Vollzug und Fristen

Hinweise zum Umweltrecht während der Corona-Krise

Berlin, Stuttgart, 12.04.2020. Angesichts der Corona-Epidemie sollten auch umweltrechtliche Pflichten und Fristen mit Augenmaß umgesetzt werden. Hierzu aktuell einige Hinweise:

Verzicht auf händische Unterschriften auf Übernahmescheinen

Das Landes-Umweltministerium hat den Abfallbehörden am 21.03.2020 Folgendes empfohlen:
„Im Rahmen der abfallrechtlichen Nachweisführung sind - insbesondere in den Fällen der Sammelentsorgung - sogenannte Übernahmescheine zu führen (§ 12 Nachweis- Verordnung - NachwV). Soweit die Übernahmescheine nicht ausnahmsweise elektronisch geführt werden, bedarf es der händischen Unterschrift durch den Abfallerzeuger, Beförderer (Einsammler) und Abfallentsorger. Mit Blick auf das Ziel, die Möglichkeit von Infektionsrisiken bestmöglich zu minimieren, bittet das Umweltministerium, vorerst nicht zu beanstanden, wenn die Übernahmescheine ohne die sonst geforderten händischen Unterschriften gehandhabt werden. Im Übrigen sind die Übernahmescheine gemäß § 12 NachwV fortgesetzt in die dafür vorgesehenen Register einzustellen und bei der Beförderung mitzuführen. Diese Regelung gilt vorerst befristet bis zum Donnerstag, den 30.04.2020.“ (Ende des Zitats)

Abfallexporte auch nach Grenzschließungen grundsätzlich möglich

Das Bundesumweltministerium teilt laut DIHK im Zuge von Grenzschließungen auf Anfrage mit, dass zu exportierende Abfälle als Waren eingestuft werden und somit unter die Warenverkehrsfreiheit der EU fallen.
Andere EU-Mitgliedstaaten wie Polen und Dänemark haben offenbar derzeit gleiche Regelungen. Grundsätzlich sind jedoch bei allen Abfallexporten und -importen die strengen Regelungen der EU-Abfallverbringungsverordnung (EU 1013/2006) zu beachten.
Das Umweltbundesamt (UBA) hat auf seiner Website diverse Informationen zur Abfallverbringung im Zusammenhang mit dem Corona-Virus für Unternehmen zusammengestellt. Diese betreffen sowohl die nationale als auch die EU-Ebene u. a. zu den Themen:
  • Grenzverkehr mit Abfällen sowie zum Umgang mit Transportpapieren
  • Leitfaden der EU-Kommission zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung in der Corona-Krise
  • Liste der nationalen Maßnahmen hinsichtlich möglicher Restriktionen an den Grenzen von EU-Mitgliedstaaten
  • Kommunikation der EU Kommission zu sog. „Grünen Korridore” (engl. green lanes) für Abfalltransporte
  • Leitlinien der EU-Kommission zu Maßnahmen der Grenzsicherung vor dem Hintergrund des
  • Gesundheitsschutzes und der Grundversorgung mit essentiellen Waren und Dienstleistungen
Diese Informationen sollen laut UBA regelmäßig aktualisiert werden.
Aktuelle Hinweise der EU-Kommission zur Abfallverbringung in englischer Sprache sind ebenfalls im Netz erhältlich.

Mengenmitteilung im Elektrogesetz

Die Stiftung ear hat sich im Einverständnis mit dem Umweltbundesamt darauf verständigt, dass allen Mitteilungspflichtigen nach dem ElektroG (Hersteller, optierende öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Vertreiber, entsorgungspflichtige Besitzer) die Möglichkeit eingeräumt wird, die jährliche Mengenmitteilung über den gesetzlichen Termin (30.04.) hinaus bis zum 31.05.2020 im ear-Portal abzugeben.
Die nach dem 30.04. - eigentlich verspätet - abgegebenen Mitteilungen werden in Abstimmung mit dem Umweltbundesamt als für die Ordnungswidrigkeitenverfolgung zuständige Behörde insoweit nicht an diese weitergegeben.

Vollständigkeitserklärungen gemäß Verpackungsgesetz

Inverkehrbringer größerer Mengen an verpackten Waren müssen gemäß Verpackungsgesetz neben ihren sonstigen Pflichten (Registrierung und Systembeteiligung) jährlich bis 15. Mai eine Vollständigkeitserklärung abgeben.
Die seit 2019 hierfür zuständige Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) teilt leider aktuell mit, dass dieser Stichtag aus ihrer Sicht nicht verschoben werden kann. Sollten betroffene Unternehmen die Frist nicht einhalten (können), droht ihnen theoretisch ein Bußgeld.
Die ZSVR kann solche Bußgelder jedoch nicht selbst verhängen, sondern nur die Bundesländer entsprechend informieren, welche ggf. tätig werden müssten. Und hier ist zu hoffen, dass alle Bundesländer mehr Verständnis für die aktuellen Nöte der Unternehmen aufbringen werden.

Überwachungsbedürftige Anlagen nach Betriebssicherheitsverordnung

Verschiedene Länder haben Erlasse verfasst, nach denen der Weiterbetrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen (Ü-Anlagen) nach Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen weiterbetrieben werden können.
Diese hat die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik zusammengestellt.
Erlass für Baden-Württemberg zu überwachungsbedüftigen Anlagen nach BetrSichV.

Sachverständigenprüfung nach AwSV

Wiederkehrende Sachverständigenprüfungen nach § 47 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) können nach einer unverbindlichen Abstimmung zwischen Sachverständigenorganisationen und Ländern verschoben werden. Dies gilt auch für Schulungen zur Fachbetriebszertifizierung § 63 AwSV. Der Betreiber sollte sich mit seiner Sachverständigenorganisation verständigen und die zuständige Behörde über den Entfall bzw. die Verschiebung des Termins der Prüfung und dessen Grund informieren.

EMAS-Fristen und Überwachung von Managementsystemen

Laut einem Rundschreiben der Deutschen Akkreditierungs- und Zulassungsstelle für Umweltgutachter (DAU) mbH ist es EMAS-registrierten Organisationen möglich, Begutachtungs- und Registrierungsfristen, um bis zu drei Monate zu verlängern. Dies sollte mit dem Gutachter und der Registrierungsstelle abgesprochen werden.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) weist die Zertifizierungsstellen für Managementsysteme auf die Bestimmungen des informativen Dokuments IAF ID3:2011 hin. Hier wird der Umgang mit Managementzertifizierungen, Überwachungsaudits u. ä. im Falle von “höherer Gewalt” thematisiert. Eine Pandemie wird demnach als höhere Gewalt eingestuft. Danach soll die Verschiebung von Audits von bis zu sechs Monaten grundsätzlich möglich sein. Durch die Kombination mit Remote-Techniken soll dies auch um noch längere Zeiträume ausgedehnt werden können.
Quelle: DIHK, IHK Freiburg, ergänzt