und der grüne Gedanke gerade entstanden. „Im Grünen“ galt immer als Synonym für Umweltschutz. Heute wissen wir: Mit Umweltschutz kann man auch wirtschaftlich für das Unternehmen viel erreichen, aber man muss ihn sich leisten können. Wenn die Unternehmen kein Geld mehr verdienen, dann können sie auch keinen Umweltschutz betreiben. Wenn ich aber erst mal die Investition für den Umweltschutz tätigen kann, dann kann ich auch durchaus Geld einsparen durch den Umweltschutz. Sofern der Staat da sinnvoll lenkt, kann man da ganz viel erreichen. Aber wichtig ist, dass wir trotzdem wettbewerbsfähig bleiben. Und da sehe ich ein ganz großes Problem. 

Inwiefern?

Felix Casper: Bleiben wir beim Beispiel Umweltschutz. Wir haben sehr hohe Auflagen, erfüllen sehr hohe Anforderungen, was ja auch gut und richtig ist. Aber das macht das Produkt teurer. Unsere Kunden können ohne Auflagen, ohne CO2-Abgabe, ohne Zölle oder Steuern die Produkte, die sie von uns beziehen, auch aus Fernost zum viel günstigeren Preis kaufen. Dort wird das Gussteil ohne Filteranlagen und Absauganlagen hergestellt, weil das dort nicht erforderlich ist, und dann noch mit dem Ozeanfrachter um die halbe Welt gefahren. So kann das für die deutschen Unternehmen nicht funktionieren. Wir brauchen da zumindest eine europaweite Lösung. Das ist noch ein ganz, ganz weiter Weg, den wir schnell beschreiten müssen. Denn ich fürchte, wenn das so weitergeht, sind die Unternehmen auf einmal weg, entweder in der Insolvenz oder im Ausland.

Haben Sie den Eindruck, dass die momentane Krise anders ist als die bisherigen?

Felix Casper: Die Krisen zuvor hatten immer mit der gesamten Weltwirtschaft zu tun, aber jetzt haben wir ein deutsches Problem. Momentan sagen mir meine Kunden: Wir verkaufen einfach nicht mehr. Wir sind zu teuer. Die Länder, die wir in den letzten Jahrzehnten mit Maschinen versorgt haben, die können sich inzwischen selbst versorgen. Und mehr: Die wollen in Zukunft uns versorgen.

Eine weitere Herausforderung, vor der viele Unternehmen stehen, ist der Fachkräftemangel. Wie geht Casper Guss damit um?

Felix Casper: Wir sind ein Familienunternehmen. Diese Eigenschaft leben wir. Wir begleiten unsere Auszubildenen von Anfang an, betreuen sie, lernen mit ihnen. Und auch auf die Beschäftigten gehen wir ein, sind Ansprechpartner in allen Belangen. Das ist unser Vorteil im Vergleich etwa zu Konzernen, dass wir auf die Mitarbeitenden individuell eingehen können, und die wissen das auch zu schätzen. Kurze Wege sind bei uns entscheidend: zum Mitarbeitenden, aber auch zum Kunden oder Lieferanten. Unsere Türen stehen immer offen, wir sind für alle ansprechbar.
Malte Lüking: Die Mitarbeitenden haben bei uns sehr viel Freiraum, werden mitgenommen und früh in die Findung mit reingenommen, wenn zum Beispiel eine neue Anlage gekauft wird. Sie genießen Freiheiten, können ihre Kaffeepausen nach Bedarf selbst einteilen, aber alle tragen auch Verantwortung.

Wie schwierig ist es, Auszubildende zu finden?

Felix Casper: Wir haben immer eine Ausbildungsquote um die zehn Prozent, dafür werden wir von vielen beneidet. Aber wir tun auch etwas dafür. Wir sind auf allen Lehrstellenbörsen vertreten, haben viele Kooperationen mit Schulen. Uns ist wichtig, dass die Auszubildenden sich wohlfühlen, denn die beste Werbung sind die Auszubildenden selbst. Wenn einer unserer Auszubildenden zu seinem Freund sagt: „Ich muss zwar immer morgens um sechs schon da sein, aber wenn ich im Sommer mittags um zwei fertig bin und dann ins Freibad gehen kann, finde ich das cool!“ – das überzeugt doch viel mehr, als wenn Herr Lüking und Herr Casper alleine am Stand auf der Ausbildungsbörse stehen.

Welches Ziel setzen Sie sich für die Zukunft?

Felix Casper: Das Ziel ist vor allen Dingen, Investitionen zu tätigen und eine Entwicklung dieses Unternehmens so zu gestalten, dass wir auch in 20 Jahren noch Mitarbeitende haben, die hier gerne arbeiten, dass wir junge Leute gewinnen, die hier eine Ausbildung machen. Das müssen wir schaffen. Damit wir irgendwann ein kerngesundes Unternehmen an die nächste Generation übergeben können.
Felix Casper,

Diplom-Betriebswirt (FH) mit Schwerpunkt Mittelstandsökonomie, schloss sein Betriebswirtschaftsstudium an der Fachhochschule Kaiserslautern ab. Nach Stationen in einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und im Projektcontrolling eines europäischen Gießereikonzerns trat er 2006 in den Betrieb ein, den sein Ururgroßvater einst gegründet hatte. Heute ist er der kaufmännische Geschäftsführer des Unternehmens.
Malte Lüking,

Diplom-Ingenieur (FH) und Fachmann im Bereich Gießereiwesen, ist seit 1997 bei Casper Guss. Nach seinem Abschluss in Gießerei- und Hüttenkunde in Duisburg begann er seine berufliche Laufbahn in Remchingen. Die Gießerei war ihm seit seiner Kindheit vertraut, da sein Vater von 1970 bis 2007 Geschäftsleiter bei Karl Casper Guss war. 2007 übernahm Malte Lüking die technische Geschäftsleitung des Unternehmens.
Von Dr. Ana Kugli