Jour-Fixe-Interview

Die Menschen sind das wichtigste Gut eines Unternehmens

IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub im Gespräch mit
Birgitta Hafner und Dr. Philipp Reisert, geschäftsführende Gesellschafter der C.Hafner GmbH + Co. KG.

Die C.HAFNER GmbH + Co. KG zählt zu den führenden Anbietern Europas von Produkten und Dienstleistungen im Bereich der Edelmetall-Technologie. Die Gold- und Silberscheideanstalt in Wimsheim gewinnt Edelmetalle aus Sekundärmaterial, welche zu Halbzeugen, Komponenten, Pulver und Barren weiterverarbeitet werden. Das Familienunternehmen, das 1850 gegründet wurde, setzt auf innovative Produkte, digitale Technologien, hohe Kundenorientierung und höchste Umweltstandards. Die Anwendungsbereiche umfassen Industrie, Schmuck und Uhren sowie die Dentaltechnik.

Die Wirtschaft wird ständig mit staatlich verordneter Bürokratie konfrontiert. Was muss passieren, damit wir international nicht zurückfallen?

Reisert: Wir werden ständig mit einem Stoß an Rahmenbedingungen konfrontiert, die sich teilweise widersprechen. Rahmen sind wichtig und auch gut gemeint, aber wir müssen weg von der Planwirtschaft, die uns global ins Hintertreffen bringt, und wieder mehr Vertrauen in den Markt und die Unternehmen zeigen. Das System Bürokratie erinnert an den Hexenmeister, der seinen Besen nicht mehr im Griff hat.

Welche Rolle spielen für Sie Digitalisierung und künstliche Intelligenz?

Reisert: Die digitalen Schnittstellen zum Kunden spielen eine wichtige Rolle. Das reicht von der digitalen Kundenplattform bis hin zur additiven Fertigung von Edelmetallen. Die Potenziale in Bezug auf Design, Funktionalität und Nachhaltigkeit sind beeindruckend, auch wenn die Serienproduktion in der Edelmetallproduktion noch nicht verbreitet ist.
KI setzen wir noch nicht ein, aber wir widmen uns diesem Thema. Vor kurzem haben meine Cousine und ich einen Ring erworben, dessen Design durch KI entstanden ist. Ich finde das Thema äußerst spannend, zumal sich unsere Kunden immer mehr damit auseinandersetzen müssen.

Knapp 42 Prozent des Palladium-Weltmarktanteils wird in Russland gefördert. Was würden gestörte Lieferketten bedeuten?

Reisert: Wir kaufen kein Palladium in Russland ein! Wir halten uns strikt an die Leitlinien des Weltmarktes und haben bislang keine Probleme mit Lieferketten.

Wie integrieren Sie Nachhaltigkeit in Ihrem Leitbild?

Reisert: Es gehört zu unserer DNA, dass wir ausschließlich Sekundärmaterial verarbeiten – also Altgold aus Altschmuck, Produktionsabfällen der Schmuckindustrie oder Dentalabfällen. Dies senkt unseren CO2-Fußabdruck signifikant gegenüber der Verarbeitung von Minenmaterial. Durch die Optimierung unserer Prozesse und der Kompensation der Rest-Emissionen ist C.HAFNER die erste und bislang einzige Scheideanstalt mit CO2-neutralem Recycling und Gold. Mit der Verarbeitung von Sekundärgold vermeiden wir außerdem das Risiko, dass bei der Gewinnung der Edelmetalle Menschenrechte verletzt oder die Umwelt zerstört wurde. Unsere Kunden, die Luxusgüter verkaufen, haben alle ein Image zu verlieren. Sie wollen mit Blick auf die Menschenrechte nicht nur sichere Lieferketten, sondern auch CO2-freie Rohstoffe. Da ist Transparenz gefragt. Unser Unternehmen hat einen eigenen Nachhaltigkeitsmanager, der streng auf die Einhaltung der OECD-Richtlinien achtet.

Sie sind mit Edelmetall-Recycling bestens für die Zukunft aufgestellt. Welche Nachhaltigkeitsstrategien haben sie bereits umgesetzt?

Reisert: Im Recycling-Betrieb setzen wir ganz auf CO2-Neutralität. Wir bilanzieren nach Scope 3 – dem größtmöglichen Anspruch an CO2-Neutralität, welche alle vor- und nachgelagerten Prozesse einschließt. So nutzen wir beispielsweise Abwärme durch Wärmetauscher oder verarbeiten Rohstoffe, wie Salpetersäure, im Kreislaufverfahren. Bis zu acht Prozent unseres Strombedarfs decken wir über unsere eigene PV-Anlage ab, die wir nun auf 1 Megawattpeak aufrüsten werden.
Hafner: Wir unterhalten einen Elektro-Fuhrpark, E-Bikes sowie eigene Ladesäulen, an denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Sondertarif tanken.

Welche Strategie verfolgen Sie bei der Fachkräftesicherung?

Hafner: Wir bilden eine Vielzahl von Ausbildungsberufen selbst aus – und dies auch über den eigenen Bedarf hinaus. Dafür sind wir auf Ausbildungsmessen oder Infotagen von Schulen präsent. Außerdem bieten wir interessierten Jugendlichen Praktika, um ins Unternehmen und die Berufe hineinzuschnuppern. Das wird gerne angenommen. Nicht zuletzt sind es eine gute und abwechslungsreiche Ausbildung, attraktive Mitarbeiter-Benefits sowie die offene und wertschätzende Unternehmenskultur, die Azubis für unser Familienunternehmen begeistern und nach der Ausbildung an uns binden.

Wie unterstützen Sie die Auszubildenden, ihre individuellen Stärken zu erkennen?

Hafner: Wir haben sieben bestens geschulte Ausbilderinnen und Ausbilder, sodass unsere Azubis eng und individuell betreut, gefördert und unterstützt werden. Gleich zu Beginn starten unsere Azubis für einen guten und selbstbewussten Einstieg in die Ausbildung mit dem einwöchigen Azubi-Training bei der IHK.

Womit stellen Sie sicher, dass Auszubildende eine gute Unterstützung erhalten?

Hafner: Neben einem breit aufgestellten Ausbilderteam haben wir eine Reihe von Maßnahmen etabliert, um unsere Auszubildenden bestmöglich zu unterstützen. Dazu gehören regelmäßige Jours fixes für einen direkten Austausch, Feedback-Gespräche, Nachhilfeangebote sowie diverse Azubi-Projekte zur Weiterentwicklung jedes Einzelnen und zur Förderung des Teamgedankens.

Legt C.Hafner Wert darauf, dass Auszubildende nicht nur fachliche Fähigkeiten entwickeln, sondern auch persönlich wachsen?

Uns ist es wichtig, die Auszubildenden bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Dies ist vor allem die Aufgabe unserer Ausbilder, die nah an den Azubis dran sind. Sie sind hier neben den Eltern in dieser Zeit der wichtigste Ratgeber, Ansprechpartner und Begleiter. Dies ist uns bewusst. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Begegnung auf Augenhöhe. Die Auszubildenden sind von Anfang an wertvoller Bestandteil des Hafner-Teams. Sie arbeiten aktiv im Tagesgeschäft mit, werden unmittelbar in Projekte eingebunden und lernen so, frühzeitig Verantwortung zu übernehmen und als Persönlichkeit zu wachsen.

Welche Weiterbildungen ermöglichen Sie Ihren Fachkräften?

Die Qualifikation unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für uns ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensentwicklung und orientiert sich stets an den individuellen Bedürfnissen. Dies können fachspezifische Fortbildungen, Sprachkurse, aber auch Seminare für Fach- und Führungskräfte sein. Die Vorgesetzen und auch die Beschäftigten haben hier einen großen Entscheidungsspielraum. Schließlich sind die Menschen das wichtigste Gut eines Unternehmens.
Birgitta Hafner und Dr. Philipp Reisert sind seit 1995 geschäftsführende Gesellschafter der C.Hafner GmbH + Co. KG in fünfter Generation.
Birgitta Hafner stieg nach ihrer Ausbildung zur Bankkauffrau sowie beruflichen Zwischenstationen in den USA und Frankreich in das Familienunternehmen ein. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Fördervereins des Schmuckmuseums Pforzheim und Mitglied der IHK-Vollversammlung.
Dr. Philipp Reisert studierte und promovierte an der Universität St. Gallen und war bei Boston Consulting als Consultant und Projektleiter für unterschiedliche Branchen und Länder tätig, bevor er gemeinsam mit seiner Cousine als Co-CEOs die Führung des Familienunternehmens übernahm. Er ist Vorstandsmitglied des RJC, des EPMF, des Forschungsinstituts für Edelmetalle und Metallchemie (fem) sowie der Fachvereinigung Edelmetalle.
Von Werner Klein-Wiele