Freihandel Abkommen
Die Pan-Euro-Med-Freihandelszone (Regionales Übereinkommen) und die Übergangsregeln
1. Ziel der Pan-Euro-Med-Kumulierungszone (Regionales Übereinkommen)
Das Regionale Übereinkommen hat einen zollfreien Handelsraum, die Pan-Euro-Med-Zone (PEM) geschaffen. Dort gelten einheitliche Ursprungsregeln und eine einheitliche Dokumentation für Ursprungswaren der beteiligten Länder. Diese Ursprungserzeugnisse können (in der Endphase der Pan-Euro-Med-Zone) in jedes beliebige andere Mitgliedsland zollfrei eingeführt werden. Außerdem kann der präferenzielle Ursprung auch durch Be- und Verarbeitungsvorgänge in mehreren beteiligten Ländern erworben werden (diagonale Kumulation). Das ist der entscheidende Unterschied zu normalen Handelsabkommen, bei denen Zollvorteile nur für Ursprungswaren der beiden an der jeweiligen Warenbewegung direkt beteiligten Länder möglich sind (bilaterale Abkommen). Die Kumulationszone ist für Händler, aber auch für Unternehmen mit Produktionsstätten unter anderem im Mittelmeerraum oder den Balkanstaaten interessant, da sie die Anwendung der dort erworbenen Präferenzen auf alle Teilnehmerstaaten ausweitet.
Da sich die Regelungen der PEM-Zone als zu kompliziert herausgestellt haben, wurden diese reformiert und deutlich vereinfacht. Seit 2021 gelten diese Regelungen als sogenannte Übergangsregelungen (transitional rules) in einigen PEM-Staaten parallel zu den alten Regeln. Zum 1. Januar 2025 tritt das neue revidierte Übereinkommen in Kraft, dann sollten eigentlich nur noch die neuen Regelungen gelten. Es ist allerdings absehbar, dass nicht alle Staaten die Umstellung rechtzeitig schaffen werden. Daher werden aktuell komplizierte Verlängerungsregelungen konzipiert, die Übergangsphase wird um ein Jahr verlängert und läuft nun voraussichtlich am 1. Januar 2026 aus. Die praktischen Auswirkungen finden Sie unter 4.4
2. PEM: Teilnehmende Länder
- EFTA-Staaten (Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein)
- Türkei
- Mittelmeeranrainer (Ägypten, Algerien, besetzte palästinensische Gebiete, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien)
- Balkanstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien)
- Färöer
- Republik Moldau
- Georgien
- Ukraine
Die kursiven Staaten nehmen mit Stand 3. November 2024 nicht an der reformierten PEM-Zone mit den vereinfachten Regeln ab 2025 teil. Einzelheiten finden Sie in der hinterlegten Mitteilung der EU-Kommission, insbesondere in der Tabelle 2.
3. Voraussetzungen für die Gewährung des Zollvorteils
Es gibt im Wesentlichen zwei besondere Voraussetzungen für die Nutzung der Vorteile des Regionalen Übereinkommens:
- Die am Ursprungserwerb und am Handel beteiligten Staaten müssen dem Regionalen Übereinkommen beigetreten sein. Der jeweils aktuelle Stand wird durch eine Abkommensmatrix dokumentiert.
- Falls die Zone tatsächlich nicht nur bilateral genutzt wird, muss dies besonders dokumentiert werden. Dies geschieht entweder durch einen ausgefüllten Kumulationsvermerk (Ursprungserklärung, Lieferantenerklärung) oder die Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED anstelle der EUR.1 (gilt voraussichtlich noch bis 31. Dezember 2024/2025, danach entfällt dies für die Staaten, die an der reformierten PEM-Zone teilnehmen)
Weiterführende ausführliche Informationen sowie die jeweils aktuelle Matrix finden Sie auf der Webseite des Zolls.
4. Reform des Regionalen Übereinkommens (PEM neu)
Zum 1. September 2021 wurde das Regionale Übereinkommen reformiert (PEM neu). In der Vergangenheit wurde besonders die diagonale Kumulation sehr zurückhaltend und nur von bestimmten Branchen (Textil/Bekleidung) genutzt, weil die Regelungen zu komplex waren.
4.1 Erleichterte Ursprungsregeln
Die reformierten Ursprungsregeln umfassen folgende Punkte:
- Modernisierte und deutlich reduzierte Listenregeln. Auffällig sind höhere Anteile an Vormaterialien ohne Präferenzursprung. Geschätzt sind 95 Prozent aller Ursprungsregeln leichter geworden oder gleich geblieben.
Für Spezialisten:
- Volle Kumulation ist möglich. Das bedeutet, dass auch einzelne Fertigungsschritte, die selbst noch keinen präferenziellen Ursprung begründen, angerechnet werden können.
- Für fast alle Branchen: Erleichterungen bei Toleranzen, Territorialität, buchmäßiger Trennung. Kein Drawback-Verbot.
- Endlich: Berechnung mit Durchschnittspreisen möglich, Aufweichung des Identitätsprinzips.
- EUR-MED und Kumulationsvermerk entfallen.
Die neuen Regeln werden schrittweise in das Warenursprungs- und Präferenzportal des Zolls eingearbeitet. Unter “Schweiz” lassen sich bereits die bisherigen Regelungen (“Regionales Überinkommen”) und die neuen Regelungen (“Übergangsregelungen”) auswählen, die für die gesamte Zone schrittweise gelten. Ab dem Auslaufen der Übergangsregelungen (bislang 2025, aktuell 2026) werden dort vermutlich nur noch die neuen Ursprungsregeln zu finden sein.
Nebenbemerkung 1: Die Ursprungsregeln für Länder außerhalb des Regionalen Übereinkommens ändern sich nicht.
Nebenbemerkung 2: Unternehmen, die ihre Präferenzen nicht abkommenspezifisch, sondern nach der strengsten Regel ermitteln, profitieren nicht von dieser Erleichterung - müssen sich aber auch nicht umstellen.
4.2. Übergangsregelungen („Transitional Rules”) 2021 bis Ende 2024 (verlängert auf 2025)
Leider nehmen im Moment (noch) nicht alle PEM-Länder am reformierten Regionalen Übereinkommen (PEM neu) teil. Deswegen gibt es seit 1. September 2021 eine Übergangsphase mit zwei getrennten Systemen, PEM alt und PEM neu.
Während der Übergangszeit können in den meisten PEM-Staaten sowohl die bisherigen Regeln als auch die neuen Regeln (Übergangsregeln oder transitional rules) angewendet werden. Welche PEM-Staaten an PEM neu teilnehmen, kann man entweder über das Präferenzportal des Zolls oder über eine Übersicht ist auf der Internetseite der Generaldirektion TAXUD feststellen.
Zum 1. Januar 2025 sollte die Übergangszeit enden. In den Teilnehmerstaaten von PEM neu gelten dann nur noch die neuen (Ursprungs-)Regeln. Tatsächlich wird die Übergangszeit um ein Jahr verlängert. Einzelheiten stehen eher kurz vor dem Jahreswechsel fest. Wer sich praktisch vorbereiten möchte, findet eine verständliche Beschreibung bei der Schweizerischen Zollverwaltung
4.3. Nachweise mit oder ohne “Transitional Rules”
Wenn die Ursprungsermittlung auf Basis der Übergangsregeln nach PEM neu, auch genannt „Transitional Rules”, erfolgt, ist das bis zum Ende der Übergangsphase an 1. Januar 2025 durchgängig zu dokumentieren. Das bedeutet, dass der Begriff „Transitional Rules” auf allen Nachweisen verwendet werden muss: auf Lieferantenerklärungen, Ursprungserklärungen und auf der EUR.1. Falls die Dokumente keinen Vermerk enthalten, gilt, dass sie die Erfüllung der bisherigen, parallel laufenden Regeln (PEM alt) nachweisen.
Das hat Folgen:
Lieferantenerklärungen mit Ursprungsangabe EU und Vermerk “Transitional Rules” (entfällt wohl Ende 2024):
- Diese Waren sind nur für diejenigen PEM-Staaten präferenzberechtigt, die die Übergangsregeln anwenden.
- Alle anderen PAN-MED-Staaten und erst recht alle anderen Abkommensländer dürfen auf dieser Lieferantenerklärung nicht als Empfangsland genannt werden
- Waren mit dem Vermerk “Transitional Rules” gelten nur dann als Vormaterialien mit Ursprung, wenn diese im Rahmen der Übergangsregelungen eingesetzt werden. Falls die alten Regeln verwendet werden, gelten diese Waren als Vormaterial ohne Ursprung.
Lieferantenerklärungen ohne Vermerk “Übergangsregeln/Transitional Rules”:
- können für PEM alt und PEM neu eingesetzt werden
- Für PEM neu gilt die EInschränkung, dass diese Lieferantenerklärungen keinen positiven Kumulationsvermerk haben und sich auf Waren der Kapitel 25-97 oder der Kapitel 1, 3 und 16 (verarbeitete Fischerzeugnisse) beziehen.
- Diese Regelung aus Verordnung (EU) 2022/2334 vom 29.11.2022 gilt rückwirkend zum 1. September 2021, also dem Zeitpunkt des Inkrafttretens von PEM neu und wird auch nicht durch möglcihe Verschiebungen der Übergangszeit beeinflusst.
Einen Leitfaden hat TAXUD als pdf-Download „Guidance on transitional PEM rules” in englischer Sprache publiziert. Weitere Informationen hat der deutsche Zoll veröffentlicht. Eine verständliche Beschreibung gibt es auch bei der Schweizerischen Zollverwaltung
4.4 Verlängerte Übergangsfrist bis 1. Januar 2026: “revised convention” statt “transitional rules”
Durch die Verlängerung der Übergangsfrist bis 1. Januar 2026 gelten die alten und die neuen Ursprungsregelungen weiterhin parallel. Daher müssen die Handelspartner weiterhin eindeutig darauf hingewiesen werden, dass die neuen Regeln verwendet worden sind. Anstelle des Vermerks “transitional rules” auf Lieferantenerklärungen oder Erklärungen zum Ursprung/WVBen EUR.1 muss im Jahr 2025 der Vermerk “revised convention” verwendet werden. Das gilt für Dokumente, die ab 2025 erstellt werden. Davor erstellte Dokumente gelten grundsätzlich weiter. Es bleibt zu hoffen, dass mit dieser Formalie pragmatisch umgegangen wird.
Die EUR-MED/Erklärung zum Ursprung MED dürfte 2025 meist weiterhin Anwendung finden.
Die EUR-MED/Erklärung zum Ursprung MED dürfte 2025 meist weiterhin Anwendung finden.
5. Auswirkungen der reformierten PEM-Regelungen
Nutzen:
Die neuen Ursprungsregelungen sind wesentlich einfacher.
- In einigen Fällen werden keine daher Vornachweise (Lieferantenerklärungen) mehr erforderlich sein.
- In anderen Fällen kann es sein, dass der präferenzielle Ursprung nun erstmals erreicht wird.
Aufwand:
Die Nutzung der neuen Regelungen setzt voraus, dass man die Ursprungsermittlung und Dokumentation anpasst. Die Präferenzen müssen dann in Abhängigkeit vom Zielland ermittelt werden. Vielen Unternehmen ermitteln den präferenziellen Ursprung, indem sie die strengste Ursprungsregel aller EU-Abkommen verwenden. Wenn man das macht, kann man die Vorteile der vereinfachten PEM regeln nicht nutzen.
Das gilt sowohl für einzelne Exporte in Abkommensstaaten, als auch für die Erstellung von Lieferantenerklärungen.
Durch die notwendige Verlängerung der Übergangsphase wird die Handhabung komplex. Das kann dazu führen, dass Unternehmen die Umstellung auf die neuen einfacheren Regeln verschieben, bis Klarheit herrscht.
Falls Sie sich erstmals mit dieser Thematisch beschäftigen: Eine verständliche Beschreibung gibt es bei der Schweizerischen Zollverwaltung
Quelle: IHK Region Stuttgart